
Wie sicher sind Bremens Hochhäuser im Falle eines Feuers? Die Katastrophe von London, wo im Juni beim Brand des Grenfell Towers fast 80 Menschen ums Leben kamen, lenkt den Blick auf mögliche Schwachstellen beim Schutz der Bewohner. In Bremen können die Behörden derzeit nur bei konkretem Verdacht auf Brandschutzmängel tätig werden. Die Linken in der Bürgerschaft fordern die Einrichtung einer „Sonderkommission Brandschutz“, um einen Überblick über mögliche Risiken zu gewinnen.
Bremen ist keine Großstadt mit ausgeprägter Hochhaus-Skyline. Nur wenige Dutzend Wohnhochhäuser gibt es im Stadtgebiet, dazu noch einige gewerblich genutzte Objekte, die ebenfalls die amtliche Definition des Hochhauses erfüllen. Von einem Hochhaus spricht man, wenn der Fußboden eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 Meter über der Geländeoberfläche liegt.
Hintergrund: Die Drehleitern der Feuerwehren erreichen in Deutschland nur eine Rettungshöhe von 23 Metern. Für höhere Gebäude sind zusätzliche Brandschutzvorkehrungen zu treffen, zum Beispiel abgetrennte Fluchttreppenhäuser. Als Standard gelten zudem Steigrohre für die Löschwasserversorgung, Rauchmelder, Entrauchungsanlagen und automatisch schließende Feuertüren.
Klassifizierung muss "nicht brennbar" lauten
Was die Baumaterialien angeht, insbesondere die seit dem Grenfell-Unglück in den Fokus gerückten Dämmstoffe, gilt in Bremen: „Schwer entflammbar“ genügt nicht, die Klassifizierung muss „nicht brennbar“ lauten. Das ist schon seit 1979 die Rechtslage. 2010 legte der Gesetzgeber nach. Die sogenannte Anlagenprüfverordnung bestimmte, dass die sicherheitstechnischen Vorrichtungen aller vorhandenen Hochhäuser von Sachverständigen unter die Lupe genommen werden müssen.
Für die Bremer Wohnungsgesellschaft Gewoba, die über den größten Bestand an Hochhäusern verfügt, wurde eine Sonderlösung vereinbart. Nach Darstellung des Sprechers der Baubehörde, Jens Tittmann, müssen ihre Objekte bis 2020 anlagentechnisch auf den aktuellen Stand gebracht sein. Bei den älteren sei das schon geschehen.
Keine rechtliche Handhabe gibt es nach Tittmanns Worten beispielsweise für eine anlasslose Überprüfung von Fassadendämmungen, die ja in aller Regel nicht ohne Zerstörung möglich wäre. „Da müssten die Eigentümer schon freiwillig mitziehen.“ Nur bei konkretem Verdacht auf Missstände könne die Baubehörde von sich aus auf den Plan treten. Solche Mängel beanstandete die Behörde zum Beispiel, als der Immobilienriese Grand City Property im Frühjahr 2014 den Vegesacker Hochhauskomplex Grohner Düne übernahm.
Dämmmaterial der Düne in Ordnung
Tittmann: „Da waren die Steigleitungen teilweise verrottet und auch einige Treppenhäuser nicht in Ordnung. Es hat fast drei Jahre gedauert, bis unsere Auflagen komplett umgesetzt waren.“ Am Dämmmaterial der Düne habe es allerdings nichts auszusetzen gegeben.
Der Linken-Fraktion in der Bürgerschaft reichen die vorhandenen rechtlichen Instrumente nicht aus. Sie will, dass das Parlament den Senat auffordert, eine „Sonderkommission Brandschutz“ einzusetzen. „Auf Grundlage einer Risikoeinschätzung für einzelne Objekte im Mehrgeschossbau“ solle die Soko „Unterlagen überprüfen, Vorort-Kontrollen durchführen und gegebenenfalls Empfehlungen für Veränderungsauflagen und/oder Sanktionen aussprechen“, heißt es in dem Antrag der Linken, der die Bürgerschaft nach der Sommerpause beschäftigen wird.
Sicherheitsstandards für größere Wohngebäude
Die Abgeordnete Claudia Bernhard ergänzt: „Nach den jüngsten Vorfällen kann die Bevölkerung mit Recht erwarten, dass auch in Bremen und Bremerhaven alles getan wird, um die Gefahr schwerer Brände im Mehrgeschossbau so klein wie möglich zu halten.“
Derzeit weist die Tendenz in der Gesetzgebung aus Bernhards Sicht in die falsche Richtung. Sie bezieht sich auf einen Entwurf zur Neufassung der Landesbauordnung. Darin würden die brandschutztechnischen Vorgaben für Gebäude bis zu neun Metern Höhe sogar aufgeweicht. „Dass künftig alle Bauprodukte zulässig sein sollen, die irgendwo im europäischen Wirtschaftsraum erlaubt sind, kann ebenfalls problematisch sein“, glaubt Bernhard.
Im Jahr 2000 hatten Feuerwehr und Bauverwaltung in Bremen selbst schon mal einen Vorstoß unternommen, um für größere Wohngebäude die Sicherheitsstandards zu erhöhen. Die Idee war, regelmäßige Checks verpflichtend zu machen. Ein entsprechender Vorschlag für ein Landesgesetz, das „Brandverhütungsschauen“ im Zehn-Jahres-Turnus vorsah, wurde vom Parlament nicht aufgegriffen.
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