
In der Arbeitspause verfiel der Klempner Sören Meyer immer in Tiefschlaf. Dann konnten auch seine Kollegen ihn kaum noch wach bekommen. „Schlaf doch mal vernünftig„ oder “geh früher ins Bett“ waren die Sprüche, die Sören dann oft zu hören bekam. Doch nichts half. Schon in seiner Pubertät, während der Ausbildung, begann es, und je älter er wurde, desto mehr fielen seine Schlafattacken auf. „Ich war nicht so schnell wie die anderen, weil mein Körper nachts keinen erholsamen Schlaf hatte“, sagt der heute 43-Jährige. Vor etwa zehn Jahren erhielt der Bremer die Diagnose: Sören Meyer leidet an Narkolepsie.
Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 40.000 Narkolepsie-Betroffene. Ein gestörter Nachtschlaf, eine ausgeprägte Tagesschläfrigkeit, Halluzinationen, Konzentrationsschwierigkeiten, unkontrolliertes Erschlaffen der Muskeln (Kataplexie) bei unvermittelten Gefühlsregungen und mehr gehören zu den Symptomen der Krankheit, die zur Gruppe der Schlafsucht (Hypersomnie) gehört. So wie bei Meyer tritt sie oft schon in der Jugend auf.
Bis vor anderthalb Jahren hat Meyer als Klempner gearbeitet. "Man will sich selbst beweisen, dass es geht“, sagt er. „Mit 40 in Rente zu gehen, das war für mich unvorstellbar.“ Doch schließlich habe er gemerkt, dass die volle Berufstätigkeit mit der Narkolepsie nicht vereinbar ist. „Auf dem Bau muss man 100 Prozent bringen. Kunden haben sich beschwert.“ Schon beim Schlafen gehen wusste er oft, dass die Nacht eine Katastrophe werden und er regelmäßig aufwachen würde. „Es ist schädlich für den Körper“, habe er schließlich eingesehen. Nun ist er Rentner und arbeitet als Minijobber weiter als Klempner.
Während Meyer Medikamente nur nach Bedarf nimmt, ist seine Lebensgefährtin Melanie Kopf, die ebenfalls an Narkolepsie leidet, täglich auf Tabletten angewiesen. „Das ist erforderlich, sonst würde ich tagsüber nichts schaffen“, erklärt sie. Auch Kopf hat vor vier Jahren ihre Berufstätigkeit als Köchin und Konditorin beendet und hat jetzt einen Minijob im Büro. Beide wohnen zusammen in Gröpelingen und unterstützen sich gegenseitig.
Ihre Erkrankung führt Kopf auf eine Impfung gegen Schweinegrippe zurück, die sie 2009 erhielt. Einige Monate später habe die Schläfrigkeit begonnen. Jetzt führt sie einen Prozess auf Entschädigung gegen den Staat. „Es ist noch nicht bestätigt, aber es ist im Klageverfahren.“ In Deutschland gebe es bereits Fälle, in denen eine Entschädigung bei Narkolepsie nach einer derartigen Impfung gezahlt worden sei.
Kopf ist auch von der Kataplexie betroffen. „Wenn sie sich erschrickt, fällt sie um“, beschreibt Meyer, was er als Begleiter immer wieder erlebt. Es seien unerwartete, starke Emotionen, die diesen Zustand auslösten. Dies könne je nach Situation sehr gefährlich werden. „Wir beobachten uns ständig“, sagt Kopf. „Ob wir das machen können, was wir tun.“ Sie könne selbst in der Badewanne ertrinken, wenn sie im Zustand der Kataplexie sei. Dennoch gehört Kopf zu den Narkoleptikern, die auch Auto fahren dürfen. „Wenn der Arzt uns eine geeignete Medikamentation verschreibt, ist das möglich.“ Die Konzentration, die beim Fahren notwendig sei, verhindere ein Einschlafen. „Ich habe noch nie gelesen, dass ein Narkoleptiker einen Unfall verursacht hat“, sagt sie.
Beide sind in der Selbsthilfegruppe Narkolepsie aktiv, die sich alle zwei Monate im Netzwerk Selbsthilfe in der Faulenstraße trifft. „Es sind immer fünf bis sechs Personen“, sagt Meyer. Die Teilnehmer kämen aus ganz Norddeutschland. Er selbst habe in Bremen zu etwa 15 Menschen mit Narkolepsie Kontakt. „Aber die Dunkelziffer ist wesentlich höher."
Im Schlaflabor des Instituts für Klinische Neurophysiologie am Klinikum Bremen-Ost können sich Patienten, die tagsüber an übermäßiger Schläfrigkeit leiden, untersuchen lassen. Sabine Bunten, Leitende Oberärztin des Instituts, schätzt, dass jährlich zehn bis 20 Narkolepsie-Erkrankte im Schlaflabor untersucht werden. „Zu uns kommen unter anderem Menschen mit einem krankhaft gesteigerten Schlafbedürfnis“, berichtet die Fachärztin für Schlafmedizin.
Wenn die Ursache durch Gespräche und Untersuchungen nicht geklärt werden könne, würden die Patienten für vier Tage stationär aufgenommen. „Wir schauen nicht nur die Nacht an, sondern auch den Tag.“ Zunächst müsse der Patient nachts mindestens sieben Stunden schlafen, dann solle er sich tagsüber alle zwei Stunden für 20 Minuten ins Bett legen. Schlafe er innerhalb von zehn Minuten ein, sei dies auffällig.
Außerdem werden im Schlaflabor die unterschiedlichen Schlafphasen gemessen. „Normalerweise erfolgt der REM-Schlaf 90 Minuten nach dem Einschlafen“, erklärt Sabine Bunten. Der REM-Schlaf (von rapid eye movement) ist eine Schlafphase, die von raschen Augenbewegungen und erhöhter Hirnaktivität gekennzeichnet ist. Beginne diese Phase bereits innerhalb von 15 Minuten, sei das auffällig schnell, beschreibt Bunten ein Symptom der Narkolepsie. Wenn die Diagnose für den Patienten nach allen Untersuchungen Narkolepsie laute, könne eine symptomatische Therapie beginnen, denn heilbar sei diese Krankheit nicht. „Man kann die Symptome beispielsweise durch Stimulanzien behandeln.“ Außerdem gebe es verschiedene Medikamente. Oft sei es auch hilfreich, am Tag Schlafphasen einzurichten.
Die Selbsthilfegruppe Narkolepsie in Bremen trifft sich alle zwei Monate beim Netzwerk Selbsthilfe in der Faulenstraße 31. Aktuell werden die Treffen online ausgerichtet. Die Selbsthilfegruppe ist per E-Mail an Narkolepsie.SHG.HB@gmx.de zu erreichen.
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