
Was war jetzt mit der Roten Bete? Das habe ich irgendwie überhört, weil der Quinoa gerade meine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hat. Dozentin Sabine Torres Prado ist derweil schon bei ihren erweiterten Ausführungen zu den Vorzügen basischer Ernährung. Sie werkelt dazu in ihrer Küche in Konstanz am Bodensee, ich suche die Zitrone in meinem Bremer Gemüsefach. Verbunden sind wir und 25 weitere Teilnehmer aus ganz Deutschland per Videokonferenz.
Ich befinde mich im Online-Kochkurs „Zusammen isst man weniger allein“ der Volkshochschule (VHS) Bremen. Weil Corona es aktuell verhindert, dass die Interessenten in der Lehrküche zusammen neue Rezepte und Zubereitungstechniken erproben, wird das gemeinsame Kocherlebnis jetzt digital vermittelt. Zwischen Gemüse und Messern liegt mein Smartphone auf der Arbeitsplatte. Auf dem kleinen Bildschirm lotst Torres Prado mich und die übrigen Hobbyköche durch das Rezept.
Das hat stellenweise etwas von mitkochen beim Fernsehkoch, inklusive kleiner Panikattacken, denn tatsächlich fällt auch hier der folgenschwere Satz: „Ich habe das schon mal vorbereitet.“ Verflixt, ich nicht, auch wenn es im konkreten Fall nur der schon gewaschene und trocken geschleuderte Blattsalat ist. Ich greife zum Smartphone, aktiviere das Mikro und setze eine Hilferuf ab, dass ich noch nicht so weit sei – und was war jetzt mit der Roten Bete?
In solchen Fällen greift zusätzlich zur kochenden Dozentin ein Moderator ins Geschehen ein, in diesem Fall Uli Holzapfel, der in seinem Volkshochschul-Homeoffice in Straubing sitzt. Er sammelt die Rückmeldungen der Teilnehmer ein, betreut den begleitenden Chat mit schnell getippten Kurznachrichten, nennt schnell die von der Kursleiterin unterschlagene Vorheiztemperatur des Backofens und bremst stellvertretend für alle anderen die Köchin aus, wenn die Kursteilnehmer vermelden, dass sie gerade nicht mitkommen.
„Dass neben dem jeweiligen Dozenten noch zusätzlich ein Moderator notwendig ist, hat sich bei dem Format schnell gezeigt“, sagt Janine Precht, die den Kurs für die VHS Bremen betreut. Die kulinarische Reise unternehmen sieben Volkshochschulen gemeinsam. Neben Bremen sind die Einrichtungen aus Konstanz, Straubing, Kaiserslautern, Eschweiler, Karlsruhe und Leipzig dabei. Bremen hat sich als Nordlicht den eher im Süden der Republik angesiedelten übrigen Volkshochschulen einfach angeschlossen. „Die waren etwas schneller als wir bei der erfolgreichen Umsetzung eines solchen Online-Formats“, sagt Precht.
Ein erster alleiniger Versuch der Bremer VHS im vorigen Herbst ist mangels ausreichender Anmeldungen gescheitert. In der Kooperation funktioniert es: Bis zu 50 Teilnehmer haben sich etwa zusammen gefunden, als es in der Vorwoche um vietnamesisches Streetfood ging. Jeder stand dabei in seiner heimischen Küche. Bei der Volkshochschule Bremen kann sich Janine Precht inzwischen sogar eine Fortführung des Formats vorstellen, wenn die Pandemie mal vorbei ist. „Das ist unterm Strich eine Bereicherung für die Ernährungskurse.“
Anmelden kann man sich für die insgesamt zwölf Abende jeweils separat. So können sich die Interessenten ihre Lieblingsessen oder Dozenten individuell zusammenstellen. Zweimal ist mit Peter Scharff aus Kaiserslautern ein langjähriger Sternekoch am Start, der sich im April um den Spargel kümmert und später im Sommer ein mediterranes Menü vorstellt. Für Bremen steigt Luka Lübke ab Mai zweifach ins digitale Kochstudio. Sie wird aus der VHS-Lehrküche in Bremen klimafreundliche Gerichte vorstellen sowie dem süddeutschen Volk „Bremer Pluckte Finken“ nahebringen, ein traditioneller deftiger Eintopf aus Walfängerzeiten, den sie einmal klassisch und einmal in einer zeitgemäßen Variante zubereitet.
Am aktuellen Kochabend geht es in den Endspurt. Das Geheimnis der Roten Bete hat sich zwischenzeitlich geklärt: Sie sollen einfach dünn geschnitten, als eine Art Carpaccio mit Zitrone, Salz und Pfeffer etwas mariniert werden, bevor sie in einen großen Salat wandert. Zusammen mit groben Vollkornbrötchen, die eher in Richtung selbst gebastelter Müsliriegel driften, und einer Süßkartoffel mit Guacamole ist die Mahlzeit komplett.
In 25 Küchen wird vor laufender Kamera aufgetischt und auch beim Essen wird fleißig weiter gestreamt. Der vorgesehene Zeitrahmen ist längst überzogen, aber irgendwie mögen sich die Hobbyköche nicht voneinander trennen. Es wird fleißig gechattet, während Sabine Torres Prado ihre Familie vor die Kamera zerrt. „Die stehen die ganze Zeit vor mir und machen Faxen, jetzt zeigt euch mal.“ Moderator Uli Holzapfel ist ebenfalls zufrieden, auch wenn er als einziger kein frisch zubereitetes Essen vor sich hat. „Ich sehe hier 25 kleine Bildschirme und überall wird gespeist, das ist ein wunderbares Bild.“
Online-Kochkurs
Immer donnerstags um 18 Uhr lädt die VHS Bremen zu ihrem Online-Kochkurs. Die nächste Veranstaltung am 24. März ist bereits ausgebucht. Für alle weiteren Abende gibt es noch Plätze. Die Gebühr beträgt 12 bis 35 Euro. Mit der Anmeldung erhalten die Teilnehmer einen Link für eine Einkaufsliste sowie den Zugangslink zum Video-Kursraum. 30 Minuten vor Beginn kann man sich einwählen, eventuelle technische Fragen klären und schon ein bisschen plaudern. Genaue Informationen unter www.vhs-bremen.de/kulinarische-reise.
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