
Wie ist er, der typische Kleingärtner? Zeichnen den bremischen Gartenfreund irgendwelche Besonderheiten aus? Man weiß es nicht. Die Soziologie sieht das Thema offenbar nicht als sonderlich gravierend an oder befasst sich mittlerweile nicht mehr damit: Dem BDG, dem Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, seien keine Arbeiten jüngeren Datums bekannt, versichert ein Sprecher.
Unter den sogenannten Grünen Schriften, die der BDG publiziert, findet sich auch eine Veröffentlichung mit dem Titel „Soziologische Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland und mögliche Auswirkungen auf das Kleingartenwesen“. Der Text stammt aus dem Jahr 2003. Er fasst die Ergebnisse einer Tagung zusammen. Die versammelten Experten und Funktionäre befassten sich in Arbeitsgruppen mit diesen Zukunftsfragen: „Wie können Kleingartenvereine auf die zukünftig zu erwartenden Bedingungen reagieren?“, „Welche Gartenformen können (müssen) Kleingartenvereine bis 2015 anbieten?“, „Brauchen wir neue Ansätze zur Erhaltung des Kleingartenwesens?“ und „Wie integrieren wie ausländische Mitbürger im Kleingartenwesen?“
Das sind Fragen, die teilweise weiterhin aktuell sind, es gibt weiterhin Sorgen: Es fehlt beispielsweise vielerorts an Vereinsmitgliedern für die ehrenamtliche Arbeit im Vorstand. Aber die Bundesrepublik erlebt einen Trend zum Garten, zur Begrünung der Städte, ob im öffentlichen Raum, im Vorgarten oder auf dem Balkon. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete 2010 über den Kleingarten-Boom, der vor allem junge Familien erfasst habe, unter der Überschrift: „Laube, Liebe, Hoffnung“.
BDG: „Spießig ist das neue Cool“
Der BDG stellt fest: „Immer mehr Menschen wollen in Ballungszentren leben, weil sie dort Bildung und Arbeit finden. Auch zur Gründung einer Familie ist heute das Häuschen im Grünen nicht mehr das Ideal. Die dafür erforderliche Wohn- und Verkehrsinfrastruktur ist für die betroffenen Kommunen aber eine große Herausforderung. Grüne Infrastruktur – dazu zählen neben Parks und Grünanlagen vor allem Kleingärten – erhöhen die Lebensqualität in den Quartieren und gewinnen als weicher Standortfaktor zunehmend an Bedeutung.“
Urlaub auf Balkonien oder auf Parzelle scheidet nicht die Menschen mit leerer von denen mit üppig ausgestatteter Urlaubskasse. „Spießig ist das neue Cool“, verkündet der BDG. „Man macht es sich zu Hause gemütlich. Und das nicht nur in der Wohnung, sondern immer mehr auch auf Balkon, Terrasse und im (Klein)Garten.“ Ein Indiz, das diesen Trend bestätigt, ist das Wachstum im Gartenfachhandel.
Zurück zu den Erkenntnissen der genannten Tagung: Festgestellt wurde damals, dass der Altersdurchschnitt der Kleingärtner hoch sei, dass ein großer Teil der Gartennutzer nicht erwerbsfähig, aus unterschiedlichen Gründen, und der Anteil der Beamten beachtlich sei. Arbeiter und Professoren gärtnern Zaun und Zaun, unterdurchschnittlich vertreten waren 2003 indes Selbstständige. 87 Prozent der Pächter hatten mindestens ein Kind. Drei Viertel der Pächter lebten in einer Mietwohnung, in den neuen Bundesländern waren es 92 Prozent.
In den vergangenen 14 Jahren mögen sich die Zahlen verändert haben, doch weder die Überalterung der Gesellschaft noch die Ausbreitung unsteter Arbeitsleben machen einen Bogen um Kleingärten. Eine generelle Scheu vor Bindungen, ob an Vereine oder Parteien, wirkt sich ebenfalls in den Schrebergarten-Organisationen aus. Die veränderten Freizeitgewohnheiten, die sich beispielsweise durch digitale Elektronik ergeben, zeigen Folgen: Wer nicht ohne Wlan leben kann, wird es im Kleingarten nicht lange aushalten. Manche Kleingartenvereine beginnen, sich den Begehrlichkeiten zu beugen und Hotspots einzurichten. „Gartenzwerge waren gestern – heute ist Wlan angesagt“, verkündet beispielsweise der „Schrebergärtner-Verein Brunsbüttel e. V.“ auf seiner Homepage.
Flächenkonkurrenz ein Thema
Viele Vereine vollziehen den gesellschaftlichen Wandel mit und schlagen neue Wege ein. Der Vorstand des Vereins „Beim Kuhhirten“ tagt seit Neuestem öffentlich, unter anderem, um die Scheu vorm Ehrenamt zu nehmen. Eine Vielzahl von sozialen Projekten hat sich in den vergangenen Jahren entwickelt, Menschen mit Handicap und Flüchtlinge gärtnern, Kinder und Kitas werden einbezogen. Hier und da fallen die Zäune zwischen den Parzellen, Kaninchenfraß hin oder her (dazu mehr im dritten Teil dieser Serie).
Die Verbandszeitschrift für das Kleingartenwesen nennt sich „Gartenfreund“. Dort werden aktuelle Themen behandelt, botanische, juristische, kulinarische oder politische. In der Juli-Ausgabe zieht der Vorsitzende des bremischen Verbands, August Judel, ein Fazit zur „Halbzeit in der Koalition“. Es fällt „nicht ganz positiv“ aus (mehr dazu im fünften Teil dieser Serie).
Auch über den jüngsten, vierten Bundeskleingärtnerkongress wird im „Gartenfreund“ berichtet, zu dem im Mai in Berlin rund 250 Kleingärtner zusammenkamen und wo sich auch der Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Gunther Adler, sehen ließ. Demografische Entwicklungen beschäftigen die Kleingartenvereine immer noch, zum Beispiel aus finanziellen Gründen.
Ansonsten gehört die sogenannte Flächenkonkurrenz zu den bestimmenden Themen, insbesondere in „prosperierenden Ballungszentren“, wo es an Bauland fehlt. Der Präsident des BDG, Peter Paschke, stellte dazu unter anderem laut „Gartenfreund“ fest: „Eine nachhaltige Stadtplanung muss die Kleingärtner einbeziehen.“
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