
Die Entwürfe des New Yorker Star-Architekten Daniel Libeskind haben in Bremen für viel Gesprächsstoff gesorgt: Nun hat die rot-grün-rote Koalitionsrunde die Pläne für das Sparkassen-Areal am Brill gekippt. Ein künftiger Senat aus SPD, Grünen und Linken werde die Investoren auffordern, deutlich zurückhaltender zu bauen. Das bestätigte Maike Schaefer, Verhandlungsführerin der Grünen, dem WESER-KURIER. Die Geschossfläche des umstrittenen Projekts soll annähernd halbiert werden. „Man braucht eine Akzeptanz vor Ort. Die Bremer haben es verdient, dass die Gestaltung eines Herzstücks dieser Stadt den Vorstellungen vieler Bewohner gerecht wird“, sagt Schaefer.
Die Investoren sind keine Geringeren als die Brüder Pinchas und Samuel Schapira aus Israel. Ihr Unternehmen besitzt ein kaum noch überschaubares Geflecht aus Immobilien, Einkaufszentren und Altenpflegeheimen. Für das Brüderpaar hat Libeskind einen Entwurf vorgelegt, der mehr als 70 000 Quadratmeter Geschossfläche für Geschäfte, Büros und Wohnungen vorsah. Hingucker des Objekts sollen vier unterschiedlich hohe Türme sein, deren höchster jedoch stolze 98 Meter erreichen soll. Das ist so hoch wie der Bremer Dom.
Das Bauprojekt gilt als ein wesentliches Element für die Neugestaltung der City: Sozusagen ein Dreiklang aus Sparkassen-Areal, City-Galerie (jetzt noch Innenstadt-Parkhaus) von Unternehmer Kurt Zech und dem Balge-Quartier von Christian Jacobs im Bereich Langenstraße. Anfang April hatte Libeskind seine Pläne in Bremen vorgestellt. Danach hat ein regelrechtes Tauziehen um die vier Türme begonnen. Für die einen sind die Ideen des Star-Architekten ein großer Wurf, der Bremen zieren wird. Für die anderen sind die vier Türme eine Zumutung, die jeden Maßstab vermissen lässt und Obernstraße sowie Brill optisch erschlagen werden.
Der neue Weg heißt: Zurück zu den Dimensionen, die in dem städtebaulichen Wettbewerb vorgegeben waren, der im Januar 2018 entschieden worden ist. Das bedeutet eine maximale Nutzungsfläche von rund 40 000 Quadratmetern. Entsprechend kleiner würden dann auch die vier Türme ausfallen.
„Die Größe, die wir damals für verträglich gehalten haben, sollte auch eingehalten werden“, begründet Schaefer die Rolle rückwärts der Politik. Auch über die Feinplanung Libeskinds sind die Koalitionäre in spe nicht immer glücklich. So könne das „wunderschöne Gebäude“ in dem Gesamtensemble untergehen, ist zu hören. Auch eine „offene Fläche, die in das Offene führt“, sei städtebaulich wünschenswert. Die aktuellen Entwürfe hingegen sehen zum Brill hin eine Rundumbebauung vor.
Von den Gebrüdern Schapira – die als sehr öffentlichkeitsscheu gelten – lag am Mittwoch keine Reaktion zu den geplanten Beschränkungen für das Projekt vor. Auch ein Architektenwettbewerb für das Gelände wird nicht mehr ausgeschlossen. In dem Fall könnte sich auch Libeskind bewerben, heißt es lakonisch.
Das Kuriose: Anfangs war Libeskind gar nicht im Rennen. Für das 11 000 Quadratmeter große Areal hatte die Stadt einen Wettbewerb ausgeschrieben, drei Architekturbüros stellten ihre Ideen der Öffentlichkeit vor. Als spektakulärster Entwurf galt eine knapp 54 Meter hohe Pyramide. Eine Jury entschied sich aber für den Vorschlag des Architekturbüros Robertneun aus Berlin. Vorgesehen waren vier Bauteile als stattliche Häuser, davon zwei hohe Gebäude. Als besonderes Merkmal würdigte die Jury den behutsamen Umgang mit dem denkmalgeschützten Sparkassengebäude.
Eigentlich hatte der Siegerentwurf von Robertneun als Grundlage für das Bauleitplanverfahren und die weiteren Gespräche mit den Investoren dienen sollen. Doch daraus wurde nichts, plötzlich kamen die Schapiras mit der deutlich größeren Bruttogeschossfläche um die Ecke und zauberten den amerikanischen Stararchitekten aus dem Hut. Für Irritationen sorgte von Anfang an die Geheimniskrämerei um das 250 Millionen Euro teure Prestigeprojekt. Die Entwürfe wurden im Februar nur einer exklusiven Senatorenrunde im Rathaus gezeigt, erst auf massiven Druck bekam zwei Monate später auch die breite Öffentlichkeit die Skizzen zu Gesicht.
Eine „sehr gute Grundlage für die weitere Diskussion“ machte der damalige SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe aus, „höchst eindrucksvoll“ fand seine FDP-Kollegin Lencke Steiner den Libeskind-Vorschlag. Einen „qualitativen Sprung für die Innenstadt“ sah die Handelskammer.
Doch sehr bald erhob sich ein Proteststurm in den Leserbriefspalten des WESER-KURIER, massive Kritik übte auch Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki, der im Libeskind-Entwurf eine „Horizontverschmutzung“ sah. An eine geschlossene Festung erinnerten ihn die Vorstellungen des prominenten Architekten.
Ebenfalls wenig begeistert zeigte sich die Architektenkammer, die kein Verständnis dafür hatte, dass die Vorgaben des Wettbewerbs bei Libeskind keine Berücksichtigung fanden. Hinzu kam, dass der beauftragte Projektentwickler mit der Konkretisierung der Entwürfe auf sich warten ließ. Erst Mitte Juni trafen sich Vertreter des Investors mit Experten des Bau- und Wirtschaftsressorts, um über die Verbindlichkeit der Wettbewerbsvorgaben zu sprechen.
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Und so sehr ich das wünschte, so wenig glaube ich, dass das Verfassungsgericht ...