
Frau Emigholz, schneller als gedacht ist jetzt mit dem Standort an der Schlachte bei der Teerhofbrücke ein Kompromissstandort für das Mahnmal zur Erinnerung an die Ausplünderung und letztlich auch die Ermordung der Juden gefunden worden.
Carmen Emigholz: Und darüber sind wir sehr froh. Nichts wäre schädlicher gewesen als keine Einigung bei einem solch sensiblen Vorhaben. Aber es geht eben nicht nur um das Mahnmal an sich, es geht auch um ein zivilgesellschaftliches Projekt, das die Stadt bewegt. Um die Chance, historische Aufarbeitung gemeinsam anzupacken und zu bewältigen. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass wir auch eine Verantwortung für den Wirtschaftsstandort haben.
Dabei war die Standortfrage ziemlich konfliktträchtig. Auf der einen Seite die Forderung der Initiatoren um Henning Bleyl, das Mahnmal vor dem Kühne + Nagel-Haus zu platzieren...
… und auf der anderen Seite die Wirtschaft, die Einzeladressierungen von Schuld hochproblematisch fand. Wie auch wir als zuständiges Fachressort und der Leiter des Staatsarchivs, Konrad Elmshäuser. Es war unsere Aufgabe im Auftrag des Bürgermeisters, einen Mittelweg zu finden, und zwar auf Grundlage einer nachvollziehbaren und transparenten wissenschaftlichen Basis, die uns Herr Elmshäuser, in Zusammenarbeit mit dem Landeskonservator Herrn Skalecki, geliefert hat.
Sie wollen nicht so dastehen, als hätten Sie sich am Gängelband der Wirtschaft bewegt.
Das Gegenteil war ja auch der Fall. Wir haben eine Mittlerrolle gehabt und wollten die verhärteten Fronten aufbrechen – in einer guten Form, damit der Wirtschaftsstandort und die Stadtgesellschaft keinen Schaden nehmen. Bremen hat den Charme einer Stadt der kurzen Wege. Das Besondere ist, dass wir viele Akteure an einem Tisch versammeln können.
Das Mahnmal also als Herausforderung für die ganze Stadt.
Wir haben dem Bürgermeister vorgeschlagen, begleitend in diesem Kontext einen Prozess zu organisieren, der sich nicht allein mit der Verantwortung der Logistik-Unternehmen beschäftigt, sondern sämtliche Akteure in den Blick nimmt, die mit der Vernichtung der Existenzgrundlage der Juden während des Dritten Reiches in Deutschland und in Europa zu tun hatten. Und daran sind viele beteiligt gewesen, das ist ein schmerzhafter Prozess. Ich freue mich sehr darüber, dass es keine Absage gab und auch vier große Unternehmensverbände zugesagt haben. Kühne + Nagel wird sich im Rahmen seiner Mitgliedschaft beteiligen.
Das heißt?
Wir überlegen zwei Angänge. Nämlich Forschung und Vermittlung, insbesondere für eine junge Generation. Wir tun das aus Verantwortung für unsere eigene Geschichte. In anderen Städten arbeiten vereinzelt Kammern und Unternehmen an dieser Frage. Wir wollen diesen Prozess in einem größeren Verbund zusammenfassen.
Wie geht es konkret weiter?
Wir haben den Weg in den Beirat Mitte/Östliche Vorstadt noch vor uns. Wir werden ihm den Abwägungsprozess vernünftig erläutern, wenn der Beirat das wünscht.
Bleibt es bei der leeren Kammer als Entwurf fürs Mahnmal?
Ja, wir haben im Vornherein gesagt, wir übernehmen den Entwurf. Wir werden jetzt mit der Künstlerin über die Umsetzung sprechen. Der Landesdenkmalpfleger ist da sehr optimistisch.
Wie ist der vorgesehene Zeithorizont?
Wir beginnen nach den Osterferien und werden uns nicht unnötig unter Druck setzen. Hier geht Sorgfalt zwingend vor Eile. Jetzt bin ich zunächst mit der jüdischen Gemeinde verabredet, damit wir uns über deren Erwartungen unterhalten. Ich glaube, dass wir im Verbund mit allen Akteuren eine Chance haben, ein gutes Projekt aufzulegen, das gleichermaßen auf Forschungs- und Bildungsarbeit beruht.
Die Fragen stellte Frank Hethey.
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