
An dem Begriff Privatschule stört sich Dieter von Glahn. „Wir verwehren keinem Kind den Zugang, auch wenn die Familie das Schulgeld nicht aufbringen kann“, sagt der Schulleiter der Tobias-Schule. Sie ist eine von 22 Schulen in Bremen in freier Trägerschaft. „Mir ist wichtig, dass das endlich anders verstanden wird.“ Dies zu vermitteln ist auch von Glahns Ziel als Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Freie Schulen. Auch wenn die Träger sehr unterschiedlich seien, verbinde sie eines: Das Land Bremen tue nicht genug für sie. „Wir haben Mühe mit der Behörde.“
Nach Angaben des Senats besuchen in diesem Schuljahr 6310 Kinder und Jugendliche eine private Einrichtung, das sind knapp zehn Prozent aller Schüler in Bremen. Der Schulbesuch kostet Geld, zwischen knapp 50 und bis zu 1600 Euro im Monat, je nach Schule oder Klassenstufe. „Würden wir voll finanziert, würden wir herzlich gerne auf das Schulgeld verzichten“, sagt von Glahn. Momentan spare das Land Bremen nach seinen Berechnungen knapp 21 Millionen Euro im Jahr, weil der Zuschuss pro Schüler niedriger sei als der für einen städtischen Schüler. „Wir sind das Sparschwein der Bildungsbehörde“, erklärt von Glahn. „Man sieht uns als Ergänzung des Bildungssystems, aber wir werden nicht so unterstützt, wie wir es bräuchten.“
Auch der Senat sieht in den freien Schulen eine Bereicherung, das geht aus den Antworten auf eine FDP-Anfrage hervor. Allerdings befänden sich diese Schulen in einem Spannungsfeld: Sie seien als weltanschauliche oder pädagogische Alternativen zu staatlichen Einrichtungen gedacht, entsprächen aber oft nicht dem Anspruch der „sozialen Entmischung“. Denn: Die Schülerschaft stamme meist aus Stadtteilen, in denen der Anteil von Sozialhilfe abhängigen Haushalten oder von Familien mit Migrationshintergrund gering sei. Dem Vorschlag der FDP, bei anstehenden Schulgründungen auch freie Träger einzubeziehen, weist der Senat allerdings zurück: Bremen sei durch die Landesverfassung verpflichtet, das Recht auf kostenfreie Bildung umzusetzen.
Der jährliche Zuschuss für die freien Träger, so ist es in dem Senatspapier aufgelistet, sei von der jeweiligen Schulform abhängig: Für Grundschulen liegt er bei 72,3 Prozent des städtischen Satzes pro Schüler, für Oberschulen und Gymnasien bei jeweils 76 und 93 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass jährlich für einen Schüler an einer privaten Grundschule 3620 Euro ausgegeben werden, für einen Oberschüler 4550 Euro, für einen Gymnasiasten 4580 Euro. Wie viel das Land in diesem Jahr für einen Schüler oder eine Schülerin an einer öffentlichen Schule ausgab, konnte der Senat nicht beantworten. Im Jahr 2017 waren es knapp 5400 Euro. Zu diesem Zeitpunkt waren die Zuschüsse für freie Schulen im Schnitt 200 Euro niedriger als noch in diesem Jahr. Inwiefern die freien Schulen tatsächlich helfen, den Haushalt zu entlasten, ist laut Senat allerdings „nicht verlässlich zu beantworten“.
Die Finanzen sind für den LAG-Vorsitzenden nur ein Störfaktor. Von Glahn kritisiert die Zusammenarbeit mit der Behörde: In den Werbebroschüren, in denen sich Familien über Schulen in Bremen informieren können, seien die freien Träger nicht genannt, gleiches gelte für das Informationsheft „Wege zum Abitur“. Zudem müssten die freien Schulen Fortbildungen für Lehrkräfte am Landesinstitut für Schule aus eigener Tasche bezahlen oder selbst ausrichten. Der Vorsitzende kritisiert zudem, dass Familien, deren Kinder etwa in der fünften Klasse an eine freie Schule wechseln, eine Verzichtserklärung auf einen Platz an einer staatlichen Schule unterschreiben müssen. Auch habe er von Eltern gehört, die ein Schreiben bekommen hätten, in dem sie vor dem Wechsel gewarnt worden seien.
Das Bildungsressort widerspricht den Vorwürfen. Von Warnschreiben sei in der Behörde nichts bekannt, sagt Sprecherin Annette Kemp. Die kritisierte Verzichtserklärung habe hingegen mit dem Anmeldeprozess zu tun. Jedes Kind sei zunächst an einer öffentlichen Schule registriert, damit etwa die schulärztliche Untersuchung eingeleitet werde. Liege dann eine Zusage der Privatschule vor, müsse auf den jeweiligen öffentlichen Platz offiziell verzichtet werden. „Das ist für die Planung dringend notwendig“, sagt Kemp. Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Politik ist laut Senat unkompliziert: Der Austausch mit den freien Schulträgern sei „regelmäßig und anlassbezogen“, viermal im Jahr gebe es Besprechungen, auch die Zuschüsse würden jährlich diskutiert. „Die Aktivitäten sind ausreichend“, heißt es.
Die Lage zwischen freien Schulen und Bildungsbehörde dürfte sich dennoch nicht entspannen. Grund ist der Digitalpakt Schulen, wonach die Schulen mit Computern und digitalen Systemen ausgestattet werden sollen: Laut von Glahn zahlen die freien Träger einen Eigenanteil von zehn Prozent bei den Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt. Auch auf das digitale Lernprogramm „It's Learning“ haben die freien Träger nach seinen Angaben keinen Zugriff. Das habe zu Problemen geführt, da unter anderem alle Einladungen für Infoveranstaltungen zum Digitalpakt über dieses System laufen. Am Ende funktionierte die Zusammenarbeit doch: Nach einigen Beschwerden seien die freie Schulen eingeladen worden.
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