
Nach der Wahlpleite vom vergangenen Sonntag kommt die Personaldebatte in der SPD auf Touren. Als erster prominenter Sozialdemokrat hat der scheidende Bürgerschaftsabgeordnete Dieter Reinken den Rückzug von Bürgermeister Carsten Sieling und der Landesvorsitzenden Sascha Aulepp gefordert. Zugleich übt der Bremer IG-Metall-Vorsitzende und künftige SPD-Abgeordnete Volker Stahmann Kritik an Andreas Bovenschulte, der angekündigt hat, Fraktionschef Björn Tschöpe ablösen zu wollen.
Der Burgfrieden in der Bremer SPD, der nach der verheerenden Niederlage bei der Bürgerschaftswahl ein paar Tage lang Bestand hatte, ist also vorbei. Noch am Montagabend war man sich bei einer Funktionärskonferenz der Sozialdemokraten einig, vorerst keine öffentlichen Debatten über das Spitzenpersonal zu führen. Dann ging es Schlag auf Schlag: Zunächst wurde bekannt, dass der frühere SPD-Landesvorsitzende und künftige Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Bovenschulte gegen den derzeitigen Amtsinhaber Björn Tschöpe antreten wird, wenn die neue Fraktion Ende Juni einen Vorsitzenden wählt.
Dieser Vorstoß Bovenschultes hat scharfe Kritik herausgefordert. Bremens IG-Metall-Chef Volker Stahmann, der auf der SPD-Liste angetreten war und ebenfalls der kommenden Fraktion angehören wird, findet Bovenschultes Vorstoß ungehörig. „So ein Antritt ist jetzt kontraproduktiv“, kritisiert Stahmann. Zudem beschädige er Tschöpe, der zum Sondierungsteam der Sozialdemokraten für mögliche Koalitionsverhandlungen mit Grünen und Linken gehört. An Bovenschultes Adresse sagt Stahmann: „Die Menschen erwarten von uns, dass wir in uns gehen, aber garantiert keine Personaldebatten.“
Doch die sind nun nicht mehr zu stoppen. Als erste Stimme von Gewicht hat der scheidende Bürgerschaftsabgeordnete und frühere SPD-Landesvorsitzende Dieter Reinken Bürgermeister Carsten Sieling und der Landesvorsitzenden Sascha Aulepp den Rückzug nahegelegt. „Wir wissen, das Carsten ein fleißiger, netter Kerl ist, aber er hat bei der Wahl eben nicht gezogen“, attestiert Reinken dem SPD-Spitzenkandidaten, der auch bei den Personenstimmen deutlich hinter CDU-Herausforderer Carsten Meyer-Heder liegt. „Es mag schmerzlich sein, aber darüber muss geredet werden“, so Reinken. Verantwortung müsse auch Parteichefin Sascha Aulepp übernehmen. „Die Partei stellt sich in katastrophaler Weise dar“, so Reinkens Eindruck. Deshalb sei es besser, wenn auch Aulepp ihr Amt zur Verfügung stelle und so an der Spitze in Senat und Partei ein klarer Schnitt gemacht werde.
Reinkens Vorstoß hat nun wiederum den Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Bremen-Stadt, Falk Wagner, auf den Plan gerufen. Natürlich sei das Wahlergebnis vom Sonntag für die SPD ein Schlag ins Kontor gewesen. Bei der Funktionärskonferenz am Tag darauf habe jedoch Konsens darüber bestanden, „dass uns ein Personalaustausch in Spitzenfunktionen nichts bringt“. Wenn nun Dieter Reinken dem Bürgermeister und der Landesvorsitzenden den Rücktritt nahelege, dann sei das „unsolidarisch und stillos“.
So kam es offenbar auch bei vielen Funktionären im Mittelbau der Partei an. Nach Informationen des WESER-KURIER wurde Reinkens Vorstoß bei einer Konferenz der Ortsvereinsvorsitzenden des Unterbezirks Bremen-Stadt am Mittwochabend einhellig verurteilt. Der scheidende Obervielander Abgeordnete Klaus Möhle versteht das nicht. „Wer hat denn mit der Personaldebatte angefangen?“, fragt der langjährige Parlamentarier. Das sei doch nicht Reinken, sondern vielmehr Bovenschulte gewesen. Möhle findet den bisherigen Umgang der Partei mit dem Wahldebakel „einfach gruselig“. Von Bereitschaft zu Aufarbeitung und Selbstkritik sei diesmal noch weniger zu spüren als bei der ebenfalls schon vergeigten Wahl 2015. „Damals wurde gesagt: Wir haben verstanden. Nein, nichts haben die verstanden“, schimpft Möhle. In der SPD gebe es „verknöcherte Strukturen, getragen von Leuten, die sich schon seit vielen Jahren gegenseitig im Amt halten. Die haben einfach den Schuss nicht gehört“.
Altbürgermeister Klaus Wedemeier sieht für die SPD im Ergebnis vom Sonntag zumindest „keinen Wählerauftrag“. Es sei nun zunächst an der CDU als stärkster Partei, sich um eine Regierungsbildung zu bemühen. „Wenn die stärkste Partei dabei scheitert, ist die SPD dran“, so Wedemeier. Er erinnert an eine Äußerung Carsten Sielings eine gute Woche vor der Wahl. Dabei hatte es Sieling als Voraussetzung für eine rot-rot-grüne Regierung bezeichnet hatte, dass die Sozialdemokraten stärkste Kraft werden. Dieses Ziel wurde bekanntlich verfehlt. Trotzdem sondiere die SPD-Spitze in dieser Woche mit Grünen und Linken die Möglichkeit einer Regierungsbildung. Das falle auf.
Für den Fall, dass es am Ende tatsächlich zu einer rot-rot-grünen Koalition kommt, fordert Wedemeier: „Die SPD muss dann nicht Moderator, sondern Motor eines solchen Dreierbündnisses werden.“ Nur so könne die Partei langfristig wieder Boden gutmachen.
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