
Es ist der Morgen des 28. Januar. Mehrere Anwohner beobachten, wie offenbar ein Wolf durch Borgfeld und Horn-Lehe streift. Sie sehen das Tier hinter den Wiesen am Lehester Deich, auf dem Jan-Reiners-Weg und im Gewerbegebiet Haferwende.
Es ist das erste Mal, dass Bremen realisiert: Der Wolf ist nun auch bei uns angekommen. Es folgen weitere Beobachtungen in Bremen-Nord und einige Wildtierrisse, die bisher jedoch noch nicht eindeutig einem Wolf zugewiesen werden konnten.
Müssen die Bremer nun damit rechnen, dass ihnen der Wolf regelmäßig an der Straßenbahnhaltestelle begegnet? Das ist eher unwahrscheinlich, sagt Wolfsberater Raoul Reding von der Landesjägerschaft in Niedersachsen, die dort mit dem Wolfsmonitoring betraut ist.
Keine Scheu vor Autos
Erfahrungsgemäß sei nicht davon auszugehen, dass sich ein Wolfsrudel direkt im Stadtgebiet ansiedelt. Doch Wölfe sind anpassungsfähige Generalisten. So besitzen sie zwar in aller Regel eine natürliche Scheu gegenüber den Menschen, allerdings nicht vor menschlichen Strukturen, wie Autos oder Gebäuden.
So würden Wölfe immer häufiger relativ nah an Autos herankommen, sagt Reding. Das hat in der Vergangenheit bereits zu Autounfällen mit dem Tier geführt, wie etwa Ende Februar im Landkreis Heidekreis. Wenn Wölfe Autofahrer wahrnehmen, könne es vorkommen, dass sie mit Neugier darauf reagieren. Dieses Verhalten sei völlig normal.
„Kritisch wird es erst, wenn Menschen versuchen, das Tier mit Essen anzulocken, um eventuell bessere Bilder von ihm zu machen“, sagt Raoul Reding. „Dann kann es sein, dass der Wolf das Auto mit leicht verfügbarer Nahrung verbindet und auch den Menschen, der ihm diese gereicht hat.“ Wölfe seien sehr intelligente Tiere, die sich solche Sachen schnell einprägen.
Größerer Bestand an Wildtieren in ländlicheren Regionen
„Das ist natürlich auch viel leichter, als auf die Jagd zu gehen“, so Reding. Solange der Wolf keine Menschen wahrnimmt, hält ihn also nichts davon ab, in urbanes Gebiet vorzudringen. Von den neun Rudeln, die in Niedersachsen gelistet sind, habe sich jedoch keins direkt in einer Stadt oder am Stadtrand niedergelassen.
Sie zieht es in eher ländlichere Regionen, da sie dort einen größeren Bestand an Wildtieren finden. Bei den Tieren, die Siedlungen kreuzen, handelt es sich nach Angaben des Wolfsberaters vor allem um Jungtiere auf der Durchreise. Sie können pro Tag Strecken bis zu 75 Kilometer zurücklegen und stoßen so immer wieder auf Gebiete, die fremd für sie sind.
„Bei unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft ist es normal, dass der Wolf auf Strukturen trifft, sonst wäre er nicht überlebensfähig“, sagt Reding. Es sei alles normal, solange sie städtisches Gebiet wieder verlassen. „Verzieht der Wolf sich nicht, muss er beobachtet werden“, sagt er.
Umweltbehörde will sich an niedersächsischem Modell orientieren
In so einem Fall muss die Landesjägerschaft die niedersächsische Umweltbehörde einschalten, die über mehrere Handlungsmöglichkeiten verfügt. Sie können versuchen, Wölfe mit Sendern auszustatten, sie zu vergrämen, und im schlimmsten Fall kann ein Wolf zum Abschuss freigegeben werden.
So wie im vergangenen Jahr, als ein auffällig gewordener Wolf aus dem Munsteraner Rudel getötet wurde. „Kurti“, wie der Wolf auch genannt wurde, hatte sich immer wieder Menschen bis auf wenige Meter genähert. Auch Vergrämungsmaßnahmen hatten bei ihm nicht angeschlagen. Bremen ist gerade dabei, Strukturen wie diese zu schaffen. Die Umweltbehörde hat angekündigt, sich am niedersächsischen Modell orientieren zu wollen.
Aktuell sind es vor allem die Bremer Landesjägerschaft und die Umweltbehörde, die Sichtungen dokumentiert. Anfang März haben sich Behördenvertreter, Umweltverbände und Landwirte darauf verständigt, einen eigenen Wolfsberater für die Stadt zu finden, der im Schadensfall hinzugezogen werden kann. Die Stelle soll im Laufe des Jahres besetzt werden, versprach Umweltstaatsrat Ronny Meyer (Grüne).
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