
Schon im Fahrstuhl duftet es: Heute gibt es Eintopf im Stiftungsdorf Rablinghausen. Zumindest in der Wohnküche im Langzeitpflegeheim mit Tagespflege, wo Yvonne Blendermann die Suppe umrührt. Das macht sie dieses Mal nur fürs Foto, eigentlich hat sie Urlaub, aber sie zeigt sich stolz an ihrem Arbeitsplatz, den sie als „Fachpraktikerin Hauswirtschaft“ bei der Bremer Heimstiftung bekommen hat. Dass sie das geschafft hat, dafür bekommt sie an diesem Donnerstag einen von zwei Förderpreisen Inklusion, den die Stiftung Martinshof erstmals vergibt.
„Ich bereite das Essen vor, koche, reiche den Bewohnern das Essen an“, erklärt Yvonne Blendermann, „außerdem beschäftige ich mich mit den Bewohnern und helfe bei der Betreuung und Reinigung.“ Mit 27 Jahren hat sie nach einem langen Ausbildungsweg eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Seit 15. Juli ist sie in Teilzeit mit 20 Stunden wöchentlich fest angestellt bei der Heimstiftung Bremen. Eine Erfolgsgeschichte, die nicht selbstverständlich ist.
Yvonne Blendermann wurde in Walle geboren, wo sie auch heute lebt, und hat wegen einer Lerneinschränkung Förderschulen besucht, die sie mit 18 Jahren mit einem Abgangszeugnis verlassen hat. Sie bekam eine Beschäftigung beim Martinshof. „Da will ich nicht bleiben“, sagte sie sich, nicht in die Schublade gesteckt werden: Die ist behindert, die geht in den Martinshof. Vom Berufsbildungswerk wurde ihr zu einer Qualifikation geraten, die Menschen mit Einschränkungen fit für den Arbeitsmarkt machen soll. Dabei handelt es sich um eine Kooperation mehrerer Träger, Anbieter und Senatsstellen in Bremen. Die Werkstatt Bremen schaute, welche Teilnehmer dafür geeignet sind.
Mit 23 Jahren startete Yvonne Blendermann diese zweijährige Qualifikation, besuchte die Hauswirtschaftsschule Delmestraße und des Martinshofs im Kwadrat. Eine kleine Prüfung musste sie zum Abschluss ablegen, und für die zu dem Zeitpunkt 25-Jährige war klar: Ich will eine Ausbildung machen. „Der Schritt dazu war nicht so einfach“, ergänzt Stefanie Pelka, die Hauswirtschaftsleiterin im Stiftungsdorf Rablinghausen. Tests in Schreiben und Mathematik verlangte die Agentur für Arbeit, die prüft, ob eine Ausbildungsreife vorhanden ist. Diese Aufgaben hat Yvonne Blendermann gemeistert und konnte ihre Ausbildung beginnen.
Ihre Eltern, ihre Schwester, ihr Partner – alle unterstützten sie sehr, erzählt die junge Frau, die als eine der ersten dieses Qualifizierungswegs schon mehrfach Interviews auch fürs Fernsehen gegeben hat. Im Aus- und Fortbildungszentrum der Stadt Bremen in Grone hat sie den schulischen Teil gelernt, bis zur Zwischenprüfung hat sie die ersten eineinhalb Jahre in einem Kindergarten in Blumenthal gearbeitet, die folgenden eineinhalb Jahre im Stiftungsdorf Rablinghausen. „Ich will Hauswirtschaft machen“, war der jungen Frau zu diesem Zeitpunkt klar, „sie kann jederzeit wiederkommen“, hieß es laut Stefanie Pelka in Rablinghausen.
Yvonne Blendermann ist die erste Auszubildende über diesen Weg, mit der die Hauswirtschaft im Stiftungsdorf Rablinghausen gearbeitet hat. „Wir hatten alle keine Erfahrung damit“, sagt Stefanie Pelka. Yvonne Blendermann hatte Lust und eine positive Einstellung, die Kolleginnen konnten ihr viel vermitteln, die Bewohner mögen sie, sie mag den Umgang mit den Bewohnern. Da fügte es sich gut, dass der Personalschlüssel der Heimstiftung, der für sechs Wohnküchen in Rablinghausen etwa 35 überwiegend Teilzeit Beschäftigte umfasst, es hergab, die junge Frau fest einzustellen. Die freut sich sehr, „man muss keine Ängste mehr haben“, sagt sie, und hat Freude daran, mit den alten Menschen zu kochen, die Hausarbeit zu machen, sie zu betreuen. „Die Bewohner können mithelfen“, erzählt sie, „und geben viel Dankbarkeit zurück.“
Man müsse sich auch mit dem Tod auseinandersetzen, sagt Yvonne Blendermann, deren Gedanken zurzeit aber vorwiegend in die andere Richtung gehen. Sie ist schwanger, erwartet im Februar ihr erstes Kind – und will nach der Elternzeit ganz sicher wieder in ihren Beruf zurückkehren.
Förderpreis Inklusion auch für Iwan Zurkin
Die Stiftung Martinshof vergibt an diesem Donnerstag beim Industrieclub Bremen zum ersten Mal den „Förderpreis Inklusion“. An zwei junge Leute, die nach mehreren Jahren in der Werkstatt Martinshof mit entsprechender Unterstützung eine Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden haben. Neben Yvonne Blendermann zeichnet die Stiftung den 25-jährigen Iwan Zurkin aus Rönnebeck aus, der in der Lohnfertigung Martinsheide gearbeitet hat und über ein Außenpraktikum Kontakt zum Edeka-Center Schwinning in Blumenthal und dort eine feste, unbefristete Stelle im Getränkemarkt bekommen hat.
Der Förderpreis Inklusion soll zukünftig alle zwei Jahre an Menschen gehen, die mit praktischen Leistungen oder innovativen Konzepten zu einem inklusiven Zusammenleben beitragen. „Wir wollen Mut machen mit dem Preis“, betont Stiftungsvorstand Wilfried Hautop. Und zwar nicht nur den Betroffenen, um sich neuen Anforderungen zu stellen, sondern auch Arbeitgebern, um entsprechende Nischen zu finden und zu experimentieren. Da gebe es noch Luft nach oben, betont Wilfried Hautop. Inklusion dürfe nicht nur Sache von Unis und der Bildungssenatorin sein.
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