
Ob Corona-Schnell- oder der übliche Labortest: Um den Abstrich im Rachen oder tief in der Nasenhöhle kommt man nicht herum, wenn es darum geht, eine akute Corona-Infektion festzustellen. „Und das können Sie als Laie nicht mal eben fachgerecht selbst machen“, sagt Klaus Scholz. Der Präsident der Bremer Apothekerkammer hält das für einen wichtigen Grund, warum Antigen-Schnelltests für jedermann auch weiterhin nicht in den Apotheken erhältlich sind. Ein weiterer, in einer akuten Pandemie vielleicht noch entscheidenderer Faktor ist die Meldepflicht von Corona. „Wer sich selbst testet, meldet sein positives Ergebnis eventuell einfach nicht an die Behörde“, mutmaßt Scholz. Hinzu kommt, dass die Tests weniger zuverlässig sind (siehe unten), sodass bei einem positiven Befund zusätzlich der übliche PCR-Labortest vorgeschrieben ist, um das Ergebnis abzusichern.
Aus diesem Grund wurde trotz zahlreicher Neuverordnungen und Gesetzesänderungen wegen Corona in den zurückliegenden Monaten die entscheidende Medizinprodukte-Abgabenverordnung nicht angefasst. Darin ist geregelt, an wen sogenannte In-Vitro-Diagnostika geliefert werden dürfen. Das sind Tests, mit denen Körperflüssigkeiten auf meldepflichtige Infektionskrankheiten untersucht werden, zu denen auch der Corona-Schnelltest zählt. Ausschließlich Ärzte, ambulante und stationäre Einrichtungen des Gesundheitswesens, Gesundheitsbehörden, pharmazeutische Unternehmen, Blutspendedienste und entsprechende Testzentren dürfen sie erhalten.
Die jüngst verabschiedete Neufassung des Infektionsschutzgesetzes hat dem noch eine entscheidende Präzisierung hinzugefügt: Seitdem ist klargestellt, dass Pflegeheime ebenfalls Einrichtungen des Gesundheitswesens im Sinne der Abgabenverordnung sind. Das hatte man in Bremen und einigen anderen Bundesländern schon zuvor so bewertet, aber eben nicht überall in Deutschland. Auch das ist ein Grund, warum Schnelltests bislang nicht flächendeckend in den Pflegeeinrichtungen oder auch der ambulanten Pflege zum Zuge kamen. Doch genau das sieht die neue nationale Teststrategie des Robert Koch-Instituts vor, die seit einer guten Woche auch in Bremen angewendet wird.
„Vor allem in der stationären und ambulanten Pflege sollen Schnelltests die Labore künftig entlasten“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts. Derzeit finden bereits die entsprechenden Schulungen des Pflegepersonals durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen statt. Noch in dieser Woche sollen die Schnelltests vor Ort gängige Praxis werden. Die Träger der Einrichtungen waren zuvor aufgefordert worden, bis zum 13. November ihre Konzepte vorzulegen, wie und in welchem Umfang getestet werden soll. Bis zu zehn Tests pro Person und Monat sind laut Fuhrmann nach der neuen Corona-Testverordnung in der ambulanten Pflege möglich, bis zu 20 Tests in der stationären Pflege.
Auch in einigen Unternehmen sind Schnelltests nach Angaben der Handelskammer schon jetzt gängige Praxis, das betrifft etwa Firmen, die ihre Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zum Beispiel als Monteure auf Dienstreise schicken inklusive auswärtiger Übernachtungen. In diesen Fällen ist der Betriebsarzt gefordert. Die Handwerkskammer berichtet in dieser Sache von vereinzelten Anfragen von Betrieben. „Weil die derzeit am Markt vorhandenen Schnelltest-Angebote die Abnahme von größeren Stückzahlen bedingen, werden die Schnelltests unseres Wissens nach aktuell nicht von kleineren Handwerksbetrieben genutzt“, sagt Hauptgeschäftsführer Andreas Meyer.
„In der Tat sind das immer 25er-Gebinde“, sagt Apotheker Scholz. Gleichwohl wäre das für eine Arztpraxis, die etwa mehrere Betriebe betreut, kein allzu großer Hinderungsgrund. Eher dürften hier die Kosten eine Rolle spielen, denn vorbeugende Tests in Unternehmen werden nicht von den Krankenkassen bezahlt.
