
Ihr Alltag ist die Vergangenheit, aber ihre Gegenwart wird von der Zukunft bestimmt. Brigitta Nimz ist Archivarin im Staatsarchiv Bremen. „Man denkt immer daran, das auf Dauer zu sichern, nicht nur: Was schaffe ich bis zur Rente?“, sagt sie. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen haben am Sonnabend zum zehnten bundesweiten Tag des Archivs Einblicke gewährt, wie sie das machen. Bei Führungen durch das denkmalgeschützte Gebäude, haben sich – laut Archiv – 316 Besucher umsehen und viel erfahren können. Zum Beispiel, dass es nicht nur fürs Publikum, sondern auch für die Bestände unerfreuliche Effekte hätte, wenn die Welt der Archive so staubtrocken wäre wie ihr Ruf.
„Optimal ist eine Temperatur zwischen 15 und 18 Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von ungefähr 45 Prozent“, erklärt Brigitta Nimz ihrer Gästegruppe. In solider Schulklassenstärke drängt sich die Truppe durch die schmalen Gänge im Magazinturm, der Besuchern sonst nicht zugänglich ist. Der hat zehn Geschosse – acht über- und zwei unterirdische. Im Tiefkeller ist es nicht nur kühl, sondern auch eng. Etage minus zwei ist die einzige, in der beim Bau in den 60er-Jahren Schienen für platzsparende Rollregale eingelassen wurden. Aus statischen Gründen, erläutert die Archivarin. „Damals, in Zeiten des Kalten Krieges, hat man gedacht, die wertvollen Stücke seien in einer Art Bunker am besten aufgehoben.“ Das Bauwerk stehe wegen des hohen Bremer Grundwasserspiegels in einer Betonwanne. „Wir müssen ständig die Luftfeuchtigkeit und das Raumklima überwachen. Es ist ja nicht unproblematisch, so ein Kellergeschoss in Bremen zu haben.“
Das Staatsarchiv Bremen ist eine von bundesweit mehreren Hundert Einrichtungen, die sich zum Tag der Archive geöffnet haben. Initiator ist der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VDA), dessen Mitglieder damit „auch an den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März 2009 erinnern“ wollen. Aus dem Desaster, das ein Menschenleben gekostet und das Vertrauen in die Tiefbaukünste erschüttert hat, haben die Archivare, trotz herber Verluste, auch einen Gewinn ziehen können: die Erkenntnis, dass die speziellen Archivkartons aus säurefreier Pappe so stabil sind, dass sie einen wirksamen ersten Schutz gegen mechanische Attacken und sogar gegen Feuchtigkeit bieten. Auch in Bremen. „Wir hatten im Magazin einen Wassereinbruch“, erinnert sich Brigitta Nimz, „und die Kartons haben eine Menge abgehalten.“
Dort, im Magazinturm, ist auch die „Archivalienaufnahme“ mit Lastwagenrampe, wo angeliefert wird, was das Staatsarchiv nach Ablauf der jeweiligen Fristen an Fallakten der Justiz oder beispielsweise Unterlagen der senatorischen Behörden in seinen Bestand aufnimmt, sagt Brigitta Nimz. Sie ist die Leiterin der Abteilung Information und Dokumentation beim Staatsarchiv und für die Benutzerberatung zuständig. „Was aufgenommen wird, entscheiden wir.“ Sie kümmert sich um die Bereiche Kultur, Justiz und Wissenschaft. Zu den Aufgaben des Archivs zähle es auch, die Arbeit der Verwaltung nachvollziehbar zu machen, in der Regel gälten fünf bis 20 Prozent der Akten als „archivwürdig“.
Was da in Umzugskarton und Aktenordnern ins Haus kommt, ist bereits vorgesichtet und zum Verbleib bestimmt, „aber so können die Unterlagen natürlich nicht bleiben“, sagt die promovierte Expertin. „Für manche ist es ja die höchste Form der Archvierung, Klarsichthüllen zu verwenden, aber das ist gar nicht gut. Der Weichmacher geht in das Papier über, das sich dann ganz klebrig anfühlt.“ Kunststoff muss also entfernt werden, ebenso Metall, wie es beispielsweise Heftschienen enthalten, das rosten kann.
Vom Foyer des Staatsarchivs, in dem noch ein Urkundentresen steht, in dem vor Jahrhunderten die Dokumente über Markt-, Wege- und Grundstücksrechte der Stadt aufbewahrt wurden, geht es weiter in den Lesesaal. Dort ist auch die Benutzerberatung, die bei der gezielten Suche hilft, wenn jemand zum Beispiel etwas über seine Straße, seine Schule oder einen Verein erfahren will. Zunehmende Digitalisierung und das neuen Informationssystem Arcinsys helfen dabei, auf Entdeckungstour zu gehen.
Zu den Schätzen des Hauses, erzählt Restauratorin Marit Karlsen am Ende der Tour in ihrer Werkstatt, gehöre auch das Upstalsboomsiegel des Archivs aus dem Jahr 1324 – „eines von zweien auf der ganzen Welt“. Bisher hat sie Kopien im direkten Silikon-Abgussverfahren hergestellt. „Das hat mich an den Rand des Herzinfarkts gebracht“, sagt Karlsen. Kürzlich sei erstmals ein Drei-D-Druck-Verfahren genutzt worden. „Das ist eine enorme Erleichterung.“ Für die Zukunft.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
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