
„Ich hoffe, dass ich noch ein wenig gesund bleibe, damit ich weitermachen kann“, sagt Hermann Nienaber, Inhaber der Firma „Lätzsch Custom Brass“. Der 65-jährige ist gelernter Metallblasinstrumentenbauer und fertigt seit nunmehr 50 Jahren Blechblasinstrumente mitten in einer Wohnstraße im Viertel.
„Man sagt ja ,Wer montags mit der Lehre beginnt, der scheitert', daher habe ich meine Ausbildung an einem Sonnabend begonnen“, erinnert er sich. Am 1. April 1967 war das, zuvor kam ein entfernter Verwandter, Herbert Lätzsch, mal zu Besuch und empfahl dem jungen Hermann Nienaber, er solle sich doch mal die Werkstatt und das Handwerk des Metallblasinstrumentenbauers ansehen. „Und so bin ich hier hängen geblieben“, sagt er und meint damit sowohl die Tätigkeit als auch den Ort, der sich schon damals an der gleichen Stelle in zwei nebeneinanderliegenden Bremer Häusern in der Schmidtstraße befand.
60 bis 70 Instrumente pro Jahr
Seitdem baut er Blechblasinstrumente, vor allem aber Posaunen. Mit denen hat sich die Firma Lätzsch weltweit einen Namen gemacht: „Der Name ,Lätzsch' war schon damals ein Begriff in der Welt“, erzählt Hermann Nienaber. 1978 hat er den Meisterbrief erhalten, ein Jahr später stieg er in die Firma ein, 1984 übernahm er sie ganz: „Das war aber auch eine Verpflichtung hoch drei, wenn bereits ein Name da ist“, erinnert sich Nienaber. Doch er erfüllte die hohen Erwartungen, sodass bis heute Menschen aus aller Welt bei Lätzsch Instrumente kaufen: „Japan, Amerika, Skandinavien, im Grunde liefern wir weltweit“, berichtet er.
Pro Jahr verlassen 60 bis 70 Instrumente die Werkstatt, die meisten werden verschickt. Oftmals kommt der Kunde vorher zur Besprechung vorbei, anschließend wird das Instrument gebaut und an den Käufer versendet, damit er es ausprobieren kann. „Und wenn das okay ist, wird das Instrument für die Hochglanzlackierung wieder zu uns geschickt.“ Zwischen 3500 Euro für eine Altposaune und bis zu 14 000 Euro für eine sogenannte Cimbasso-Posaune muss der Kunde aufbringen.
Musiker liefern Ideen
Viele Ideen für den Instrumentenbau stammen von den Musikern selbst. „Dann muss man sehen, wie man das umsetzt. Aber da wir eine kleine Werkstatt sind, können wir auf alle Wünsche eingehen, das ist ein Vorteil.“ Ein Kunde hat ihm einmal die Maße für eine Tenorposaune gegeben, und dieses Instrument ist nun als „Modell Kuhn“ erhältlich, benannt nach dem beteiligten Musiker. Die Posaune ist Bestandteil des Katalogs.
„Und der Bassposaunist der Berliner Philharmoniker hat sogar eine Zeichnung abgeliefert“, kann Nienaber berichten, „das ist nun das ,Modell Cieslik'.“ Hundert Jahre halte ein solches Instrument, was eigentlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein wenig zu lang sei, meint er dann aber eher scherzhaft. „Denn wenn das durchgammeln würde, wäre es ja auch blöd.“
Haus platzt aus allen Nähten
Neben Hermann Nienaber arbeiten noch drei Angestellte in der Werkstatt, zudem erledigt seine Frau Heike die Buchführung, und auch Sohn Florian hat bald seinen Meisterbrief in der Tasche und ist seit nahezu acht Jahren im Betrieb.
Die 1949 gegründete Firma sollte wegen der umstrittenen Mozarttrassen-Pläne eigentlich aus der Schmidtstraße verschwinden, doch die Geschichte nahm bekanntlich einen anderen Verlauf: „Das wäre wirklich schade gewesen, obwohl das hier mit den Parkplätzen ja eher schlecht aussieht“, und auch die Räumlichkeiten sind naturgemäß begrenzt: „Das ist ein Altbremer Haus, das platzt aus allen Nähten, aber um was Neues zu suchen, müsste ich 30 Jahre jünger sein.“ So wohnt er mit seiner Frau im oberen Stockwerk, während unten die Instrumente gebaut und ausgestellt werden.
Keine Beschwerden über Lärm
Über Lärm hat sich jedoch noch kein Nachbar beschwert, ganz im Gegenteil: „Seit acht Jahren haben wir ein Weihnachtskonzert in der Straße, dann gibt es Glühwein, und die Nachbarn bringen was mit“, erzählt Heike Nienaber. 200 Menschen kommen inzwischen um den dritten Advent herum zusammen, um der Blaskapelle Oyten oder der Band „La Brass Banda“ zuzuhören, während Hermann Nienaber Glühwein ausschenkt und seine Frau durch die Reihen geht, um Geld für die Bremer Weihnachtshilfe zu sammeln. 780 Euro seien im vergangenen Jahr zusammengekommen, berichtet Heike Nienaber und findet, dass sich dadurch auch die Nachbarschaft viel besser kennengelernt hat. Der Ausklang des Weihnachtskonzerts findet dann traditionell im Haus statt, mit Bockwurst.
Ob es zu der von Heike Nienaber vorbereiteten Feier für 50 Jahre Metallblasinstrumentenbauer im Alten Fundamt auch Bockwurst gibt, ist nicht bekannt. Dass es sich aber so einige Gäste nicht nehmen lassen werden, zum Gratulieren vorbeizukommen, gilt als sicher: „Mal schauen, wer weltweit so eintrudelt“, sagt sie geheimnisvoll, und Hermann Nienaber entgegnet: „Weltweit? Dann kann ich ja nicht alles falsch gemacht haben.“
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