
Würde man personalisieren, was die Vereinigten Staaten für Bremen bedeuten, so wären die USA für das kleinste deutsche Bundesland so etwas wie Joe Biden für Barack Obama. Die beiden verbindet eine wahre, brüderliche Freundschaft, aber auch eine belastbare Kollegialität – zwischen die sich nur noch Ehefrau Michelle stellen kann.
Die USA sind außerhalb der Europäischen Union Bremens wichtigster Handelspartner. Vergangenes Jahr haben Bremer Betriebe Waren im Wert von mehr als 16 Milliarden Euro exportiert, mehr als zwei Milliarden Euro entfallen dabei auf Ausfuhren in die USA. Nur ins Nachbarland Frankreich (sozusagen die Ehefrau) wird mehr exportiert.
Es ist keine Überraschung: In den USA sind vor allem deutsche Autos begehrt, sie machen mehr als 80 Prozent des Exports aus dem Land Bremen aus. Das geht aus den Daten des Statistischen Landesamtes hervor. Weit abgeschlagen folgen Kaffee (7,5 Prozent) und messtechnische Erzeugnisse (3,8 Prozent) an dritter Stelle. Wenn nun der künftige US-Präsident Donald Trump nur die Hälfte dessen wahr macht, von dem im Wahlkampf die Rede war, hat Bremen dann schlechte Karten?
Trump hat eine Politik angekündigt, die darauf setzt, dass wieder mehr in den USA produziert wird, er will Arbeitsplätze schaffen und die USA wieder „great“ machen. Wenn also jemand davon betroffen sein könnte, dann doch die Autobauer und deren Zulieferer und Logistiker – wie Mercedes oder die BLG.
Handelskammer erwartet keine großen Veränderungen bei der Zusammenarbeit
Das Problem ist nur: Niemand weiß etwas Genaues. Wenn nun Donald Trump am 20. Januar 2017 zum 45. Präsidenten der USA vereidigt wird, wird es wohl noch etwas dauern, bis sein Kabinett konkrete Vorhaben umsetzt – auch wenn Trump bereits den Autobauern Ford und General Motors per Twitter eingeheizt hat, und wenn er nun BMW droht, Strafzölle von 35 Prozent zu erheben.
Die Handelskammer Bremen erwartet, dass die USA einer der wichtigsten Handelspartner des Bundeslandes bleiben werden. Volkmar Herr ist bei der Handelskammer verantwortlich für Internationales, er arbeitet eng mit Firmen zusammen, die regelmäßig mit den USA Kontakt haben. Herr sagt, Trump könne auch nur im rechtlichen Rahmen agieren, in dem er sich befinde. Er könne Zölle nur im Rahmen der Richtlinien der Welthandelsorganisation WTO anheben, die auch die USA vor Jahrzehnten unterschrieben haben.
Und: Seiner Meinung nach decken die deutsche und auch die bremische Wirtschaft Nischen ab, die in den USA seltener zu finden seien, mittelständische Unternehmer, die Maschinen, Mess- oder Medizintechnik und andere Produkte vertreiben. Europa stelle den Mittelstand.
Also alles kein Problem? Vor allem, weil die Anzahl der Waren, mit denen das Land Bremen im USA-Geschäft handelt, in den vergangenen Jahren relativ stabil geblieben, ja sogar gewachsen ist. Und: Donald Trump ist Geschäftsmann. Die Handelskammer hofft darauf, dass der Businessman Trump schon durchrechnen werde, was er vom Protektionismus hat, bevor er die Schotten dicht macht. Der Glaube an die Wirtschaft, an Wachstum und daran, dass die Firmen mit der Politik schon fertig werden, scheint bei der Handelskammer fest verankert.
Entwickler von Windenergieanlagen sind skeptisch
Andere scheinen nicht ganz so optimistisch. Mehr als 400 Bremer Unternehmen unterhalten laut Handelskammer regelmäßig Geschäftskontakte in die USA, gut 80 sind dort mit einer Niederlassung vertreten. Eins davon ist WPD, ein Betreiber und Entwickler von Windenergieanlagen. Diesem Sektor steht der zukünftige US-Präsident sehr skeptisch gegenüber. Seine Twitter-Zeitleiste liest sich wie ein Abgesang auf den Klimawandel. So schrieb er im November 2014, dass Windräder die größte Gefahr für den Weißkopf- und den Steinadler darstellten. Der Klimawandel ist für ihn eine Erfindung der Medien. Anfang 2015 twitterte er: „Wow, 25 Grad unter null, ein neuer Höhepunkt der Kälte- und Schneewelle. Hat jemand was von globaler Erwärmung gesagt?“
Keine guten Voraussetzungen für ein Unternehmen, das sich auf erneuerbare Energien spezialisiert und erst im vergangenen August eine US-Firma in Portland übernommen hat. So steht auch Christian Schnibbe, Sprecher von WPD, dem neuen Präsidenten erst einmal skeptisch gegenüber, auch wenn er noch nicht sagen kann, welche Folgen die Präsidentschaft für das Unternehmen hätte. „Gefühlt ist es aber eine deutliche Veränderung in Richtung Politik nach Bauchgefühl“, sagt er.
Zumal Trump nach bisherigen Aussagen eher ein Befürworter des umstrittenen Frackings ist, also der Gas-Förderung durch Chemikalien-Einsatz, das Grundwasser und Luft zu verseuchen droht und Erdbeben verursachen kann. Dagegen bevorzugten deutsche und auch andere europäische Unternehmen mehr und mehr eine andere ökonomische Herangehensweise, die auf Nachhaltigkeit und Perspektive setze, sagt Schnibbe.
Energiepolitik der USA liegt vor allem in Hand der Bundesstaaten
Nun ist Schnibbe nicht ein totaler Pessimist. Er sagt auch: Während in Deutschland in der Energiepolitik der Bund die Hoheit habe, haben die Bundesstaaten in den USA einen stärkeren Einfluss auf die Rahmenbedingungen und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das könne die Folgen einer scheinbar rückwärtsgewandten Politik der neuen Administration aus Washington auch für WPD in Grenzen halten, da viele US-Staaten auf den Ausbau der erneuerbaren Energien setzten. So wie sich viele Bremer Unternehmen in den USA tummeln, haben umgekehrt mehr als dreißig US-Firmen ihren Sitz in Bremen.
So wie Gestra, Tochter des amerikanischen Konzerns Flowserve, spezialisiert auf Armaturen und Regelungstechnik. Vorstandschef Lutz Oelsner ist auch Präsident der Unternehmensverbände in Bremen und weiß deshalb, dass sich die ansässige Industrie Sorgen macht. Sie befürchte, dass sich die Handelsbeziehungen verschlechtern, wenn Trump seine protektionistischen Pläne wahr macht. „Trump ist auf jeden Fall anders“, sagt Oelsner. „Wir können uns nicht mehr auf die Rahmenbedingungen, wie sie bisher galten, verlassen.“ So bleibt den meisten Unternehmen nichts anderes übrig als: Warten, warten auf das, was Trump tatsächlich umsetzt und nicht nur in den sozialen Netzwerken poltert.
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