
Der Unmut ist groß. „Das ist ein Skandal“, sagt der Bremer Fotograf Thomas Schütze. Grund für seine Empörung sind Pläne des Bundesinnenministeriums: Wer einen neuen Pass oder Personalausweis beantragt, soll das Foto in Zukunft direkt bei der zuständigen Behörde machen lassen in Gegenwart eines Mitarbeiters. Damit soll das Dokument besser vor Verfälschung geschützt werden. Schütze sieht jedoch keinen Grund dafür, dass die Bilder nur noch unter Aufsicht gemacht werden dürfen – und erwartet allein Umsatzeinbußen für die Branche. In seinem Studio machten die Passbilder ein Fünftel des Geschäfts aus: „Das ist eine Menge Holz auf das Jahr.“
Anlass für die Neuregelung ist nach Angaben des Ministeriums die Sorge vor Bildmanipulationen durch sogenanntes Morphing. Dabei werden mehrere Fotos zum Bild eines einzigen Gesichts verschmolzen. „Ist ein auf dem Pass enthaltenes Lichtbild auf diese Weise manipuliert, kann nicht nur der Passinhaber, sondern unter Umständen auch eine dritte Person, deren Gesichtszüge im Passbild enthalten sind, den Pass zum Grenzübertritt nutzen“, heißt es im Entwurf.
Schütze hält diese Angst für unbegründet. Mitarbeiter in der Behörde müssten doch sehen können, ob ein Foto seine Richtigkeit habe. In anderen Ämtern sei es zudem möglich, Fotos digital zu schicken. Das sei bequemer für die Bürger und erhöhe zudem die Qualität des Bildes. Und das richtige Format könne sogar für mehr Sicherheit sorgen: Im Format Raw, quasi ein digitales Negativ, seien jegliche Veränderungen sichtbar.
Das Ministerium argumentiert, es sei nötig, die Dokumente fälschungssicher zu gestalten, damit deutsche Bürger auch in Zukunft visafrei in die meisten Staaten reisen könnten. Betroffene Verbände haben noch bis Ende des Monats Zeit für eine Stellungnahme zu den Plänen des Innenministeriums. Danach berät die Bundesregierung intern, bevor sie einen Kabinettsbeschluss fasst.
Die Neuerungen sollen nach einer Übergangszeit von zwei Jahren in Kraft treten – falls Bundestag und Bundesrat innerhalb der kommenden Monate zustimmen – also spätestens im Sommer 2022. Die Kosten für die 11.000 Selbstbedienungsterminals für insgesamt 5500 Pass- und Ausweisbehörden sollen in den nächsten fünf Jahren bei 177 Millionen Euro liegen.
Die Veränderungen träfen auch Wiesenhavern in Bremen. Das Fotofachgeschäft, das zur Foto-Gregor-Gruppe aus Köln gehört, hat zwar einen Schwerpunkt bei Zubehör. Doch Passbilder seien ebenfalls von Bedeutung, sagt eine Bremer Mitarbeiterin: „Das ist eine Einnahmequelle, die dann wegfällt.“ Der Präsident des Handelsverbands Deutschland und der Vorsitzende des Bundesverbands Technik des Einzelhandels äußerten ihre Bedenken in einem Brief an Innenminister Horst Seehofer (CSU). Der Plan würde „Millionenumsätze im Handel vernichten“.
Denn die Fotohändler erzielten mit den Passbildern nicht nur den höchsten Deckungsbeitrag, der Service bringe auch maßgeblich Kundenfrequenz. „Angesichts der ohnehin angespannten Lage im stationären Einzelhandel stellt dies eine existenzielle Bedrohung für viele mittelständische Unternehmen dar.“ Thomas Schütze erwartet ebenfalls, dass ein relevanter Markt wegbricht und das nicht ohne Folgen bleibt. Um seine eigene Existenz sorgt er sich nicht.
Doch auch ihm bringe das Passgeschäft Folgeaufträge. Kunden fragten bei Nachwuchs oder der Hochzeit erneut an, wenn sie mit seiner Arbeit zufrieden seien. Der Fotograf ist skeptisch auch angesichts der zusätzlichen Aufgabe für die Behörde: Schon heute berichteten Kunden von Engpässen in Bremen. Babys und Kleinkinder zu fotografieren sei nicht leicht, ältere Menschen bräuchten sicher Hilfe. Grundsätzlich sei er der Ansicht, dass biometrische Vorgaben für die Passfotos nicht mehr zeitgemäß seien. Heute sei die Bilderkennung längst weiter. „Lasst uns doch wieder lachen!“
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