
Was städtisch ist, soll städtisch bleiben. So hat es vor wenigen Monaten die SPD beschlossen. Flächen für den Wohnungsbau sollen nicht länger an private Investoren verkauft werden, um die Entwicklung der Grundstücke in der Hand zu behalten und Spekulation vorzubeugen. Das ist die politische Botschaft, doch in der Realität sieht es anders aus. In der Überseestadt sind jetzt zwölf Hektar an ein Immobilienunternehmen veräußert worden. Das hat am Montag die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mitgeteilt. Der Investor kann sich frei entfalten und muss keine Rücksicht auf die sonst übliche Quote von 25 Prozent Sozialwohnungsbau nehmen.
Die SPD hat das nach eigenem Bekunden nicht gewusst. Sie ging davon aus, dass die Quote auch bei diesem Projekt gilt. So erklärt es SPD-Fraktionsvorsitzender Björn Tschöpe auf Anfrage des WESER-KURIER. Grundsätzlich sei er dafür, öffentlichen Boden nur noch als Erbpachtgrundstücke zu vergeben. Das sei in diesem Fall aber nicht mehr möglich gewesen. "Die Ausschreibung lief längst, als wir den entsprechenden politischen Beschluss gefasst haben", so Tschöpe. Pech, aber nichts zu machen, meint der Abgeordnete. "Das sind bei einem Kurswechsel die üblichen Anpassungsschwierigkeiten." Für die Bewerber um das Grundstück gelte Vertrauensschutz, es sei rechtlich schwierig, da als Verkäufer herauszukommen.
Solches Verständnis mögen die Linken nicht aufbringen. Sie sind erzürnt und machen keinen Hehl daraus: "Es sieht so aus, als ob die WFB kurz vor der Wahl noch ein bisschen Tafelsilber verscherbeln will", schimpft Linken-Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt. Das sei "superärgerlich" und konterkariere die politische Debatte über den Umgang mit öffentlichem Grund und Boden. "Wenn wir alles dem Markt überlassen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Mieten immer weiter steigen", betont Vogt.
Doch was soll auf den zwölf Hektar im sogenannten Kaffee-Quartier überhaupt entstehen? Etwas auf jeden Fall, was es in der Überseestadt bislang noch nicht gibt. Der Investor, die Bremer Firma Detlef Hegemann Immobilien Management GmbH, plant mit 60 Reihenhäusern, die 122 Wohneinheiten umfassen. Das Haus mit Garten ist eine Neuheit auf dem knapp 300 Hektar großen Areal, das seit 15 Jahren entwickelt wird. Wohnen kann man dort bisher nur in Appartements.
"Mit dem Reihenhauscharakter und grünen Innenhöfen entsteht eine Alternative zum klassischen Geschosswohnungsbau der Überseestadt", erklärt Jörg Bollmann, Geschäftsführer bei Hegemann-Immobilien. Das Ergebnis werde ein Platz zum gemeinschaftlichen Leben für Familien, Alleinerziehende und Menschen aller Altersgruppen sein. "Und das in einem geschützten Quartier in zugleich zentraler Lage."
Das Unternehmen ist sehr rührig in Bremen. In Bau ist zurzeit eine große Seniorenwohnanlage an der Rockwinkler Landstraße, die noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll und auf einem 16 000 Quadratmeter großen Grundstück entsteht. Investiert wird auch in Schwachhausen, in der Arensburgstraße, wo neun Eigentumswohnungen an den Markt gehen. Abgeschlossen sind die Arbeiten am sogenannten Eichenhof in St. Magnus, der 35 Miet- und Eigentumswohnungen umfasst. Noch in der Planung ist ein Projekt im Stephaniviertel. Dort will Hegemann nach eigenen Angaben unter der Überschrift "Jippen" 17 Eigentumswohnungen bauen.
Noch mal ein anderes Kaliber wird für das Unternehmen die Siedlung in der Überseestadt sein. Sobald die Formalitäten des Kaufs erledigt sind, in wenigen Wochen also, beginnt die Frist von sechs Monaten, in der für die Reihenhäuser im Rahmen eines Wettbewerbs ein Architekt gefunden werden muss. Der Plan ist, sieben unterschiedlichen Wohnungstypen zu bauen. Hinzu kommen drei Tiefgaragen.
Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) freut sich über den Abschluss: "Dieser Verkauf ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung der Überseestadt", so Günthner. Die richtige Mischung aus Industrie, Gewerbe, Wohnen und Freizeit verwandle das Revier in einen Ort, an dem Menschen gerne arbeiteten und lebzen.
Dass der Investor sich nicht daran halten muss, zu einem Viertel Sozialwohnungen zu schaffen, wie es für städtische Flächen, die anderen überlassen werden, mittlerweile üblich ist, begründet die WFB mit der Gesamtplanung auf der Fläche neben der ehemaligen Kaffee-Rösterei von Eduscho. Dazu gehöre abseits vom Hegemann-Projekt eben auch ein Neubauvorhaben der teilstädtischen Wohnungsgesellschaft Gewoba. Sie werde direkt an der Straße "Am Kaffeequartier" Einheiten bauen, die weit über die 25-Prozent-Quote hinaus zu besonders erschwinglichen Preisen gemietet werden können.
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