
Nach dem Überfall auf zwei junge Frauen in der Nacht von Freitag auf Sonnabend in der Straßenbahnlinie N10 hat die Polizei Videomaterial aus der Bahn sichergestellt. „Die Aufnahmen der Kameras, die in der Straßenbahn installiert sind, werden jetzt für den Tatzeitpunkt ausgewertet“, bestätigt ein Polizeisprecher dem WESER-KURIER. „Bei den beiden Tatverdächtigen, die in einer Flüchtlingsunterkunft ermittelt wurden, handelt es sich um einen 13- und einen 19-Jährigen. Mehr können wir noch nicht sagen.“ Sie würden verhört. Der Vorwurf nach den Aussagen der beiden jungen Frauen: Raub und sexuelle Belästigung.
Die 17- und die 18-Jährige waren an der Haltestelle Bennigsenstraße in die Straßenbahn in Richtung Sebaldsbrück eingestiegen, gegen 3.45 Uhr erreichte die Polizei der Notruf einer der beiden Frauen: In der Bahn habe ihnen eine zehnköpfige Gruppe junger Ausländer den Weg versperrt, die 17-Jährige sei festgehalten und im Intimbereich begrapscht worden. Nachdem sie festgestellt habe, dass ihr Handy und Portemonnaie fehlten, sei sie zu den Männern zurückgegangen, um ihre Wertsachen zurückzufordern. Die Männer hätten sie umringt und erneut im Intimbereich angefasst. Ob weitere Tatverdächtige identifiziert wurden, dazu wollte die Polizei nichts sagen, sie setzt auf die Videoaufnahmen.
Für den Sprecher der Bremer Straßenbahn AG (BSAG), Jens-Christian Meyer, hat der Überfall eine besondere Qualität: „Ein Vorfall dieser Art mit sexuellen Übergriffen durch eine Gruppe von Männern hat es nach unserer Kenntnis bislang weder in Bussen noch Straßenbahnen gegeben.“ In der Vergangenheit seien es vor allem Randalierer oder Betrunkene gewesen, die Polizeieinsätze ausgelöst hätten. Aus Sicherheitsgründen und um der Polizei bei der Aufklärung von Straftaten zu helfen, seien alle Straßenbahnen mit acht Kameras und Busse je nach Größe mit vier oder sechs Kameras ausgerüstet, die an den Decken installiert sind. „Sie zeichnen rund um die Uhr live auf, im Fahrgastraum gibt es keinen toten Winkel. Die Aufnahmen werden auf einer Festplatte für 48 Stunden gespeichert“, so Meyer. „Bei einer Anzeige fordert die Polizei die Aufnahmen für den Tatzeitpunkt an.“ So wie in dem aktuellen Fall.
Bei Notfällen in Bussen und Bahnen können die Fahrer laut Meyer sofort über Funk die BSAG-Leitstelle und diese die Polizei alarmieren. „Die ist dann in wenigen Minuten vor Ort. Spielt sich das aber ganz hinten im Fahrzeug ab, oder ist die Sicht versperrt, sind die Fahrer darauf angewiesen, dass sie darüber informiert werden. Sie müssen natürlich auf die Straße achten und können nicht im Blick haben, was sich hinten in einer 36 Meter langen Straßenbahn abspielt“, so Meyer.
Die BSAG arbeitet auch mit den Nachtwanderern zusammen: In dem Projekt engagieren sich Bremerinnen und Bremer ehrenamtlich, von April bis Dezember sind sie an Wochenenden ab 22 Uhr in Parks, auf Plätzen und Straßen unterwegs – und fahren in Bussen und Bahnen mit, um gezielt für junge Leute als Ansprechpartner da zu sein. Vier Gruppen mit jeweils bis zu fünf Mitgliedern gibt es, erkennbar sind sie an ihren roten Jacken. „Ich bin total erschüttert von dem Vorfall am Wochenende“, sagt Ulla Ulland, Nachtwanderin aus Huchting. „Vor allem darüber, dass offenbar niemand der anderen Fahrgäste reagiert hat. Man soll sich ja nicht selbst in Gefahr begeben, aber zumindest den Fahrer oder die Polizei alarmieren“, sagt sie. Was sich genau in der Straßenbahn abgespielt hat, dazu konnte die Polizei am Montag nichts sagen.
Für Betroffene sei ein Übergriff, wie sie die beiden jungen Frauen geschildert hätten, ein Horror, sagt Maike Seifert. Die Polizeibeamtin hält im Präventionszentrum der Polizei am Wall Seminare mit dem Titel „Starkes Auftreten statt starker Fäuste“. „Es geht darum, wie man sich vor Übergriffen durch einen oder mehrere Täter schützen kann und in einer bedrohlichen Situation reagiert.“ Vor allem seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln seien die Seminare schnell ausgebucht.
Maike Seifert empfiehlt für Bus und Straßenbahn: „Man sollte sich immer in die Nähe des Fahrers setzen – und nie den Fensterplatz wählen. Dort ist man regelrecht eingeklemmt und kommt schwer aus der Situation heraus.“ Wird man bedrängt, rät sie: „Laut sein. Es gibt Schrillalarme, die man sich am besten um den Hals hängt, damit man nicht lange in der Tasche suchen muss.“ Außenstehende sollten gezielt angesprochen und lautstark um Hilfe gebeten werden. „Und man sollte solche Situationen vorher einmal in Gedanken durchgehen, Wenn-Dann-Pläne zurechtlegen. Bei Gefahr reagiert der Körper mit Stress, und man wird handlungsunfähig“, sagt die Polizeibeamtin. „Eine Generallösung gibt es zwar nicht, aber solche Regeln können durchaus helfen.“
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