
Der Bremer Haushalt 2022/23, der aktuell vom Senat vorbereitet wird, scheint eine Mission impossible zu werden. Die Steuereinnahmen sind eingebrochen, zugleich gibt es eine Reihe von Aufgaben, die angepackt und finanziert werden müssen. Wie kritisch ist die Lage?
Jens Eckhoff: Sie ist in der Tat sehr schwierig. Das gilt sowohl für die Haushaltsvorbereitungen durch den Senat als auch für den anschließenden Part, also die parlamentarischen Beratungen. Der Rahmen ist eng und die Wünsche sind groß. Die Gestaltungsnotwendigkeiten übrigens auch. Uns stehen pro Jahr rund 300 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Aber Politik ist ja keine Schönwetterveranstaltung. Sie muss sich auch in schwierigen Zeiten bewähren.
Der Haushalt enthält große Ausgabenblöcke wie Soziales und Bildung, die eher noch wachsen. Es gibt einen sehr ehrgeizigen Plan für den Ausbau des Wissenschaftsstandortes, der mit Geld hinterlegt werden muss, und etliche andere Anforderungen an den Doppeletat für die nächsten beiden Jahre. Wie soll man all das in dem engen Rahmen unterbringen?
Man muss klare Prioritäten setzen.
Und welche?
Aus Sicht der CDU hat Bildung die höchste Vorrangstufe, damit Bremen nicht ewig in den entsprechenden Rankings hinten liegt. Das Zweite ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze, vorrangig im Bereich der Umwelttechnologien und anderer zukunftsträchtiger Wirtschaftszweige, die Bremen bereits hat. Und das dritte ist die Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandortes, auch dort muss eine ganze Menge passieren.
Wo gibt es im Haushalt Einsparpotenziale, aus denen sich Gelder umschichten lassen?
Wir haben in der Vergangenheit mehrfach angeboten, gemeinsam mit dem Senat und den Regierungsfraktionen jede Haushaltsstelle auf den Prüfstand zu stellen. Wir tun das auch jetzt. Aber ich nenne gern ein Beispiel: Wer sich die Arbeitsmarktförderung in Bremen anschaut, der gewinnt den Eindruck, dass es teilweise nicht darum geht, Menschen ohne Arbeit wieder in Beschäftigung zu bringen. Es gibt dort zum Teil Strukturen, in die seit vielen Jahren Gelder fließen, die aber erkennbar ineffektiv sind. Das ist ein Beispiel für Dinge, die wir uns nicht mehr leisten können und an die man ran muss.
Im Senat geht es in den nächsten Wochen darum, Budgets für die einzelnen Ressorts festzuzurren – also für Bau, Wirtschaft, Inneres und so weiter. Die Fachressorts scheinen bei den internen Verhandlungen sehr hoch zu pokern. Ihre Ausgabenwünsche und Forderungen nach zusätzlichen Stellen liegen weit über dem verfügbaren Rahmen. Sehen Sie das Regierungsbündnis vor einer Zerreißprobe?
Wenn die Senatsressorts für die nächsten zwei Jahre einen Bedarf an 1000 neuen Stellen pro Jahr angemeldet haben, dann ist das tatsächlich ein völlig falsches Signal. Das wäre genau die Ausweitung des öffentlichen Dienstes, die wir in den Siebzigerjahren hatten und deren Lasten den Bremer Haushalt auf Jahrzehnte belastet haben. Was die Spannungen im Senat angeht: Rot-Grün-Rot muss in erster Linie erkennen, dass er für alle Menschen in Bremen da ist und nicht nur für die gute Laune innerhalb der Koalition. Der Senat muss den Mut haben, unser Bundesland für die Zukunft fit zu machen. Das wird nicht ohne Einschnitte an einigen Stellen gehen. Aber ich fürchte: Die eigene Stimmung wird der Koalition wichtiger sein als eine zukunftsfähige Aufstellung unseres Bundeslandes.
Dieser zukunftsfähigen Aufstellung soll ja der Bremen-Fonds dienen – ein Kredittopf mit 1,2 Milliarden Euro, aus dem auch Investitionen für langfristige Strukturverbesserungen bezahlt werden sollen. Wird dieser Fonds bisher klug gehandhabt?
