
Bremen. Die schlechte Nachricht war erwartet worden, und sie erschwert die Arbeit am Bremer Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre: Die öffentliche Hand wird 2020 und 2021 deutlich weniger einnehmen, als bisher prognostiziert. Das ergibt sich aus der aktuellen Steuerschätzung für das kleinste Bundesland und seine beiden Kommunen Bremen und Bremerhaven. Demnach sorgt insbesondere ein Einbruch bei der Gewerbesteuer für Mindereinnahmen. Während das Land Bremen 2020 und 2021 noch mit einem leichten Plus von vier beziehungsweise fünf Millionen Euro rechnen kann, sieht es bei der Stadtgemeinde Bremen deutlich schlechter aus. Demnach wird das Aufkommen bei der Gewerbesteuer mittelfristig um sechs bis acht Prozent zurückgehen, was für Bremen 2020 voraussichtlich 40 Millionen Euro weniger Einnahmen aus dieser wichtigen Quelle bedeutet und sogar 45 Millionen Euro weniger im Folgejahr. Das Minus bezieht sich auf die Zahlen der letzten Steuerschätzung im Mai. Für Bremerhaven ergibt sich ein ähnliches Bild.
Ab dem kommenden Jahr muss Bremen die sogenannte Schuldenbremse einhalten, darf also im Prinzip keine neuen Kredite aufnehmen. Das voraussichtliche Einnahmeminus kann also nur zulasten geplanter Ausgaben gehen. Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) sieht das nüchtern. Im Zuge der Haushaltsberatungen für 2020/21 müsse man sich „mit diesen Verschlechterungen auseinandersetzen und eine Lösung finden“, so sein kurzer Kommentar.
Aber welche? Diese Frage treibt vor allem die Haushälter der rot-grün-roten Regierungskoalition um. Ihnen ist schon länger klar, dass sich die großen finanziellen Gestaltungsspielräume, mit denen der frühere Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) im Bürgerschaftswahlkampf Reklame gemacht hatte, nicht wirklich einstellen werden. Nominell erhält Bremen zwar ab dem kommenden Jahr 400 Millionen Euro an Sanierungshilfen plus einen wachsenden Anteil am Umsatzsteueraufkommen, was im ersten Jahr 87 Millionen Euro ausmachen soll. Doch schon im Frühjahr zeichnete sich ab, dass die tatsächlich zusätzlich zur Verfügung stehende Finanzmasse deutlich geringer ausfallen wird. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wird der Bremer Etat 2020 nicht mehr von einigen Sondereffekten profitieren, die noch im laufenden Haushaltsjahr wirksam waren, zum anderen gibt es neue Ausgaben, zum Beispiel durch die jetzt einsetzende Altschuldentilgung. Außerdem hat noch die alte rot-grüne Landesregierung den Etat 2020 durch zahlreiche politische Beschlüsse vorbelastet, etwa mit der Zusage einer höheren Besoldung der Grundschullehrer.
Auf das neue Bündnis aus SPD, Grünen und Linken prasseln seit dessen Amtsantritt im August immer neue finanzielle Schreckensbotschaften ein. So musste die Flughafengesellschaft mit einem zweistelligen Millionenbetrag vor dem Kollaps gerettet werden, und der städtische Klinikverbund wird das Jahr voraussichtlich mit einem Minus von um die 30 Millionen Euro beenden. Als 100-prozentiger Gesellschafter steht die Stadt für dieses Defizit ein, auch wenn es 2020 wohl nur teilweise haushaltswirksam wird. Dass Bremen einer vierstelligen Zahl von Lehrern nach einem verlorenen Rechtsstreit Gehalt nachzahlen muss, ist nur das Tüpfelchen auf dem I.
Vor dieser Kulisse ringen die rot-grün-roten Finanzpolitiker darum, wie die im Koalitionsvertrag gesteckten Ziele zumindest ansatzweise in den Doppelhaushalt 2020/21 einfließen können. Seit Kurzem treffen sie sich jeweils dienstags um acht Uhr mit Finanzsenator Strehl, um sich abzustimmen und den verwaltungsinternen, technischen Prozess der Etataufstellung zu begleiten. Unstrittig ist, dass der Neubau und die Sanierung von Schulen absolute Priorität haben. Die Haushälter der Koalitionsfraktionen trösten sich damit, dass 2020/21 für diesen Zweck wohl nur Planungsmittel zu veranschlagen sind, die eigentlichen Investitionskosten also erst später zu stemmen sein werden. Deshalb, so lautet die Hoffnung, wird es am Ende noch ein wenig Manövriermasse geben, um zumindest einen Einstieg in Vorhaben wie die ökologische Verkehrswende, die deutliche Steigerung der Kitaplätze für Unter-Dreijährige oder verbilligte ÖPNV-Tickets für bestimmte Zielgruppen zu realisieren.
Hinter diesen und weiteren Zielen können sich alle drei Koalitionspartner versammeln. Doch letztlich wird sich beim Gefeilsche in den nächsten Wochen und Monaten jeder selbst der Nächste sein. Die Grünen zum Beispiel möchten am Ende der Wahlperiode bestimmt mindestens eine der drei geplanten Fahrradbrücken über die Weser eingeweiht haben. Die SPD wird unter anderem darauf drängen, im Sozialbereich wenigstens diejenigen Versprechen umzusetzen, die mit vergleichsweise wenig Aufwand zu realisieren wären, etwa die Absenkung des Schwimmbadeintritts für Kinder und Jugendliche auf einen Euro. „Das würde nur rund 700 000 Euro kosten, aber vielen jungen Menschen aus Familien mit geringen Einkommen etwas bringen“, sagt Falk Wagner, SPD-Unterbezirkschef Bremen-Stadt. Grünen-Haushälter Björn Fecker ist verhalten optimistisch, dass im Doppelhaushalt 2020/21, der voraussichtlich im Sommer nächsten Jahres beschlossen werden soll, die Handschrift aller drei Bündnispartner erkennbar sein wird. In Ansätzen jedenfalls. „Nicht umsonst lautet das meistgebrauchte Wort im Koalitionsausschuss zurzeit ,schrittweise'“, scherzt Fecker.
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