
Ein Analyselabor hat in Baumaterial, das in der Hemelinger Marsch als Material für Wege für den Bau von Windrädern verwendet wird, Schwermetalle und hohe Werte an giftigen Chemikalien nachgewiesen. Bauherr ist der Bremer Windkraft-Pionier Energiekontor. In Auftrag gegeben hat die Analyse der Nachbarschaftsverein Bultenweg aus Tenever.
Dieser ist Mitglied der Bürgerinitiative "Kein Windrad am Bultensee" und kämpft gegen den geplanten Bau eines Windrades am Bultensee, wo ebenfalls Wege aus der umstrittenen LD-Schlacke gebaut werden könnten. Anfang März nahm ein Labor aus Oldenburg, eine Niederlassung eines luxemburgischen weltweit tätigen Analyseunternehmens, Proben der auf der Baustelle in der Hemelinger Marsch verwendeten Baumaterialien.
Diese wird in dem Prüfbericht, der dem WESER-KURIER vorliegt, als LD- und HO-Schlacke (Konverterschlacke und Hochofenschlacke) bezeichnet. In der LD-Schlacke hat das Analyselabor 1600 Milligramm des Schwermetalls Chrom pro Kilogramm Schotter nachgewiesen. In der HO-Schlacke wurde darüber hinaus eine hohe Konzentration von Zink (4270 Milligramm pro Kilogramm) nachgewiesen.
Ein für Hemelingen besonders beunruhigender Fund dürften die erhöhten Werte an polyzyklischen aromatisierten Kohlenwasserstoffen (PAK) sein. In der untersuchten Schlacke fand sich unter anderem der Stoff Benzopyren. Diese Verbindung ist giftig, umweltgefährlich und gilt als krebserregend.
Polyzyklische Kohlenwasserstoffe finden sich schon jetzt in Teilen des Hemelinger Grundwassers. Als Ursache gelten unter anderem Rückstände aus der früheren Teerpappenherstellung im Stadtteil, die ins Grundwasser gelangen. Die Umweltbehörde Bremen empfiehlt regelmäßig, Grundwasser in bestimmten Teilen Hemelingens nicht zu nutzen.
Für einen beschränkten offenen Einbau, wie beim Wegebau für die Windräder in der Hemelinger Marsch, gilt ein Höchstwert von drei beziehungsweise 9 Milligramm PAK pro Kilo. Der zweite Grenzwert, der besondere technische Sicherungsmaßnahmen wie wasserundurchlässige Schichten aus Beton oder Kunststoff erfordert, liegt bei 30 Milligramm. Analysiert wurden aber 54,2 Milligramm PAK pro Milligramm.
Zum Vergleich: Straßenaufbruch, also Asphalt und Bitumendecken, wird ab einem Wert von 25 Milligramm den gefährlichen Abfällen zugerechnet. Der Abbruch kann in Anlagen zur Herstellung hydraulisch gebundener Tragschichten (HGT-Anlage) oder in Asphaltmischanlagen verwertet werden oder muss auf einer Deponie mit entsprechenden Kosten beseitigt werden.
Auch die gemessenen Werte von Zink und Chrom der Trockenproben liegen nach Kriterien der Landesarbeitsgemeinschaft Abfall (Laga) über den Werten, die eine Nutzung im Wegebau mit Einschränkungen noch ermöglichen. Besondere Brisanz gewinnen die Werte allerdings durch den niedrigen Grundwasserstand in der Hemelinger Marsch.
Zwischen 80 Zentimetern und einem Meter zwanzig liegt das Wasser unter der Grasnarbe und im Zweifelsfall dem belasteten Schotter. Die Kritiker befürchten das Auswaschen der giftigen Stoffe durch Regen, Überschwemmung und einem steigenden Grundwasserspiegel. Allerdings: Im sogenannten Eluat, also die ausgewaschene Lösung des Schotters, liegen die gemessenen Laborwerte der Schwermetalle unter den Grenzwerten. Sie haben sich in der Probe also nicht gelöst.
Stephan Hagemann vom Verein Bultenweg spricht dennoch von einem Umweltskandal: "Die haben Giftstoffe in die Hemelinger Marsch gebracht!" Der Verein sei selbst überrascht gewesen von den hohen Werten. Er habe die Befürchtung, dass dies am geplanten Windradstandort am Bultensee in Tenever genauso komme. Er geht aber noch weiter: "Theoretisch müsste jetzt jeder Standort geprüft werden."
Der Verein hat am vergangenen Wochenende Strafanzeige eingereicht. "Jetzt müssen wir schauen, wie die Staatsanwaltschaft entscheidet und ob weitere Objekte überprüft werden müssen." Überdies hätte HO-Schlacke laut Bauantrag in Hemelingen nicht zu suchen und spricht von mangelnder Überwachung von Schlacken. Der Schotter stammt unter anderem aus dem Stahlwerk Bremen. Und wird von der Firma Witteler aus Rüthen, Nordrhein-Westfalen, vertrieben. Die Familie Witteler ist nicht unumstritten.
So drehte sich um den Bruder der beiden Geschäftsführer, Ralf Witteler, einer der größten Umweltskandale Nordrhein-Westfalens: Die Firma GW-Umwelt (GW für Gebrüder Witteler, geführt von Ralf Witteler) hatte mit PFT (Perfluorierte Tenside) belastete Industrieklärschlämme aus Belgien und den Niederlanden als Biodünger verkauft. Später meldete die Firma Insolvenz an, das Privatvermögen soll an Familienangehörige geflossen sein. Die Steuerzahler trugen die Kosten für die Sanierung der Ackerflächen. Das Verfahren wurde 2013 eingestellt.
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