
Die unterschiedliche Bezahlung von Lehrkräften an Grundschulen und Gymnasien ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Zu diesem Schluss kommt ein Rechtsgutachten, das die Bildungsgewerkschaft GEW in Auftrag gegeben hat. Verfasst hat das Gutachten der Jurist Ralf Brinktrine von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er hat sich die Rechtslage in Hamburg und Bremen angesehen und kommt für Bremen zu der Einschätzung: Eine unterschiedliche Bezahlung von Beamten an Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien sei „nicht mehr überzeugend sachlich zu rechtfertigen“ und „nicht mehr verfassungsgemäß“. Sie verstoße unter anderem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Lehramtsausbildung ist in Bremen für beide Schularten gleichlang, so der Jurist: 10 Semester Studium und 18 Monate Referendariat. „Auch die Aufgaben von Grundschul- und Gymnasiallehrern haben sich mit der Zeit immer mehr angenähert“, sagt Brinktrine: Grundschullehrkräfte sollten individuelle Förderung, Inklusion und Integration von Kindern aus Einwandererfamilien umsetzen, und der Englischunterricht beginne heute bereits in der Primarstufe. Bremen müsse seine Besoldungsordnung überprüfen und anpassen, so der Jurist.
Die meisten Grundschullehrkräfte verdienen bislang in Bremen und den meisten Bundesländern deutlich weniger als Gymnasiallehrer. Die einen bekommen A 13, die anderen A 12. In Bremen beträgt der Unterschied beim Bruttogehalt der GEW zufolge rund 400 bis 500 Euro pro Monat. Insgesamt rund 1500 verbeamtete und angestellte Lehrkräfte werden in Bremen derzeit laut GEW geringer bezahlt als ihre Kollegen. Laut Bildungsbehörde bekommen an Grundschulen 620 von insgesamt 1270 Lehrkräften A 12. An Oberschulen bekommt eine Mehrheit der Lehrkräfte – mehr als 920 von 1735 – eine Bezahlung nach A 13.
„Von Grundschullehrkräften wird inhaltlich viel erwartet, sie tragen große Verantwortung. Sie müssen nicht nur die meisten Unterrichtsstunden pro Woche leisten, sondern werden dabei am geringsten bezahlt“, sagt Bernd Winkelmann von der GEW. Zugleich ist der Lehrermangel an Grundschulen besonders ausgeprägt: Laut Bildungsbehörde gibt es an Grundschulen derzeit stadtweit 20 offene Stellen, die aushilfsweise mit Studenten besetzt seien.
Doch wie geht die Behörde mit dem Gutachten um? Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) hält das Ziel von A 13 fürGrundschullehrkräfte für richtig, das hat sie bereits in der Vergangenheit öffentlich geäußert. Für Lehrkräfte mit A 12 führte Bremen zuletzt eine Zulage ein, die ihnen umgerechnet monatlich knapp 90 Euro mehr bringt. Dies sei „ein kleiner Schritt in Richtung A 13“, so Behördensprecherin Annette Kemp. „Im Sinn der Gleichbehandlung und Wertschätzung der Arbeit von Grundschullehrkräften sind wir für auch für eine gleichberechtigte Bezahlung. Dies steht aber unter dem Vorbehalt des finanziell Machbaren.“ Die Verwaltung müsse sich zunächst nach den Vorschriften des Besoldungsrechts richten. „Die Verfassungswidrigkeit kann nur durch das Verfassungsgericht festgestellt werden. Wäre das so, dann müsste der gesamte Senat eine Entscheidung treffen und dem Gesetzgeber empfehlen, das Besoldungsgesetz zu ändern.“
In Bremen gab es sogar jahrelang eine finanzielle Gleichstellung von Grundschul- und Gymnasiallehrern: Wer seit den 70er-Jahren eingestellt wurde, bekam A 13 – bis 2005, denn da wurde die Besserstellung der Grundschulkräfte wieder abgeschafft worden, beschreibt Winkelmann. Die Abschaffung habe man damals mit der finanziellen Lage Bremens begründet.
Die schlechtere Bezahlung von Grundschullehrkräften wird immer wieder als Beispiel für eine ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen mit ähnlicher Tätigkeit angeführt. Denn obwohl es allmählich etwas mehr Männer in Grundschulkollegien gibt, sind laut Bildungsbehörde 89 Prozent der Primarlehrkräfte weiblich.
Bremens Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm spricht sich fürdie Anhebung der Besoldung von Grundschullehrerinnen aus: „Ich freue mich, dass dies jetzt durch ein Gutachten bestätigt wird. Die Logik, die hinter ihrer schlechteren Bezahlung steckt, hat eine geschlechtsspezifische Dimension: Die erzieherischen und pädagogischen Fähigkeiten, die in der Grundschule eine große Rolle spielen, werden nicht so hoch bewertet wie die spezifischen Anforderungen der einzelnen Fächer, die in höheren Jahrgängen zum Tragen kommen.“ Dabei sei längst klar, urteilt Wilhelm, dass in der Primarstufe und übrigens auch in der Kita die Grundlagen des Lernens gelegt würden.
Brandenburg hat beschlossen, dass Grundschullehrer ab 2019 soviel verdienen sollen wie ihre Kollegen. Auch die Landesregierungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen streben dies an. In Bremen könnten nun klagewillige Grundschullehrkräfte vor Gericht ziehen. Der juristische Weg sei allerdings komplex und aufwendig, sagt Gutachter Brinktrine: Das Verwaltungsgericht müsse eine Klage ans Bundesverfassungsgericht überweisen. Die Gewerkschaft hofft zunächst darauf, dass der Senat einlenkt und Grundschullehrer besser bezahlt. Falls dies nicht passiere, werde man Lehrkräfte ermutigen zu klagen, so Winkelmann.
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