
Wirklich wohl fühlt sich Louisa Manholt nicht in ihrem Klassenraum. „Niemand kann wirklich sicher sagen, ob er nicht doch Überträger“ sei, schreibt die Berufsschülerin in einem Brief an Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD). Durch den anhaltenden Präsenzunterricht setze sie zweimal in der Woche ihre Gesundheit aufs Spiel. Wer aus dem Umland nach Bremen komme, sitze erst in vollen Regionalzügen, dann in überfüllten Straßenbahnen. „Eng aneinander gekuschelt, kann von Abstand keine Rede sein.“ In der Berufsschule das gleiche Bild. Vor den Klassenräumen warteten die Schüler „dicht gedrängt“ auf Einlass. „Mitunter drei verschiedene Klassen in einem Vorflur.“
Der Hilferuf der 29-Jährigen aus Diepholz erreichte die Bildungsbehörde in 60-facher Ausfertigung. Im Auftrag ihrer Mitschüler hat Manholt das zweieinhalbseitige Schreiben aufgesetzt, um der gemeinsamen Forderung nach Distanzunterricht Nachdruck zu verleihen. „Wir wissen immer noch nicht, wieso so sehr auf Präsenzunterricht beharrt wird“, heißt es in dem Brief. Die meisten Schülerinnen und Schüler könnten problemlos von zu Hause arbeiten. Darum wünschen sich die Berufsschüler die Freiheit, klassenindividuell über Distanz- oder Präsenzunterricht zu entscheiden. Denn: „Wir sind keine Grundschüler, wir haben uns alle selbstständig dazu entschieden, eine Ausbildung zu absolvieren und daher auch selbstständig entschieden, zur Schule zu gehen.“
Mit den Schülern der Europaschule Schulzentrum Utbremen melden sich erstmals diejenigen zu Wort, über die sonst immer nur geredet wird. Die Corona-Pandemie und der Umgang ihrer Schule damit treibt auch Alma Schube um. Dabei denkt die Schülervertreterin vom Alten Gymnasium gar nicht einmal primär an das eigene Wohlergehen. Sondern an Bekannte und Familienangehörige, die zu den Risikogruppen gehören. „Ich habe die Befürchtung, den Virus aus der Schule oder dem Freundeskreis nach Hause zu tragen“, sagt die 16-Jährige. Das Risiko, überhaupt in Quarantäne zu kommen, sollte deshalb nach ihrem Verständnis minimiert werden. „Und es kann in Form des Halbgruppen-Unterrichts minimiert werden.“
Gleichwohl ist Alma Schube weit davon entfernt, geteilte Klassen als Allheilmittel zu begreifen. Sie sei zwar für Halbgruppen-Unterricht, sagt Alma Schube. „Aber nicht so, wie vor den Sommerferien.“ Einzelne Lehrer hätten oft vergessen, mit welcher Halbgruppe sie ihren Unterrichtsstoff durchgenommen haben. Die Folge: extremer Zeitverlust. Nach einigen Wochen seien unterschiedliche Halbgruppen auf völlig unterschiedlichen Lehrständen gewesen. „Wir schreiben aber alle die gleichen Klausuren.“ Der praktische Tipp für die Gestaltung des digitalen Unterrichts im Wiederholungsfall: „Die Lehrer sollten den Unterricht der einen Halbgruppe für die andere Halbgruppe hochladen.“
Die iPads lassen noch auf sich warten
Problematisch auch, wenn der Sinn des geteilten Unterrichts – nämlich die Infektionsgefahr durch größere Abstände zu senken – außerhalb der Schule wieder ausgehebelt wird. Für einige Schülerinnen und Schüler sei es eine mentale Belastung, in der Schule auf freundschaftliche Kontakte zu verzichten. „Verschiedene Halbgruppen haben sich darum in der Freizeit miteinander getroffen“, sagt Alma Schube. Hilfreich ist das in ihren Augen nicht. Denn dadurch werde die Zielsetzung des Halbgruppen-Unterrichts wieder untergraben. Weil die iPads noch auf sich warten lassen, ist an digitalen Distanzunterricht aber ohnedies nicht zu denken. „Die iPads sind nun einmal die Voraussetzung für geteilten Unterricht“, sagt ihre Mitstreiterin Aika Krebs.
Als besonders belastend empfindet Aika Krebs die anhaltende Ungewissheit über die künftige Organisation des Unterrichts. „Immer ist da der Druck im Hinterkopf, dass wir wieder in Quarantäne gehen müssen.“ Zweimal hat die 16-Jährige das schon erlebt. „Das übt einen extremen Druck aus und beeinflusst das Lernen negativ“, sagt sie. Gerade jetzt, da es in der Oberstufe darauf ankommt – in anderthalb Jahren steht das Abitur an.
Skeptisch beurteilen die beiden Schülerinnen die neuen Bestimmungen, nach denen sich bei einem Infektionsfall die ganze Klasse nach fünftägiger Quarantäne einem Test unterziehen soll. „Ich fürchte, dass die Testzentren nicht die nötigen Kapazitäten haben, um nach fünf Tagen so viele Leute zu testen“, sagt Aika Krebs „Bei uns hat ein Schüler mit 70 bis 80 Schülern Unterricht“, so Alma Schube. Das sei mehr als die halbe Kohorte – werde ein Schüler positiv getestet, drohe ganz schnell dem ganzen Jahrgang die häusliche Isolation.
Gegen die Maskenpflicht im Unterricht haben die beiden Schülerinnen keine Vorbehalte. „Die Maske stört mich nicht, die Einschränkung ist gering“, sagt Alma Schube. Ein wenig mehr Eifer beim Maskentragen würde sich Aika Krebs allerdings auch von manchen Lehrern wünschen. „Die meisten Lehrkräfte nehmen die Maskenpflicht ernst, einige aber weniger“, sagt sie. Vor allem beim Reden neigten Lehrer dazu, die Maske abzusetzen. „Wo bleibt da die Vorbildfunktion? Eine Schülerin hat einen Lehrer sogar gebeten, die Maske wieder aufzusetzen.“
Wenig Aussicht auf Distanzunterricht sieht unterdessen Hannes Ischebeck, Leiter der Berufsschule in Utbremen. Dabei beruft er sich auf die behördliche Vorgabe, nach der erst Maßnahmen zu ergreifen seien, wenn 25 Prozent der Schüler in Quarantäne sind. „Solange wir dieses Kriterium nicht erfüllen, brauchen wir darüber nicht nachzudenken.“
Fragt sich nur, ob es nicht doch ein Schlupfloch gibt. „Wir haben tolle Schulen, die Hybrid- und Distanzunterricht anbieten“, sagt Annette Kemp, Sprecherin des Bildungsressorts. Ihre Behörde wendet sich nach eigenem Bekunden nur gegen eine pauschale Einführung des Halbgruppen-Unterrichts, nicht aber gegen entsprechende Schritte an einzelnen Schulen. Es würden Gruppen reduziert, manchmal auch der Ganztag, so Kemp. „Das wird jeweils zwischen Schulaufsicht und der Schulleitung erarbeitet und schnell umgesetzt.“
Noch wartet Louisa Manholt auf eine Antwort aus der Bildungsbehörde. Die neuen Bund-Länder-Regelungen sieht die angehende Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste kritisch. Was für allgemeinbildende Schulen gelte, gelte nicht unbedingt auch für Berufsschulen. Denn: „Wir gehen schließlich nicht nur zur Schule, wir sind ja auch in den Betrieben.“
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