
Es scheint eine Berufskrankheit zu sein. Gerade jene, die anderen Rast bieten, sind selbst oft die Rastlosesten. So auch Gerrit Weber. Seit 2013 betreibt er mit seinem „Im Stillen Frieden“ nämlich schon ein gut laufendes Ausflugslokal. „Aber nach sieben Jahren hatte ich einfach Lust auf was Neues“, sagt Weber, der seit vergangenen Sommer auch das Medoo besitzt.
„Keine Gourmetküche, aber sehr bodenständig“, beschreibt er das an der französischen Küche orientierte Lokal. Weiterhin finden sich hier neben wechselnden Fisch- und Fleischgerichten allerlei Crêpe- und Salatvariationen, die wir an einem gewöhnlichen Sommertag natürlich auf der Terrasse mit einem Glas Wein probiert hätten. An diesem ungewöhnlichen Wintertag müssen dann eben der Kamin und ein großzügigeres Glas für den Stimmungsausgleich sorgen.
Wir starten mit dem Klassiker: Medoo Salat (11,90 Euro). „Eine gute Portion“, bezeichnet der 37-Jährige das, was beim Anblick fast noch zu bescheiden klingt. Denn der Teller, der aus Blattsalat, Rettich, Gurke, Tomate, Paprika, Rotkraut, Weißkraut, Sellerie, Möhre, Beete, gebratenen Zucchini, Aubergine, Paprika, Champignons, Oliven, Blätterteig- sowie Crêpetasche besteht, ist mindestens eine sehr gute Portion.
Was den Geschmack betrifft, ist Weber von seinem „absoluten Signature“ überzeugt: „Für Salatfans eine tolle Sache, weil es sehr vielfältig ist. Und für welche, die kein Fleisch essen, hat man eine unglaubliche Vielfalt.“ Richtig. Und doch ist mein Empfinden so wie der Salat: durchmischt. Üppigkeit und Reichhaltigkeit sind die Fürs, die bemerkenswerten Antipasti gar die Kür meiner Pro-Haltung. Auf Contra-Seite stehen die beidseits als leider trocken und fad, immerhin hausgebackene Brotbeilage zu Buche – sowie persönlich der Umstand, dass die an sich schöne Dressingidee aus Banane, Mango und Orange in der Masse untergeht. Weniger ist manchmal mehr – und unser folgendes Gericht liefert den Beweis.
Probiert und empfohlen: Es gibt Süßkartoffelgratin mit einer Mini-Replik des vorherigen Salates (10,50 Euro). Eine im wahrsten Sinne schöne Abwandlung des Klassikers, der zuweilen eher blass und dröge wirkt. Diese Variante fällt aber nicht nur mit satter Farbe auf, sondern auch in den Details. So sind Ziegenkäse und Parmesan für den Käse, was Fenchel- und Auberginenscheiben fürs Gemüse bezwecken: unterschiedliche Nuancen, die zusammen eine harmonische Fraternité formen.
Ob die ganzen Rosmarinzweige, die sich in manchen Schichten tummeln, dieses Bild eher authentisch unterstreichen oder störrisch ankratzen, sei als Notiz erwähnt, für die Wertung aber dem Selbsturteil überlassen. Ich feiere es, wie überhaupt die ganze Komposition. Und auch vom Gastgeber gibt es großes Lob, allerdings norddeutsch ausgedrückt: „Ne, sehr lecker.“
Dass das Medoo ein Lokal ist, dessen Küche sowohl von deutschen als auch französischen Einflüssen inspiriert ist, zeigt sich eindrücklich bei unserem Schlussakt (15,50 Euro), wenn auch auf uninspirierteste Weise. So finden sich mit Kartoffelgratin und Rotkohl einerseits sowie Lammschmortopfes andererseits Stellvertreter deutsch-französischer Traditionen zusammengebracht, die zunächst weder Freund noch Feind sind. Doch die immerhin optisch gute Miene entpuppt sich schnell als böses Spiel.
Das wunderbar zarte Lammfleisch und der würzig-dichte Rotweinsud haben so viel Kraft und Saft, dass es nicht zweier weiterer Schwergewichte bedarf. Okay, Gratin und Rotkohl sind solide. Aber was ist ihr Auftrag? Grazie ist gefordert. Schlichte Begleitungen wie Reis oder ein einfaches Baguette, welche die Soße aufnehmen und das Geschmacksbild harmonisch abrunden würden, nicht damit konkurrieren. „Danke für den Tipp“, nimmt mein Gegenüber die Kritik konstruktiv auf und weist darauf hin, dass bei Bestellung gewöhnlich die Wunschbeilage abgefragt werde. Hätte ich das doch nur vorher gewusst, mein Lob wäre hymnisch ausgefallen. So aber stimme ich in Webers Worte ein und verbleibe hanseatisch: „Doch, bin zufrieden. Geht durch“.
Temi Tesfay hat Hunger auf Bremen. Auf seinen wöchentlichen Streifzügen durch die heimische Gastroszene hat er schon viele Küchen, Köche und kulinarische Schätze der Stadt kennengelernt. Unter dem Titel „Ein Bisschen Bremen“ schreibt er außerdem einen Foodblog.
Medoo, Friesenstraße 103, 28203 Bremen. Nicht barrierefrei. Telefon: 0421/735 50. Öffnungszeiten: täglich von 12 bis 20 Uhr. Lieferung via Lieferando möglich.
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