Eher nicht. Das kann man schon daran erkennen, dass die Regierungsfraktionen die Mittel nach Koalitionsproporz für die jeweiligen Lieblingsprojekte ausgeben. Ich bin einigermaßen entsetzt darüber, dass man in einer so ernsten Lage, wie sie die Corona-Pandemie darstellt, die Priorisierung von Maßnahmen an Klientelinteressen ausrichtet statt an sachlichen Erfordernissen. Das ist nun wirklich der falsche Weg. Es müssen diejenigen Investitionen Vorrang haben, die am meisten geeignet sind, Bremen gestärkt aus der Pandemie hervorgehen zu lassen.
Wo muss das Geld also hinfließen?
Insbesondere in Investitionen in Umwelttechnologien. Sonst wird nach Corona eine ganz andere Diskussion losgehen. Die jungen Leute werden dann zurecht sagen: Der Gesundheitsschutz in der Pandemie war euch eine Menge Geld und auch Einschränkungen wert, aber für die Zukunft unserer Generation unternehmt ihr keine vergleichbaren Anstrengungen. Die Politik muss also gerade in diesen Bereich investieren und somit die Grundlage für neue und moderne Arbeitsplätze schaffen. Ein wichtiges Stichwort ist hierbei der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Ein anderes sinnvolles Projekt wäre die Umgestaltung der Jacobs University in eine Klima-Universität, in deren Umfeld neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen könnten. Es eröffnet sich ein riesiges und sehr lohnendes Aufgabenfeld, aber der Senat springt da viel zu kurz.
Das Gespräch führte Jürgen Theiner.
Jens Eckhoff (55) ist Mitglied der CDU-Fraktion und Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses der Bürgerschaft. Eckhoff hat Regierungserfahrung, von 2003 bis 2006 war er in den Senaten Scherf und Böhrnsen Bausenator.
So entsteht der Haushalt
Die Aufstellung eines Haushaltes für Land und Stadt Bremen benötigt in der Regel eines knappes Jahr Vorlaufzeit. Zunächst ermittelt der Finanzsenator auf der Grundlage der vorhandenen mittelfristigen Finanzplanung und der aktuellen Steuerschätzung einen Gesamtrahmen, der in der kommenden Haushaltsperiode zur Verfügung steht. In sogenannten Chefgesprächen mit seinen Senatorenkollegen werden in einem zweiten Schritt die Bedarfe der einzelnen Ressorts ermittelt. Üblich ist es dabei, dass die Ressorts erst einmal üppig kalkulieren, um einen gewissen Verhandlungsspielraum zu haben. Nach Abschluss der Chefgespräche und ihrer Auswertung trifft der Senat einen sogenannten Eckwertebeschluss. Darin werden den Ressorts ihre Budgets zugeteilt, die dann in den folgenden Wochen und Monaten verwaltungsintern konkret ausgestaltet werden. Jedes Ressort legt dabei in Euro und Cent fest, wofür es im kommenden Haushaltsjahr Geld ausgeben will. In einer abschließenden Haushaltsklausur beseitigt der Senat verbliebene Unstimmigkeiten und fügt die Einzelpläne zu einem Haushaltsentwurf zusammen, der dann der Bürgerschaft übergeben wird. Die Fachgremien des Parlaments beraten diesen Entwurf und nehmen Änderungen vor, bis eine beschlussfähige Endfassung vorliegt, die dann vom Bürgerschaftsplenum verabschiedet wird. Seit Mitte der 2000er-Jahre beschließt die Bürgerschaft in der Regel Doppelhaushalte für zwei Jahre - so soll vermieden werden, dass sich Politik und Verwaltung permanent in Haushaltsberatungen befinden.
Aktuell steht das Haushaltsaufstellungsverfahren für 2022/23 noch in einem frühen Stadium. Es laufen die Chefgespräche zwischen Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) und den Fachressorts, auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat sich diesmal eingeschaltet. Der Eckwertebeschluss ist für März angepeilt. Das Parlament wird wohl nach den Sommerferien seine Haushaltsberatungen aufnehmen. Gegenwärtig sieht es so aus, dass die Bürgerschaft das Zahlenwerk erst kurz vor Jahresende beschließt.
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