
Der 19-Jährige wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Nichts Ungewöhnliches, kommt immer wieder vor. Zum Beispiel, wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft sitzt. Doch in diesem Prozess kommt auch einer der Zeugen in Handschellen. Der Mann sitzt ebenso im Gefängnis, wie zur Tatzeit auch das Opfer – der versuchte Totschlag, über den an diesem Morgen in Saal 253 des Landgerichts verhandelt wird, hat sich in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen abgespielt.
Am 21. August vergangenen Jahres soll der Angeklagte dort im Freistundenhof mit einem anderen Gefangenen in Streit geraten sein. Zunächst nur verbal, dann folgte ein Tritt in den Bauch, schließlich ein Gerangel, in dessen Verlauf die Kontrahenten zu Boden gingen. Der Angeklagte habe dabei den anderen in den Schwitzkasten genommen und ihn so lange gewürgt, bis dieser besinnungslos wurde, heißt es in der Anklageschrift. Andere Gefangene seien dazwischengegangen, aber der 19-Jährige habe sich losgerissen, sei noch einmal auf den benommen am Boden Liegenden losgegangen und habe ihm mit voller Wucht von oben ins Gesicht getreten. Dabei soll er auf Deutsch mehrfach „Ich bring dich um“ geschrien haben.
Das stimme so nicht, erklärt der Angeklagte. Er habe so etwas nie gesagt, sondern gerufen: „Wenn ich nicht Angst vor Gott hätte, hätte ich dich umgebracht.“ Das aber nicht auf Deutsch, sondern auf Arabisch. Und auch nicht nach der Rangelei, sondern während beide noch ineinander verknotet am Boden lagen. Den Tritt in den Bauch räumt der 19-Jährige ein. Allerdings habe der andere angefangen. „Er hat mich provoziert und beleidigt.“ Den Schwitzkasten erklärt der junge Mann mit dem Gerangel. Dass der andere dabei bewusstlos wurde, habe er nicht bemerkt und an den anschließenden Tritt ins Gesicht könne er sich nicht erinnern.
Der Angeklagte ist bereit, Fragen des Gerichts zu beantworten, doch die Klärung des Tatablaufs erweist sich als schwierig. Der Mann stammt aus Marokko und versteht selbst mit Hilfe einer Dolmetscherin einfachste Fragen nicht. Außerdem widerspricht er sich mehrfach selbst und merkt bei Nachfragen der Vorsitzenden Richterin oder des Staatsanwaltes nicht, dass er fünf Minuten zuvor etwas ganz anderes erzählt hatte.
Es gehe seinem Mandanten gesundheitlich nicht gut, hatte der Anwalt schon eingangs der Sitzung erwähnt. Der 19-Jährige nimmt seit Monaten ein Beruhigungsmittel, und nicht von ungefähr verfolgt ein psychiatrischer Sachverständiger die Verhandlung. Dem soll der Angeklagte gesagt haben, dass ihm Gefängniswärter den Satan in die Freistunde geschickt hätten und dass Satan in seinem Kopf gewühlt habe.
Auf Frage des Staatsanwaltes räumt der Angeklagte ein, dass er schon häufiger in Auseinandersetzungen dieser Art verwickelt war. Und in der JVA Bremen sitzt der 19-Jährige auch nicht wegen dieses Prozesses in Untersuchungshaft, sondern in Strafhaft – verurteilt wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung.
Der Prozess wird am Donnerstag, 13. Juni, um 9 Uhr fortgesetzt.
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