
Donald Trump war auch da. Nicht persönlich natürlich. Aber als am Mittwochabend Wissenschaftler und Bürger im Haus der Bürgerschaft über die Frage diskutierten, was man gegen den zunehmenden Populismus in der Welt und auch in Deutschland unternehmen könnte, war der US-Präsident ein ums andere Mal im Saal präsent.
Ist Trump ein Populist? Zumindest ist er kein Rechtsextremer, sagte der Politikwissenschaftler Martin Nonhoff, der an der Bremer Universität forscht und lehrt. Nonhoff war von der Bürgerschaft eingeladen worden, sich gemeinsam mit der in Rennes in Frankreich arbeitenden Philosophin Catherine Colliot-Thélène an der Frage abzuarbeiten, wie dem Populismus beizukommen ist.
Einer wie Trump, ganz klar, er gilt als Populist, als einer, der mit scheinbar einfachen Lösungen die großen Probleme der Bürger zu lösen verheißt und dies auch volksnah zu verkaufen weiß. Mit dieser Strategie erzielte er zumindest einen Wahlerfolg.
Dünne Ideologie
In Frankreich schickt sich die Rechtsnationale Marine Le Pen an, die gemäßigten Kräfte zu übertrumpfen, und auch in Deutschland wähnt man die AfD bereits im nächsten Bundestag. All diese Akteure haben Strategien entwickelt, um die Menschen an sich zu binden.
Nonhoff zufolge ist nicht jeder, der gewinnend mit bürgernahen Themen hantiert, gleich ein Populist. Nach seiner Einschätzung verbinden Populisten eine dünne Ideologie mit der Vorstellung, dass eine korrupte Elite dem reinen Volk gegenübersteht und daher abgelöst werden müsste. Zugleich sei auch nicht jede Elitenkritik gleich als Populismus zu deuten, betonte der Politologe vor den rund hundert Gästen im Festsaal des Parlamentsgebäudes.
Kritik an Führungspersonen sei in liberalen Demokratien sogar erwünscht: Die Eliten müssten es aushalten, ihr Handeln rechtfertigen zu müssen, so Nonhoff. Die Kritik an den Herrschenden, wie sie etwa von aufstrebenden rechten Parteien geäußert wird, wird aber undemokratisch, wenn die Kritiker sich selbst von der Kritik ausnehmen: „Wenn die Politik behauptet, dass es nur einen Weg gibt, dann ist die Politik beendet“, sagte Nonhoff.
"Es gibt Menschen, die sich als Verlierer betrachten"
Nach Ansicht der Philosophin Colliot-Thélène wird der Populismus-Vorwurf zurzeit zu häufig, geradezu inflationär geäußert: Im französischen Präsidentschaftswahlkampf gebe es kaum einen Kandidaten, der nicht schon als Populist bezeichnet worden wäre. Allgemein beobachte sie ein zunehmendes Misstrauen gegen Vertreter der liberalen Demokratien.
Als Auslöser betrachtet Colliot-Thélène die Auswirkungen der neoliberalen Wirtschaftspolitik der vergangenen dreißig Jahre. „Es gibt Menschen, die sich als Verlierer betrachten“, sagt die Französin, und es gebe zugleich Regierungsparteien, die es aufgegeben haben, sich um diese Menschen zu kümmern.
So sei in Paris öffentliche Infrastruktur, etwa in Form von Polizeirevieren, in von Armut betroffenen Wohnvierteln abgebaut worden. Colliot-Thélène stellte damit ungewollt einen Bezug zur Bremer Tagespolitik her, in der auch gerade die Neuordnung der Polizeirevierstruktur diskutiert wird. Entgegentreten könne man dem Misstrauen der Bürger nur, indem man die sogenannten Globalisierungsverlierer regierungsseitig nicht im Stich lässt. Dabei gelte es, nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch soziale Ungleichheit zu bekämpfen.
Populismus als Teil einer Meinungsvielfalt
Obendrein brauche es so etwas wie eine demokratische Erziehung. Damit meint sie nicht nur den Politikunterricht in der Schule, sondern sie formuliert den Anspruch, dass die Herrschenden ihrer Vorbildfunktion gerecht werden müssen, indem sie sich schlichtweg an die Gesetze halten. Auf diese Weise könnte Populisten der Nährboden entzogen werden.
Der Bremer Politologe Martin Nonhoff betrachtet den Populismus aber auch als Teil einer Meinungsvielfalt, die man aushalten müsse. Er rät dazu, mit dieser Vielfalt entspannt umzugehen und nicht immer gleich auf den höchsten Gang der Erregung zu schalten, wenn ein Rechtspopulist mit seiner Weltsicht aneckt. Man müsse die Konfrontation nur dann suchen, wenn das Thema relevant ist.
Einem Zuhörer reichte diese Handlungsanleitung nicht: Es bringe doch nichts, mit Populisten zu verhandeln, sagte er und bat um weitere Vorschläge. Laut Nonhoff wiederum zeige sich durchaus, dass es sich lohnt, Populisten geduldig entgegenzutreten. So gingen die Umfragewerte der AfD mittlerweile wieder zurück. Allerdings lasse sich eben nicht jeder Mensch umstimmen: „Das ist der Preis einer freien Gesellschaft. Wir können nicht jeden erreichen oder überzeugen“, sagte Nonhoff. Ansonsten helfe nur Zwang. „Aber Zwang und Freiheit – das passt nicht zusammen.“
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