
Die Trennung vom Partner belastet die Arbeit, die Rückenprobleme erfordern eine längere Reha, der Konflikt mit dem Vorgesetzten macht die Arbeit unerträglich: Wenn Probleme aus dem privaten oder beruflichen Bereich die Arbeit belasten, können sich Bremer Verwaltungsbeschäftigte in Zukunft an eine betriebseigene Sozialberatung wenden.
Am 15. Oktober startet die neue Beratungsstelle mit einem Team aus sechs Fachleuten, das kündigt Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) an. Rund 18 000 Beschäftigte nicht nur des Finanzressorts, sondern aller Bremer Behörden können sich dann dort Hilfe holen.
„Ein Ziel betrieblicher Sozialberatung ist es natürlich auch, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und zu fördern, aber zentral geht es um die persönliche Gesundheit“, sagt Birgit Sprecher. Die 47-Jährige wird die neue Beratungsstelle leiten, die beim städtischen Eigenbetrieb Performa Nord angesiedelt ist. Die Psychologin war zuvor Abteilungsleiterin im Berufsförderungswerk der Stiftung Friedehorst und dort zuständig für die Wiedereingliederung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Sprecher wird mit ihrem Team aus fünf Sozialpädagogen dort die Arbeit aufnehmen, wo schon Amtsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit ihre Räume haben: in der Bahnhofstraße. Inklusive Sozialberatern werden dann laut Finanzbehörde dort mehr als 30 Beschäftigte unter einem Dach arbeiten – das Ganze soll „Zentrum für gesunde Arbeit“ heißen.
Die Sozialberatung ist für Verwaltungsmitarbeiter kostenlos – und vertraulich. Das sei wichtig, gerade wenn Konflikte mit Vorgesetzten besprochen werden, so Sprecher. Wenn Mitarbeiter einverstanden sind, können die Berater auch das Gespräch mit den Chefs suchen, um bei der Klärung zu helfen.
Wie verbreitet ist es, dass Betriebe eine solche Beratung einrichten und finanzieren? Große Arbeitgeber wie Mercedes, Bosch, Mondelez, die BLG und die Bremer Uni haben schon seit Jahren eine betriebliche Sozialberatung als Teil eines organisierten Gesundheitsmanagements. Dass auch Kommunen eine solche Stelle einrichten, ist in Deutschland laut der Bremer Finanzbehörde ein Novum.
Senatorin Linnert begründet die Einrichtung der Sozialberatung: „Für uns geht es darum, ein attraktiver und moderner Arbeitgeber zu sein. Und natürlich ist auch Prävention im Umgang mit Erkrankungen und Belastungen ein wichtiges Ziel des neuen Beratungsangebots.“ Bei ähnlichen Angeboten sei Bremen in der Vergangenheit Vorreiter gewesen.
Als eine der ersten habe die Bremer Verwaltung vor mehreren Jahrzehnten etwa eine Suchthilfestelle eingerichtet, so Linnert. Die Berater wurden vor allem bei Alkoholproblemen konsultiert – Alkoholabhängigkeit sei in den 1980er-Jahren für viele Verwaltungsbeschäftigte ein Thema gewesen.
Auffällige Alkoholprobleme von Beschäftigten sind laut der Finanzbehörde seit den Achtzigern deutlich zurückgegangen. Dafür würden andere Probleme sichtbarer und zum Teil auch offener am Arbeitsplatz thematisiert: Depressionen, Belastungen im Job, Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Mal ist der Arbeitsplatz Teil des Problems, mal ist die Arbeit in schwierigen Zeiten auch stabilisierend“, erklärt Linnert. Die Verwaltung wolle es nicht dem Zufall überlassen, ob Beschäftigte bei ihrem jeweiligen Vorgesetzten einen guten Umgang mit schwierigen Situationen erlebten oder nicht. „Wir reagieren als Arbeitgeber darauf.“
Einen Grund für den Anstieg von Belastungssituationen sieht Birgit Sprecher darin, dass viele sogenannte Schon-Arbeitsplätze, die es früher gab, weggefallen seien: Mitarbeiter, die Akten im Haus transportieren und abhängen, existieren meist nicht mehr, auch Pförtner seien selten. „Diese einfacheren Arbeitsplätze gibt es nicht mehr“, so Sprecher. Wenn heute Belastungen auftreten, seien diese schwerer mit den komplexeren Anforderungen am Arbeitsplatz übereinzubringen.
Sprecher sieht die neue Sozialberatung vor allem als eine Schnittstelle, um an weitere Stellen zu vermitteln und aufzuzeigen, welche Hilfen es gibt: „Die Zahl der Hilfsangebote ist groß, und viele kennen sich nicht aus.“ Die Sozialberatung könne ebenso an Therapeuten und Ärzte verweisen wie auf Angebote der Kranken- und Rentenkassen oder der Schuldnerhilfe.
Psychische Belastungen nehmen zu
Die Zahl der Krankheitstage von Arbeitnehmern in Deutschland ist von 2009 bis 2016 um 60 Prozent gestiegen. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Ein Großteil des Anstiegs geht demnach auf die starke Zunahme von Fehltagen aufgrund psychischer Belastungen und Erkrankungen zurück, die um 125 Prozent stiegen. In Bremen sind psychische Erkrankungen der zweithäufigste Grund für Fehltage bei der Arbeit, wie die aktuellen Gesundheitsberichte der Krankenkasse HKK und der DAK Bremen zeigen. In Bremen stieg die Zahl der Fehltage wegen psychischer Krankheiten im vergangenen Jahrzehnt sogar noch stärker an als im Bundesschnitt.
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