Gleiches gilt für eine dritte Art von Test neben den Antigen-Schnelltests und den PCR-Labortests: Sie sind theoretisch tatsächlich für jedermann in Apotheken zu bekommen und waren auch schon für knapp 60 Euro in Onlineshops von Drogerien zu beziehen. Dabei handelt es sich um einen Antikörpertest, der aber ungeeignet ist, eine akute Infektion anzuzeigen. Und von Schnelltest kann auch keine Rede sein. Die Packung enthält unter anderem eine Lanzette, mit der sich der Kunde für eine Blutprobe selber in den Finger piksen soll. Das Probengefäß schickt er dann an ein Labor. Bis zum Ergebnis dauert es dann genau solange wie bei der Corona-Ambulanz.
Der Test beantwortet zudem lediglich im Nachhinein die Frage, ob eine Erkältung nicht doch eine Corona-Infektion mit leichtem Verlauf war. Dafür ist außerdem der Zeitpunkt entscheidend: Der Hersteller empfiehlt die Anwendung zwei Wochen nach überstandener Erkrankung. Später und auch früher könnten die speziellen Immunglobuline, nach denen der Test sucht, schon verschwunden oder noch gar nicht entstanden sein. „Bislang hat sich in meinen Apotheken aber noch niemand nach dieser Art Test erkundigt“, sagt Scholz und schätzt, dass auch bei den Kollegen die Nachfrage gering ist. Der Test verschaffe bei einer akuten Erkrankung keinerlei Gewissheit und helfe auch nicht, eine Quarantäne durch sein negatives Ergebnis zu verkürzen.
Spezifität ist entscheidend
Der Antigen-Schnelltests für Corona weist nicht wie der Labortest das Erbmaterial des Virus nach, sondern spezielle Eiweißfragmente des Virus. Der Test ist ähnlich simpel wie ein Schwangerschaftstest: Man bringt die Probe aus einem tiefen Rachen- oder Nasenhöhlenabstrich auf einen Kontaktstreifen auf und hat meist innerhalb von 30 Minuten ein Ergebnis. Doch wie zuverlässig ist es? Dafür entscheidend sind die Sensitivität sowie die Spezifität des Tests. Beides wird in Prozent angegeben. Die Sensitivität beschreibt den Anteil der Personen mit positivem Testergebnis unter den tatsächlich Infizierten. Die Spezifität ist der Anteil der Personen mit negativem Testergebnis unter den Nicht-Infizierten. Die Mindestanforderungen des Robert Koch-Instituts (RKI) an den Schnelltest ist eine Sensitivität von wenigstens 70 Prozent und eine Spezifität von wenigstens 97 Prozent. Eine Modellrechnung zeigt, warum die Spezifität so hoch sein muss, wenn vorbeugend getestet wird und nur wenige Infektionsfälle unter den Getesteten zu erwarten sind. Dabei wird von Tests an 10 000 Personen ausgegangen, von denen fünf tatsächlich eine Infektion haben. Der angewendete Schnelltest hat eine Sensitivität von 80 und eine Spezifität von 98 Prozent. Das Ergebnis im Fall der fünf Infektionen: Der Test entdeckt vier davon, also 80 Prozent. Von den Nicht-Infizierten 9995 Personen werden 98 Prozent richtig negativ getestet. Das sind 9795 Personen. Es gibt am Ende also 200 falsch-positive und vier richtig-positive Tests. Das bedeutet bei einem positiven Befund liegt die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich erkrankt zu sein, bei 1,9 Prozent. Das ist der Grund, warum ein positiver Befund in jedem Fall einen weiteren Labornachweis benötigt. Umgekehrt befindet sich unter den 9996 negativen Befunden eine übersehene Infektion. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 0,01 Prozent und gilt darum als vertretbares Risiko. Zugleich macht das deutlich, warum Schnelltests für Patienten mit Symptomen und der hohen Wahrscheinlichkeit, eine Infektion zu haben, nicht geeignet sind: Zu viele Ansteckungen würden übersehen.
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