
Die Forderung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), mit einer Zuckersteuer Fettleibigkeit und Übergewicht bei Heranwachsenden entgegenzuwirken, stößt in Bremen auf Unterstützung: Experten und Politiker sehen darin aber nur einen ersten Schritt, um das Problem zu bekämpfen. Der Bremer Vorsitzende des Berufsverbandes, Stefan Trapp, spricht sich für ein Konzept aus „ökonomischem Zwang und staatlichen Angeboten“ aus. „Ungesunde Lebensmittel müssen eingeschränkt werden. Aber die Menschen müssen auch bei einem gesunden Lebensstil unterstützt werden.“ In Bremen sei Fettleibigkeit ein soziales Problem, das oft Kinder aus ärmeren Familien betreffe. Das ist besonders gravierend, weil im kleinsten Bundesland fast jedes dritte Kind von Armut bedroht ist.
Bereits im Frühjahr hatte der Kinder- und Jugendreport der Krankenkasse DAK gezeigt, dass 4,2 Prozent aller Kinder in Bremen chronisch übergewichtig sind, 27 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. In Niedersachsen waren es 3,5 Prozent. Somit sind der Studie zufolge gesundheitliche Risiken für Kinder aus sozioökonomisch schlechter gestellten Familien in Bremen deutlich höher: Kinder von Eltern ohne Ausbildungsabschluss im Alter zwischen fünf und neun Jahren seien bis zu 2,5-mal häufiger von Fettleibigkeit betroffen als Kinder von Akademikereltern.
In Mexiko, Frankreich, Finnland, Ungarn und Großbritannien gibt es bereits Zuckersteuern, dort sind laut BVKJ die Absatzzahlen für Süßgetränke deutlich zurückgegangen. Auch bei der deutschen Gesundheitsministerkonferenz im Juni wurde das Thema aufgegriffen. Für Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) kann eine Zuckersteuer nur „ein Baustein im Kampf gegen Übergewicht und Fettleibigkeit sein“. Viel wichtiger seien Information und Aufklärung, beispielsweise durch den kürzlich eingeführten Nutri-Score, der eine farbliche Nährwertkennzeichnung liefert. „Kinder und Jugendliche und ihre Eltern müssen möglichst früh über gesunde Ernährung informiert werden“, so Bernhard.
„Zuckerhaltige Nahrung ist oftmals billig und befriedigt einen Instinkt“, sagt der Bremer BVKJ-Vorsitzende Trapp. Eine höhere Besteuerung treffe zwar besonders ärmere Menschen härter, dies sei aber auch die Gruppe, die besonders oft von Übergewicht betroffen ist. Wichtiger als eine Besteuerung sei aber ein Auszeichnungssystem für Lebensmittel, beispielsweise eine Lebensmittelampel, die die verzeichneten Inhaltsstoffe verständlich auflistet. Nur so könne ein Bewusstsein für gesunde Ernährung gefördert werden, das sei gerade für weniger privilegierte Menschen wichtig. Zuletzt sei die Bremer Landesregierung in der Pflicht, sich für die Gesundheit von Kindern starkzumachen: Gerade in Schulen und Kitas müssten Bewegungsprogramme stärker gefördert werden, auch das gemeinsame Kochen vor Ort könne das Bewusstsein der Kinder für gesunde Ernährung schärfen.
Eine Zuckersteuer ist aus Sicht von Ute Reimers-Bruns (SPD) ein guter Vorstoß, allerdings müssten die Verbraucher auch über gesunde Ernährung informiert werden: „Über den Preis alleine geht das nicht.“ Für Rainer Bensch (CDU) ist die Besteuerung nur die Ultima Ratio: „Sie verteuert zwar zuckerhaltige Lebensmittel, steuert aber nicht das Ernährungs- und Bewegungsverhalten in Gänze.“ Für ihn sind deshalb sowohl der Nutri-Score als auch gesunde Lebensmittel in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Kitas wichtig. Cindi Tuncel (Linke) befürwortet die Zuckersteuer, um so auch Unternehmen zu fordern, den Zuckergehalt in beispielsweise Softgetränken zu senken. Hauke Hilz, Parteichef der FDP, hält von einer Zuckersteuer nichts, da sie keinen Steuerungseffekt habe. Auch der Nutri-Score sei nicht hilfreich: „Die Leute wissen, was sie falsch machen.“ Vielmehr müsse das Problem durch Ernährungsbildung in Schulen und Kitas angegangen werden.
Aus Sicht der Verbraucherzentrale Bremen wäre eine Zuckersteuer dann wirksam, wenn sie mit einem umfassenden Paket für Ernährungsbildung und Sportinitiativen einhergeht. Zudem gebe es keine Erhebungen, die direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucher bestätigen, wenn zuckerhaltige Produkte höher besteuert würden. „Die Menschen müssen besser aufgeklärt werden“, sagt Annabel Dierks und nennt ebenfalls den Nutri-Score als geeignetes Hilfsmittel.
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