
Wer leert Anfang Juli 2018 in Bremen die Mülltonnen, wer reinigt Straßen und Plätze? Das ist zwar noch nicht entschieden, doch der Kreis der Unternehmen, die dafür infrage kommen, steht inzwischen fest. Ein Jahr vor der teilweisen Rekommunalisierung der Bremer Abfallwirtschaft laufen im Umweltressort die Vorbereitungen für den Systemwechsel auf vollen Touren.
Dass es keine erneute Beauftragung eines privaten Entsorgers geben wird, ist schon länger klar. Das rot-grüne Regierungsbündnis hatte sich in seinem Koalitionsvertrag darauf verständigt, Müllabfuhr und Straßenreinigung wieder zu einer kommunalen Angelegenheit zu machen. Die Chance eröffnete sich, weil der Vertrag der Stadt mit dem Bremer Entsorgungsunternehmen Nehlsen beziehungsweise dessen Tochter Eno Mitte 2018 ohnehin ausgelaufen wäre.
Privater Entsorger übernimmt die Mehrheitsanteile
Statt die Dienstleistung europaweit neu auszuschreiben, entschied sich Rot-Grün für eine einigermaßen komplizierte Konstruktion. Rechtlicher Träger der Entsorgung wird eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), eine staatsnahe Unternehmensform also. Unter ihrem Dach erledigen ab 1. Juli 2018 zwei privatrechtlich verfasste Unternehmen Müllabfuhr und Straßenreinigung.
Die AöR wird mit 49,9 Prozent jeweils Minderheitsgesellschafter, ein privater Entsorger übernimmt die Mehrheitsanteile. Rund 100 Mitarbeiter des Umweltsenators und des Umweltbetriebs Bremen wechseln bereits zum 1. Januar 2018 in die AöR.
Dort werden sie das tun, was sie bisher auch schon taten, nämlich unter anderem Gebührenbescheide ausstellen und das Leistungscontrolling über die privaten Entsorger ausüben. Inzwischen ist auch klar, wo die AöR ihr Quartier beziehen wird: Sie mietet neue Büroräume in der Überseestadt.
Bewerbungsfrist im vergangenen Monat abgelaufen
Im Frühjahr hatte die Stadt die Suche nach den privaten Partnern unter dem Dach der AöR gestartet. Bestandteil der Ausschreibung war unter anderem diese Bedingung: Wer den Zuschlag erhalten will, muss nachweisen, dass er Müllabfuhr beziehungsweise Straßenreinigung bereits in einer vergleichbaren Großstadt erfolgreich betreibt.
Im vergangenen Monat ist die Bewerbungsfrist abgelaufen. Dabei sollten die Anwärter vor allem ihre finanziellen Vorstellungen nennen. Wie viele Unternehmen ein Gebot abgegeben haben, weiß nicht einmal Umweltstaatsrat Ronny Meyer, bei dem die organisatorischen Fäden der Rekommunalisierung zusammenlaufen.
Da stutzt man: Der Chef weiß nicht, wer sich bei ihm bewirbt? „Das ist so gewollt“, sagt Meyer. Nun eine sehr kleine, abgeschottete Mannschaft sammelt, sichtet und bewertet die eingegangenen Bewerbungen. Alle vergaberechtlich relevanten Dateien in der Behörden-EDV sind passwortgeschützt.
Genügend Stolperdrähte für die Akteure
Es wird ein hoher Aufwand getrieben, um sicherzustellen, dass erst gar nicht der Verdacht von Mauschelei oder politischer Einflussnahme bei der Auswahl der privaten Partner der AöR aufkommt. Der weitere Zeitplan sieht nun so aus: In den nächsten Wochen werden mit den Bewerbern Gespräche geführt.
Danach haben die Firmen Gelegenheit, ihre Offerte in Sachen Leistungsumfang und Preis weiter zu konkretisieren und ein „finales Angebot“ vorzulegen. „Im November werden wir voraussichtlich eine Entscheidung haben“, kündigt Ronny Meyer an. Entspannen kann sich der Umweltstaatsrat dann allerdings nicht, denn es gibt noch genügend Stolperdrähte für die Akteure.
Denkbar ist beispielsweise, dass ein unterlegener Bieter klagt, was das weitere Verfahren gefährlich in die Länge ziehen könnte. Unklar ist auch, wie die Logistik der Bremer Abfallwirtschaft aussehen soll, falls der gegenwärtige Betreiber Nehlsen/Eno bei der Ausschreibung nicht zum Zuge kommt.
Alternative Flächen sind kaum denkbar
Als die Stadt 1998 die Müllabfuhr privatisierte, vereinbarte sie in den Verträgen mit Nehlsen keinerlei Rückkaufsrecht für die Grundstücke und Betriebshöfe, wo der Müll umgeschlagen wird. Alternative Flächen, die sich bis 1. Juli 2018 auf die Schnelle herrichten ließen, sind eigentlich kaum denkbar. So könnte es sein, dass die AöR die Grundstücke für sehr teures Geld von Nehlsen zurückkaufen muss, falls in der Ausschreibung ein anderer Anbieter zum Zuge kommt.
Ein ganz konkretes Problem steht derweil bereits im Raum. Die Stadt hatte Anfang des Jahres entschieden, für die Bezahlung der Müllwerker und Straßenreiniger unter dem Dach der AöR den Branchentarif anzuwenden, der zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem Bundesverband der deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) vereinbart ist. Inzwischen muss man aber sagen: vereinbart war.
Vor Kurzem platzten nämlich die Verhandlungen über eine Fortschreibung des Regelwerks. „Wir können den Tarifvertrag nicht mehr anwenden“, bedauert Ronny Meyer. „Wir brauchen deshalb eine politische Lösung, falls Verdi und der BDE nicht mehr zusammenkommen.“ Die Zukunft der Bremer Abfallentsorgung ist also noch längst nicht in trockenen Tüchern. Rot-Grün muss hoffen, dass sich keines der beschriebenen Probleme zu einer ernsthaften Bedrohung des Systemwechsels am 1. Juli 2018 auswächst.
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