
Mehr Homeoffice und Internetshopping, kaum Partys und weniger Reisen: Corona hat das Leben der Menschen in vielen Bereichen durcheinandergewirbelt. Entsprechend hat sich aufgrund der Pandemie auch die Kriminalität verändert, wie die jährliche Statistik zu den Verbrechen im Land zeigt. Die Bremerinnen und Bremer halten sich seit Monaten viel zu Hause auf, es sind also schlechte Zeiten für Wohnungseinbrecher. Ein Minus von 20,7 Prozent zeigen die Zahlen in dieser Rubrik, dafür gab es rund 34 Prozent mehr Einbrüche in nunmehr leere Büros oder Werkstätten.
Ein anderes, auch durch Corona bedingtes Phänomen: Die zu Hause sitzenden Bremer sind häufiger im Internet unterwegs - die Kriminellen aber auch. Im Vergleich zu 2019 stiegen die Fälle von Straftaten in Verbindung mit dem Internet um 58,3 Prozent, in absoluten Zahlen ausgedrückt: 2019 verzeichneten die Bremer Ermittler 580 Fälle von Internetkriminalität, im Jahr 2020 waren es 918. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) formulierte es so: „Es kommt immer auf die Tatgelegenheiten an. Diese These stimmt, wie sich zeigt. Man kann sich ja vorstellen, was jetzt zum Beispiel nachts auf der Discomeile los ist, nämlich nichts.“ Marco Lübke, innenpolitischer Sprecher der Bremer CDU-Fraktion, fordert angesichts des Anstiegs der Internet-Delikte eine „Cyber-Polizei“. „Die Bremer Polizei ist für die Aufklärung dieser sprunghaft gestiegenen Fälle nicht ausgestattet“, sagte er.
Ein Plus von 15,8 Prozent gab es bei Fällen von häuslicher Gewalt, das zeigt die Kriminalstatistik ebenfalls. Das sei bedrückend, sagte Mäurer. Zumal die 2153 Fälle (2019: 1860), in denen ermittelt wurde, nur das sogenannte „Hellfeld“ darstellten. Ein vermutlich nicht geringer Teil der Vorfälle sei aufgrund wochenlang geschlossener Kitas und Schulen Außenstehenden verborgen geblieben. Aufgrund der Kontaktverbote sei es für viele Opfer auch schwieriger gewesen, sich Unterstützung bei Freunden oder Verwandten zu holen. „Das Dunkelfeld ist erheblich“, sagte Jürgen Osmers, Leiter des Landeskriminalamtes. Insbesondere Frauen und Kinder müssten besser geschützt werden, sagten Birgit Bergmann, Sprecherin für Innenpolitik in der FDP-Fraktion, und Maja Tegeler, gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion - unter anderem durch präventive Täterarbeit und Selbstbehauptungskursen für Mädchen.
Dass es bei Mord und Totschlag (zwölf Fälle) und bei den Versuchen (35 Fälle) einen Anstieg gab, liegt laut Polizeivizepräsident Dirk Fasse daran, dass im vergangenen Jahr insgesamt 25 Fälle abgeschlossen werden konnten, in denen lange ermittelt worden war. Nehme man aber die Tatzeitstatistik als Grundlage, sagte Mäurer, liege Bremen mit fünf Tötungsdelikten im vergangenen Jahr auf demselben Niveau wie zuvor. Zurückgegangen ist die Quote der Delikte, bei denen Senioren die Opfer waren: minus 19 Prozent. Für Kevin Lenkeit, innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, ist das ein Zeichen für erfolgreiche Aufklärungs- und Präventionsarbeit. „Die Täter und Täterinnen haben immer seltener Erfolg mit ihren Maschen“, sagte er angesichts 79 Prozent gescheiterter Versuche.
Für hohe Zahlen im Bereich Kriminalität mit Betäubungsmitteln (5255 Delikte von Konsumenten im Vergleich zu 2780 im Jahr 2019) und der Steigerung um 57,2 Prozent beim Betrug mit Waren oder Warenkredit-Delikten sind sozusagen Polizeistudenten verantwortlich. Als die Hochschule für öffentliche Verwaltung in den Lockdown ging, nahmen sich die Studierenden im Rahmen ihrer Ausbildung Tausende Altfälle vor. „Das war Glück im Unglück“, sagte Fasse, „so konnten wir 2000 Vorgänge, die auf Halde lagen, abbauen.“
Insgesamt stehen in der Statistik für das Land Bremen 80.869 Straftaten (davon Bremerhaven: 13.306), das sind 2641 mehr als 2019. Aufgeklärt werden können 51,5 Prozent der Fälle, laut Innenressort ein Höchststand seit 1996. „Man muss dabei sehen, dass die Masse der Straftaten Eigentumsdelikte wie Diebstähle sind“, sagte Mäurer, „in diesem Bereich ist die Aufklärungsquote sehr niedrig.“ Kapitalverbrechen würden zu 99 Prozent aufgeklärt.
Gewalt gegen Polizisten
In 423 Fällen wurden Polizistinnen und Polizisten laut der Kriminalitätsstatistik im vergangenen Jahr selbst zu Opfern. Das bedeutet den höchsten Stand seit der Erfassung dieser Kategorie im Jahr 2014. Im Jahr 2019 hatte es 406 Fälle von Gewalt gegen Polizisten gegeben. Beleidigungen werden in dieser Kategorie nicht mitgezählt, es geht um tätliche Angriffe und Widerstand. Die Aufklärungsquote ist von 96,1 Prozent (2019) auf 91,9 Prozent im vergangenen Jahr gesunken. Ein Zusammenhang zwischen den gestiegenen Zahlen und den Corona-Maßnahmen sei nicht messbar, sagte Polizeivizepräsident Dirk Fasse. Aus seiner Sicht handele es sich meist um Einzelfälle. „Aber das Thema treibt mich mit Sorge um. Es betrifft nicht nur unsere Kollegen, sondern auch Ärzte und Sanitäter.“ Bremerhavens Polizeichef Harry Götze sprach von „blankem Hass“, der Vollzugsbeamten oftmals entgegen schlage. Er könne einen Zusammenhang mit Corona nicht ausschließen. „In Teilen der Bevölkerung ist der Frust sehr groß. Wir stellen fest, dass die Zahlen steigen“, sagte er.
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