
Axel Adamietz räumt es freimütig ein. Die Sache sei schon recht kompliziert. Aber der Freie-Wähler-Politiker und Rechtsanwalt sieht einer möglichen Klage beim Streit um den Rennbahn-Volksentscheid durchaus mit Optimismus entgegen. „Die Behauptung des Senats, ‚Wir dürfen ja werben‘, ist falsch“, sagt er vor der von der FDP beantragten Aktuellen Stunde an diesem Dienstag in der Stadtbürgerschaft. Adamietz kritisiert die seiner Meinung nach fehlende Chancengleichheit beim Volksentscheid. Bis zu 250 000 Euro will der Senat für die Kampagne ausgeben. Damit sollen die Bremer dazu animiert werden, am 26. Mai beim Volksentscheid mit „Nein“ zu stimmen und damit eine Bebauung des Rennbahn-Areals zu ermöglichen.
Ein Teil der Kosten für die Kampagne geht detailliert aus einem Bericht der Senatskanzlei hervor, um die der Vorsitzende des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses, Jens Eckhoff (CDU), gebeten hatte. Allein die Kosten für Beilagen in Print-Produkten belaufen sich bislang auf annähernd 20 000 Euro. In der Beilage heißt es: „Es gibt viele gute Gründe für das neue Rennbahnquartier.“ Konkret genannt werden als Gründe das Wohnen im Grünen, bezahlbarer Wohnraum – und „mehr Sandkästen“. Flyer, Plakate, Gratispostkarten in Kneipen, Kinowerbung und Aktionen im Internet laufen bereits oder sind geplant. Allein die Kosten für die Kinowerbung werden sich auf 13 000 Euro belaufen. Die Gelder kommen offenbar aus einem Sondervermögen Gewerbeflächen bei Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD).
Adamietz bezweifelt die Legitimität der Kampagne. Bestärkt fühlt er sich durch ein Urteil des Bremer Staatsgerichtshofs. Der hatte in einem Urteil von 1996 zum Volksentscheid „Reform der direkten Demokratie“ (1994) über parteiergreifende Äußerungen geschrieben: „Die Grenze ist aber überschritten, wenn amtliche, nach außen gerichtete Äußerungen nicht nur auf die Meinungsbildung, sondern auf den Abstimmungsvorgang selbst zielen.“
Dies sieht Adamietz als gegeben an, weil zum Beispiel auf der Homepage (rennbahnquartier.de) das Kreuz beim „Nein“ empfohlen wird. Die Freien Wähler haben in einem Brief an Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) mehr Chancengleichheit angemahnt und ein Ultimatum gestellt. Lenkt der Senat nicht umgehend ein, wollen sie klagen. Denkbar wäre eine Eilklage vor dem Verwaltungsgericht. Die würde den Volksentscheid am 26. Mai vermutlich stattfinden lassen, könnte den Senat aber möglicherweise zur Einstellung der Kampagne zwingen.
Über den „irren Aufwand“, so Adamietz, sind nicht nur die Freien Wähler irritiert. Auch der Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen moniert das Verhalten des Senats. „Wir stufen das kritisch ein, weil hier keine Chancengleichheit besteht“, sagt Vorstandsmitglied Carl Kau. Die Rennbahn-Bürgerinitiative, die auf Spenden angewiesen ist, könne finanziell nicht dagegen halten, wenn sich der Senat an Steuergeld bediene. Kau verweist auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.
Der hatte im Streit über den Volksentscheid zum Religionsunterricht an Berliner Schulen entschieden: Die Gemeinnützigkeit von Haushaltsgeldern schließt aus, dass sich eine Landesregierung daran bedient, um ihre Sicht der Dinge publik zu machen. Dies widerspreche der Chancengleichheit.
Der Volksentscheid am 26. Mai
Die Bürgerinitiative Rennbahngelände Bremen hat einen Entwurf für ein Ortsgesetz vorgelegt, dass das Areal mit seinen Grünflächen erhalten soll. Der Stimmzettel fragt deshalb: Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu? Wer mit „Ja“ stimmt, spricht sich gegen eine Bebauung des Geländes aus. Wer mit „Nein“ stimmt, ermöglicht die vom Senat angestrebte Bebauung. Das ist auf den ersten Blick vielleicht ein wenig verwirrend, aber bei der Formulierung der Kernfrage gibt es enge Grenzen. Der Volksentscheid findet am 26. Mai statt, parallel zur Bürgerschafts- und Europawahl. Der Gesetzentwurf gilt als angenommen, wenn die Mehrheit dafür stimmt und sie gleichzeitig 20 Prozent der Stimmberechtigten entspricht.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.
Eine kluge Politik arbeitet mit 100 jährigen oder ewigen Anleihen.
Aber ...