
Vor ein paar Tagen hat Antje Grotheer den Pfarrer ihrer Jugendgemeinde getroffen, und der hat ihr gratuliert. Sie erkundigte sich, wozu – zum Wahlergebnis der SPD, ihrer Partei, konnte es ja nicht sein. „Er hat dann gesagt: ,Dass es ein Mädchen aus dem Marßeler Feld es geschafft hat, Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft zu werden.' Das hat mich dann schon gefreut und bewegt“, sagt Grotheer.
Noch ist sie Bürgerschaftspräsidentin, aber ihre Amtszeit neigt sich nach nur gut zwei Monaten schon wieder ihrem Ende entgegen. Und sie wird der Juristin voraussichtlich gleich zwei Einträge in die Bremischen Geschichtsbücher einbringen – den als erste Frau in diesem Amt, und wohl auch den der Präsidentin mit der kürzesten Amtszeit. „Das ist schon ein bisschen bitter“, sagt Grotheer, „aber den als erste Frau nimmt mir keiner mehr.“
Am 27. März war die SPD-Politikerin als Nachfolgerin des verstorbenen Christian Weber vom Parlament gewählt worden. Wenn die neu gewählte Bürgerschaft voraussichtlich am 3. Juli zu ihrer ersten und konstituierenden Sitzung zusammenkommt, stellt erstmals seit Gründung der Bundesrepublik die CDU die stärkste Fraktion im Bremer Parlament – und damit auch dessen Präsidenten.
„Es ist bisher Konsens gewesen, dass der Parlamentspräsident von der stärksten Fraktion gestellt wird. Die anderen Parteien haben das mitgetragen“, sagt CDU-Bürgermeisterkandidat Carsten Meyer-Heder. Die Christdemokraten seien bei der Wahl mit 24 Sitzen stärkste Fraktion geworden. „Wir gehen davon aus, dass sich die anderen Parteien entsprechend auch unserem Vorschlag anschließen werden.“
Insgesamt also nur drei Monate im Amt – hätte Grotheer es auch dann gemacht, wenn das schon im Vorhinein festgestanden hätte? „Ja, auf jeden Fall“, sagt sie. „Und ich hätte sehr gerne noch weitergemacht. Aber so funktioniert Demokratie nun mal.“ Vor drei Monaten sei es für die SPD in den Umfragen ja auch schon knapp gewesen. „Ich wusste, worauf ich mich möglicherweise einlasse.“
Worauf sie sich tatsächlich eingelassen hat, hat die Mutter von vier Töchtern dann in vielen Fällen gefreut und manchmal auch ein bisschen überrascht. „Ich bin wirklich überall sehr freundlich aufgenommen worden“, sagt sie. „Viele Menschen haben mir gesagt, sie empfänden es als gutes Zeichen, dass eine Frau Bürgerschaftspräsidentin ist. Naja, vielleicht bis auf den einen E-Mail-Schreiber.“ Dieser erkläre ihr regelmäßig an Sonntagen, was sie seiner Ansicht nach alles falsch mache.
„Gemacht“ hat Antje Grotheer in den zurückliegenden Wochen vor allem Termine, sehr viele davon für die Kampagne „Ischa Waahl – #weilwichtig“, mit der die Bürgerschaft mittels eines großen Herzens am Roland, Flyern und Aufklebern in Bürgerhäusern und Kneipen, Aufrufen auf den Monitoren im Flughafen und Bussen die Bremer dazu animierte, möglichst zahlreich wählen zu gehen.
Schon als feststand, dass sie von ihrer Fraktion als Präsidentin nominiert werden würde, sei ihr klar gewesen, dass sie für eine höhere Wahlbeteiligung kämpfen wollen würde, sagt Grotheer. „Und es war dann mein absolutes Highlight zu sehen, wie schnell man in Bremen so etwas gemeinsam mit vielen Partnern organisieren kann.“
Zu den Leuten rausgehen, ansprechbar sein: Das sei ihr wichtig gewesen, sagt die Noch-Präsidentin. Einerseits, weil sie damit den Weg Christian Webers fortsetzte, dem es immer eine Herzensangelegenheit war, dass die Bremer ihre Bürgerschaft als offenes Haus und als Ort der Begegnung begreifen. Andererseits aber auch angesichts der politischen Lage, weil sie eben nicht wusste, wie lange sie im Amt bleiben würde. Antje Grotheer hat ihre Zeit als Präsidentin außerdem dazu genutzt, mal aus dem Politikbetrieb heraus- und in den Alltag einiger Bremerinnen und Bremer hineinzuschauen. Einen halben Tag hinter der Fleisch- und Käsetheke hat sie gestanden, sie hat in einen Hotelbetrieb hineingeschnuppert, den Helfern der Bahnhofsmission zugehört und ist mit den „Nachtwanderern“ (ein Projekt, bei dem Erwachsene Jugendliche nachts in Bussen im Bedarfsfall Hilfe anbieten, Anm. d. Red.) durch Bremen-Nord gegondelt. Und die Liste ist noch nicht abgearbeitet, im Wort steht sie als „Aushilfe“ für die Kantine der Gesamtschule West und auf einem Wochenmarkt.
„Als Abgeordneter wird einem oft vorgeworfen, dass man keine Ahnung von den Themen habe, die die Menschen bewegen“, sagt Grotheer. „Als Bürgerschaftspräsidentin wird einem der rote Teppich ausgerollt. Und diese Besuche geben mir viele Anregungen.“ Deshalb will sie sie auch fortsetzen, wenn sie in der neuen Legislatur wieder eine einfache Abgeordnete sein sollte. „Ich gehe erst mal davon aus“, sagt sie.
Wofür sie im Vorstand der Bürgerschaft auf jeden Fall noch werben will: Dass künftig auch Menschen, die man im Moment eher nicht bei den Veranstaltungen im Foyer oder Ausstellungen wie aktuell der des Karikaturisten Til Mette trifft, in die Bürgerschaft kommen. „Wir müssen auch die Jugend regelmäßig hier im Haus haben, in ihrer ganzen Breite“, sagt sie. Und eben nicht nur bei den „Fridays for Future“-Demos vor dem Eingang.
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Die bisher angefallenen Kosten sollte der Verursacher dieser "Panne", wenn es denn ...