
Sabine Pietruske geht Dinge an, um sie zu ändern. Zu Beginn der Corona-Pandemie hat sie eine Kaufplattform für Bremen entwickelt. Während ihrer ersten Schwangerschaft hat sie ihre Vollzeitstelle gekündigt und angefangen zu studieren. Um sich kreativ auszutoben, hat sie eine Parzelle im Grünen. Und um neue Energie zu sammeln, habe sie keine Scheu, sagt sie, einfach mal Sabine zu sein und Erwartungshaltungen abzugeben.
Den Wunsch nach einer bremischen Kaufplattform hatte sie schon vor der Krise, auch ihre Bachelorthesis hat sie dem Thema gewidmet. „Diese Arbeit ist tatsächlich ein bisschen größer ausgefallen. Ich dachte, dass ich die Erkenntnisse später noch gebrauchen könnte“, sagt Pietruske. Dann sei Corona dazwischen gekommen und so wurde aus „Später noch gebrauchen“ ein „Jetzt gebrauchen“. Sie habe an dieser Bachelorarbeit gesessen und gedacht: „Geil, ich hab ein Konzept, das helfen könnte. Aber alleine bekomme ich das nicht hin.“ Ihren Partner Tobias Mittmann hat sie auf Facebook gefunden, gemeinsam haben sie es sich zugetraut, das Projekt „Kauf in Bremen“ zu stemmen.
Sabine Pietruske ist 33 Jahre alt. Sie ist gelernte Hotelfachfrau und Mutter zweier Kinder – ein neunjähriges Mädchen und ein vierjähriger Junge. Sie war 24 Jahre alt, als ihre Tochter geboren wurde. Früher hätte sie sich ihr Leben nicht so ausgemalt. Heute aber findet sie es richtig gut, eine so junge Mutter zu sein und damit nah an ihren Kindern. Mit ihrer ersten Schwangerschaft wechselte sie ihre Profession: Studium statt Vollzeitjob. Studiert hat sie Kommunikations- und Medienwissenschaften. Durch ihre Mutterschaft machte sie andere Erfahrungen als viele der Studierenden. Feierexzesse und planlos in den Tag leben waren nicht drin. Den Eindruck, etwas verpasst zu haben, hat sie aber nicht. „Ich denke, ich habe mich während meiner Ausbildung ganz gut ausgelebt“, sagt sie. Auch ihren Mann hat sie dort kennengelernt: Er ist Barkeeper.
Direkt nach der Schule zu studieren, das sei nichts für Pietruske gewesen. „Ich hätte sicherlich sofort abgebrochen“, sagt sie. Zu groß sei der Wunsch gewesen zu arbeiten. Auch, als sie nach ihrer Ausbildung das Studium begonnen hat, seien es die Praktika gewesen, die ihr am meisten gefallen hätten. „Ich war nie der typische Lerner“, erklärt sie. Mit ihrem individuellen Erfahrungsschatz käme sie auch ganz gut an, sagt sie. „Ich war mal bei einem Job-Speed-Dating in der Uni und habe mir vorher Gedanken gemacht, ob mein Weg vielleicht zu eigen ist, um Chancen zu haben“, sagt sie. Diese Sorge sei aber nicht berechtigt gewesen.
Grund für den Wechsel vom Vollzeitjob in das Studium waren die familienunfreundlichen Arbeitszeiten in der Hotel- und Gastronomiebranche. Durch ihr Studium sei sie sehr flexibel gewesen, was die Kinderbetreuung anging. Das sieht sie als großen Vorteil gegenüber der Mutterschaft während einer Anstellung. „Während meines Studiums hatte ich ganz klar viel mehr Zeit für unsere Kinder als mein Mann“, sagt Pietruske.
Feiern, tanzen, Menschen umarmen: Das sind die Dinge, auf die sich Sabine Pietruske nach Corona am meisten freut. „Das erste was ich mache, wenn das alles vorbei ist: Ich gehe ins 'Modernes' feiern“, sagt sie und klingt dabei euphorisch. Zwar sei das mit Kindern nicht ganz einfach. Mit der richtigen Organisation allerdings könne sie auch als Mutter Party machen. Im „Modernes“ wollte sie schon ihren Bachelorabschluss feiern. Das ging nicht. Nun träumt sie davon, die Party nachzuholen.„Ich dachte am Anfang: Alles klar, drei Wochen Lockdown bekommen wir hin. Doch dann wurde das Ganze plötzlich zum Marathon“, stellt sie resigniert fest.
Die junge Frau lebt mit ihrer Familie in der Neustadt, das „Modernes“ liegt nicht weit von ihr entfernt. Gebürtig kommt Pietruske aus der Nähe von Stuttgart. Einen weichen, schwäbischen Dialekt hat sie aber nicht. „Ich bin mit acht Jahren nach Bremen gezogen“, sagt sie. Der Dialekt käme nur heraus, wenn sie mit anderen Schwaben spräche. „Meine Mutter allerdings spricht so, obwohl sie Bremerin ist“, ergänzt Pietruske lachend. Vorstellen könne sie es sich nicht, zurück in den Süden zu ziehen. Zwar habe sie nach dem letzten Bodensee-Urlaub gar nicht mehr zurückgewollt, aber alles in allem sei sie viel mehr Bremerin als Schwäbin. „Hier ist mein Zuhause“, sagt sie.
Nach Beendigung ihres Studiums hat Pietruske wieder einen Vollzeitjob angenommen: Sie kümmert sich nun um die Öffentlichkeitsarbeit eines Bremer Betriebes. Dadurch, dass die Hotels, Bars und Restaurants aktuell geschlossen seien, habe sich so die Aufteilung von ihr und ihrem Mann umgekehrt. Wäre das Jahr 2020 anders verlaufen, hätte sie sich wahrscheinlich eine Teilzeitstelle gesucht. „Jetzt ist er die meiste Zeit für die Kinder verantwortlich“, sagt sie. Zuerst hatte sie Sorge, dass die Umstellung für die Kinder problematisch sein könnte – unbegründet, wie sich herausstellte.
Um zur Ruhe kommen und sich kreativ auszuleben, hat Pietruske eine Parzelle. „Ich hatte Glück, einen Garten abzubekommen, der ein bisschen abseits gelegen ist“, sagt sie. Den Garten bewirtschaftet sie mit Gemüse und Blumenbeeten. „Das Grundstück ist meine Spielwiese. Wenn ich was haben will, dann überlege ich, wie ich es dort umsetzen könnte“, fasst Pietruske zusammen. Ihre Projekte, wie Hochbeete oder ein selbstangelegter Bachlauf, teilt sie mit anderen Gartenfreunden auf Instagram.
Die junge Frau hat viele Rollen inne. An jede von ihnen sind andere Erwartungen geknüpft. Sie ist Mutter, Ehefrau, Geschäftspartnerin, Angestellte, Parzellenbesiterin. „Manchmal muss ich mir aber auch einfach mal eine Auszeit gönnen“, sagt Pietruske. Sie nimmt sich Zeit, in der sie mal nicht die Mama-Sabine ist, in der sie nicht die „Kauf in Bremen“-Sabine ist und der sie nicht die Vollzeitarbeitende-Sabine ist. „Das tut mir gut und hilft mir aufzuladen“, sagt sie. So teile sie sich ihre Kräfte ein. So schaffe sie es, alles unter einen Hut zu bringen.
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