
Lange angemahnt, von vielen Seiten für notwendig befunden, nie umgesetzt: Für Kinder- und Jugendarbeit, die über den Stadtteil hinaus wirkt, braucht es ein eigenes Budget. Die Stadteilbudgets sind knapp bemessen. Das bekommen jetzt die Angebote des Sportgartens im Postamt 5 zu spüren. Ab Januar erhalten sie keine Förderung mehr aus dem Stadtteilbudget Mitte/Östliche Vorstadt für offene Kinder- und Jugendarbeit. Ob und wie es dort weitergeht, ist noch unklar
In diesem Jahr bekam der Sportgarten aus dem Topf noch rund 162.000 Euro und zusätzlich für die Angebote nahe des Bahnhofs 74.620 Euro. Das zusätzliche Geld fällt jetzt weg. Für 2018 bekommt der Sportgarten rund 161.000 Euro und müsste daraus nicht nur die Angebote in der Pauliner Marsch stemmen, sondern auch die im Postamt. Damit alles so aufrecht zu erhalten, wie es derzeit ist, scheint unmöglich.
Im ersten Obergeschoss im Postamt 5 verbinden sich Sport und Medien. Kinder und Jugendliche lernen dort den Umgang mit Computer, 3 D-Drucker und Laser-Cutter. Dafür ist der Sportgarten Kooperationen mit dem Fablab, dem Mobile Game Lab der Hochschule Bremen und dem Chaos Computer Club eingegangen. Schulen nutzen die Möglichkeiten, die diese Zusammenarbeit bietet. Dreimal die Woche kommen Klassen und Arbeitsgemeinschaften ins Postamt, erzählt Camillo Redecker, der seinen Bundesfreiwilligendienst beim Sportgarten ableistet und seinen Arbeitsplatz im Postamt hat.
Für viele der Jugendlichen sind die Stunden Bestandteil von Wahlpflichtkursen oder Pflicht-AGs, sagt Jendrik Bulk von der Hochschule, der die Medien-AG im Postamt 5 leitet. „Kinder wachsen mit Smartphones und Tablets auf“, sagt er. Nur wenige können einen Browser bedienen, manche wissen nicht einmal, was ein Browser ist. In der Medien-AG lernen sie verschiedene Programme kennen, drehen Filme auf der Skate-Anlage und schneiden sie. Auch Ausflüge zu rechtlichen Belangen machen die Gruppen: Welche Hintergrundmusik dürfen sie legal für ihre Filme nutzen? Was müssen sie beachten, wenn sie Filme auf Youtube veröffentlichen? Was ist das Recht am eigenen Bild? Die Klassen und Gruppen kommen aus dem gesamten Stadtgebiet. Die zentrale Lage des Postamts ist ideal für sie. Die Fakultät 4 der Hochschule, über die das Mobile Game Lab läuft, liegt am Flughafen. Ein viel zu weiter Anfahrtsweg für die meisten Nutzer. Die Gruppen teilen sich für die AGs. Während die eine Hälfte am Computer sitzt, tobt sich die andere auf der Skate-Anlage aus. Angeleitet von Arne Kattert, sausen sie mit BMX-Rädern die Rampen rauf und runter und bauen sich eigene kleine Parcours. Der 20-Jährige macht beim Sportgarten eine Ausbildung zum Sportfachmann. Er selbst fährt BMX seit zehn Jahren; seit er 15 ist bringt er den Sport anderen nahe. Von Beginn an war er in den Aufbau der Angebote im Postamt involviert.
Es seien junge Leute wie Arne Kattert und Camillo Redecker, auf deren Schultern sich die Angebote im Postamt verteilen. Und die nicht mehr bezahlt werden könnten, wenn eine Förderung ausbleibt, sagt Sportgarten-Vater Ulli Barde. Es sei auch nicht so, dass man versäumt habe, sich auf eigene Füße zu stellen. In die Angebote fließe sehr wohl ein großer Anteil Eigenleistung, beispielsweise aus Mitgliedsbeiträgen. Doch damit kann der Bedarf längst nicht gedeckt werden. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, so der Sportgarten-Chef.
Dabei scheint niemand die Wichtigkeit der Angebote in Frage zu stellen. Die Anlage wurde geschaffen, als die Skater den Bahnhofsplatz für das City Gate räumen mussten, das dort derzeit entsteht. An einen neuen Ort für die Skater knüpfte der Beirat Mitte seine Zustimmung zum Verkauf des City-Gate-Grundstücks. Wirtschaftsressort, Bausenator und andere Beiräte unterstützten die Einrichtung von Skater-Anlage und Medienlabor im Postamt 5. Dann überließen sie die „digitale Bildungsstätte“, wie Ulli Barde sie nennt, sich selbst. Förderung kam für dieses Jahr aus dem Stadtteilbudget.
„Wir haben Geld für das Postamt 5 nie gehabt“, sagt Joachim Kuhlmann, Referatsleiter „Junge Menschen“ beim Amt für soziale Dienste. Er ist auch der Vorsitzende im Controllingausschuss, in dem das Stadtteilbudget verteilt wird. Für 2017 haben sie Mittel fürs Postamt zusammengekratzt, damit nach der Einrichtung 2016 auch ein Betrieb möglich ist. Eine dauerhafte Förderung sei aus dem Stadtteiltopf nicht vorgesehen gewesen.
Ulli Barde sieht die Förderung weiterhin im Sozialamt angesiedelt. Schließlich leisten er und seine Mitarbeiter Sozial-, Integrations- und Inklusionsarbeit, stellten den Sportgarten mit seinen Angeboten als Projekt für strukturbezogene Armutsbekämpfung bei einem Gremium der Europäischen Union in Brüssel vor. „An der Sporthochschule Köln wird unser Modell diskutiert“, sagt Ulli Barde. Außerhalb Bremens sei es ein Vorzeigeprojekt, ein Leuchtturm für die Stadt. In Bremen erkenne man erst, was man hat, wenn es Gefahr läuft, zu verschwinden. Seinem Ärger darüber ließ er jüngst auf einer Sitzung des Beirats Mitte freien Lauf.
Inzwischen laufen Gespräche mit Vertretern der Stadt. Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung, dass am 1. Januar die Türen nicht für immer schließen müssen. „Wir haben Vertrauen“, sagt Ulli Barde. Vertrauen sei der Anfang von allem.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.
Ich habe eben darüber nachgedacht, ob er oder Kohfeldt als der schlechteste ...