
„Es ist ein kleiner Schritt für mich – aber ein großer Sprung für die Bürgerinitiative“: Dieser Gedanke schoss Anne Friedrichs spontan durch den Kopf, als sie am Sonnabendmittag den ehemaligen Bremer-SV-Sportplatz an der Dedesdorfer Straße betrat. Der Vergleich mit der Mondlandung vor gut 50 Jahren ist gar nicht mal so sehr aus der Luft gegriffen. Vor zehn Jahren sah es nämlich absolut nicht danach aus, dass die rund 8000 Quadratmeter große Brachfläche sich eines Tages in einen offiziellen Quartiersplatz verwandeln würde, auf dem sich die Waller zum Boule- und Beachvolleyball-Spielen treffen und Feste feiern können.
Genauso ist es nun aber gekommen: Mehrere hundert Besucher haben nach monatelangen Bauarbeiten am Sonnabend die Einweihung des Platzes gefeiert. Für Live-Musik sorgten dabei natürlich Waller Akteure, nämlich der singende Seemann Nagelritz alias Dirk Langer sowie die Blaumeier-Atelier-“Gewächse“ Walter Pohl und Imke Burma – allgemein bekannt als „die Mattenheimer“.
Heute wird im Stadtteil und in der Behörde meistens vom Dedesdorfer Platz gesprochen. Anne Friedrichs und ihre Mitstreiter von der Bürgerinitiative bevorzugen aber einen anderen Namen. „Für uns ist es die Waller Mitte, weil er geografisch in etwa in der Mitte liegt“, sagt Christoph Schwarzer. „Aber auch, weil es der Ort ist, wo wir uns treffen. Ein Campo, wie man auf Italienisch sagen würde. Wir hoffen, dass dieser Platz sich zu einem lebendigen Mittelpunkt entwickelt.“
Neun Jahre ist es mittlerweile her, dass Menschen aus der Nachbarschaft wie Anne Friedrichs, Christoph Schwarzer, Susanne Freitag oder Anne Schweisfurth auf die Straße gingen und Unterschriften dafür sammelten, dass der alte Sportplatz als Freifläche erhalten bleibt. „Wir stellten damals fest, dass es einen großen Bedarf an Platz für Bewegung und Begegnung im Stadtteil gibt“, erzählt Anne Schweisfurth. „Und so haben sich etwa 50 Leute von da an jeden Monat einmal getroffen, um sich dafür einzusetzen, dass auf diesem Platz etwas Entsprechendes entstehen kann.“
Die Stadt hatte allerdings andere Pläne: Die Fläche sollte verkauft und bebaut werden. Mehr Wohnraum wurde schließlich schon damals immer dringender benötigt. Doch die Bürgerinitiative ließ nicht locker. Und so traf man sich am 1. Juni 2011 erstmals zu einem Runden Tisch, an dem nun Politik, Verwaltung und Bürger über die Zukunft des ehemaligen BSV-Sportplatzes verhandeln sollten. Initiiert hatte diesen Prozess Bremens damaliger Senatsbaudirektor Franz-Josef Höing, der sich davon eine Art Verfahrens-Blaupause versprach, die künftig auch bei anderen Beteiligungsprozessen zum Einsatz kommen könnte.
Achtmal traf sich der Runde Tisch und nach mehreren Beteiligungsworkshops wurde im November 2012 schließlich eine Teilbebauung als Kompromiss ausgehandelt. Der Waller Beirat begleitete das Thema fortan im Fachausschuss Dedesdorfer Platz, dessen Sprecher Gerald Wagner jetzt ebenso unter den Feiernden war wie der neue Beiratssprecher Jürgen Pohlmann (SPD), der sich zuvor als Bürgerschaftsabgeordneter in Sachen Dedesdorfer Platz engagiert hatte. Das Ergebnis dieser vereinten Anstrengungen kann sich sehen lassen, findet Anne Schweisfurth: „Der Platz ist zu zwei Dritteln frei, das freut uns sehr.“
„Der Bürgerinitiative hat man zu verdanken, dass die Fläche gerettet wurde“, sagt Rainer Imholze, der im Bauressort den Bereich Zentren- und Innenstadtentwicklung verantwortet. Im Sommer 2013 war er in das Projekt mit eingestiegen und brachte eine Idee mit, wie die Umgestaltung des Platzes finanziert werden könnte. Da der Platz eine wichtige Querverbindung innerhalb des Stadtteils ist, konnte er dafür Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ akquirieren, das Imholze bereits seit 2009 im Stadtteil koordiniert hatte. Das Thema „Verbindungen“ war einer der inhaltlichen Schwerpunkte dieses Städtebauförderungsprogramms.
Etliche nervenzehrende Diskussionen hat es gebraucht, bis endlich ein Konzept für den Platz stand, das die Bedürfnisse sämtlicher Nutzergruppen und der Anwohner berücksichtigt. Dann kamen der Kampfmittelräumdienst – der auf der Fläche viel zu tun hatte – und eine aufwendige Dioxin-Sanierung.
Mittlerweile steht fest, wer am Rand des Platzes bauen wird: Die fünf Baugruppen stellten sich und ihre Konzepte nun etlichen Interessierten vor. Ebenso der Martinsclub, der an der Vegesacker Straße auf dem Grundstück der ehemaligen Sportklause das neue Torhaus eins bauen wird. „Darin gibt es acht Wohnungen, drei davon komplett rollstuhlgerecht“, sagt Sebastian Jung, Mitglied der Geschäftsleitung: „Wir warten gerade auf die Vorverträge für den Grundstückskauf und wollen parallel dazu den Bauantrag stellen.“
Bis zehn Uhr abends wurde fröhlich gefeiert – und dann wurden die Tore wieder zugesperrt. Besonders grün ist es auf der Waller Mitte derzeit nämlich noch nicht. Jetzt braucht das Gras Zeit, um zu wachsen. Und, so Imholze: „Im Herbst werden ungefähr 60 Bäume gepflanzt.“ Ab dem Frühjahr soll der Platz dann endlich allen offen stehen. Christoph Schwarzer freut sich schon: „Dann feiern wir zehn Jahre Waller Mitte und danach Spatenstich und Richtfest bei den fünf Bauprojekten.“
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