
Im Verfahren gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler aus Bremen hat die Verteidigung am Montag versucht, eine Vollbremsung einzuleiten. Die Beweise in diesem Verfahren seien rechtswidrig erlangt worden und dürften deshalb vor Gericht nicht verwendet werden. Bevor weiterverhandelt wird, soll der gesamte Fall deshalb vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft und der Prozess in Bremen solange ausgesetzt werden.
Die Anklage gegen den Mann geht darauf zurück, dass die französische Polizei verschlüsselte Telefongespräche „geknackt“ und mitgehört hat. Die Anwälte des 30-Jährigen halten dies sowie die darauf fußenden Ermittlungen der deutschen Behörden bis hin zur Bremer Staatsanwaltschaft für nicht vereinbar mit dem deutschen Gesetz. Außerdem würde gegen europäische Grundrechte verstoßen.
Ein Antrag mit möglicher Signalwirkung: Allein am Landgericht gibt es bereits zwei Verfahren gegen mutmaßliche Rauschgifthändler, ein drittes wird noch in dieser Woche eröffnet. In jedem der Fälle geht es um kiloweise Marihuana und Kokain und um damit angeblich erwirtschaftete Millionenbeträge. Und selbst das stellt nur einen Bruchteil der Verfahrenswelle dar, die nach dem erfolgreichen Abhören verschlüsselter Enchrochat-Nachrichten auf sogenannten Krypto-Handys durch IT-Spezialisten der französischen und niederländischen Polizei im vergangenen Jahr erfolgte. Europaweit ist von über 1000 Verhaftungen die Rede.
Dabei stinke es zum Himmel, wie die Daten erhoben worden seien, und dass Frankreich noch dazu die Infiltrierung des Enchochat-Servers in der französischen Stadt Lille zum militärischen Staatsgeheimnis erklärt habe, erklärte der Anwalt des 30-jährigen Bremers. Und fügte nicht weniger theatralisch in Richtung des Vorsitzenden Richters hinzu: „Sie können Rechtsgeschichte schreiben.“ Indem er nämlich dem Antrag der Verteidigung folge und die Angelegenheit direkt vor den EuGH bringe.
Über 30.000 Telefone in 122 Ländern hätten die Franzosen abgehört, dabei über 100 Millionen Nachrichten abgefangen. Dies jedoch ohne jeden Hinweis auf konkrete Straftaten, einfach ins Blaue hinein. „Das ist Ausforschung ohne Anfangsverdacht und ohne Täter“, betonte die Verteidigerin des Angeklagten. „Man stelle sich nur vor, deutsche Strafverfolgungsbehörden würden in dieser Art und Weise auf den Server von Telekom oder anderen Anbietern zugreifen – die Rechtswidrigkeit läge auf der Hand.“
Auf der Strecke geblieben seien dabei die Rechte der beschuldigten und verdächtigten Personen. Ebenso die Frage der Verhältnismäßigkeit, die die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt als federführende deutsche Behörde zwingend hätte überprüfen müssen. Stattdessen habe sie über den Weg einer Europäischen Ermittlungsanordnung einfach sämtliche Dateien mit Bezug zu deutschen Territorium angefordert. Dies noch dazu zu einem Zeitpunkt, als nicht absehbar gewesen sei, um was es sich bei den Daten tatsächlich handelte. Schon allein dies sei rechtswidrig und unzulässig.
Und mit dem deutschen Recht sei dies alles ohnehin nicht in Einklang zu bringen, fuhr die Anwältin fort. Niemals hätte die Staatsanwaltschaft Bremen auf einer Grundlage wie die der Franzosen eine Genehmigung erhalten, einen Server zu infiltrieren, um Gespräche abzuhören. Dafür stelle das Bundesverfassungsgericht hierzulande nicht von ungefähr sehr hohe Anforderungen. Letztlich sei die gewählte Vorgehensweise nichts anderes als der Versuch, deutsche Verfahrensvorschriften zu umgehen.
Eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zum Antrag der Verteidigung gab es am Montag nicht, sie soll bis Ende der Woche erfolgen. Ob das Gericht die Gelegenheit nutzt, „Geschichte zu schreiben“, oder den Antrag ablehnt, wird voraussichtlich zu Beginn des nächsten Verhandlungstages am 25. März bekannt gegeben.
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