
Die Fraktion der Grünen hat sich gegen den Bau einer geschlossenen Unterbringung für jugendliche Straftäter ausgesprochen. Auf die Errichtung im Bremer Blockland kann und muss verzichtet werden, heißt es in dem Positionspapier, das die Fraktion am Montag beschlossen hat.
Und auch Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sagte am Dienstag, er wolle nicht unbedingt an der Einrichtung festhalten: „Wir sehen die Möglichkeit und die Notwendigkeit, über Alternativen zu reden.“ Unter einer Bedingung: „Wenn wir uns auf einen sehr restriktiven Umgang mit dieser Gruppe verständigen können.“ Der Senat werde kommende Woche in Ruhe darüber beraten, kündigte der Bürgermeister an.
Zwei Gründe waren ausschlaggebend
Zwei Gründe gaben für den Bürgermeister den Ausschlag, seine Position zur geschlossenen Unterbringung zu überdenken: Gespräche mit der Leitung der Justizvollzugsanstalt und mit Richtern hätten ergeben, dass die jungen Menschen, um die es geht, in sozialpädagogischen Einrichtungen nicht vernünftig betreut werden könnten. Zum anderen habe sich die Lage in Bremen geändert. Die Zahl der straffälligen unbegleiteten minderjährigen Ausländer im Bundesland gehe zurück, ein Teil von ihnen sei inzwischen erwachsen.
„Die Verhältnisse haben sich geändert“, sagte der Grünen-Politiker Matthias Güldner. „Die Idee einer geschlossenen Unterbringung hat sich überlebt. Irgendjemand muss den Schritt tun, um umzusetzen, was für alle offensichtlich ist.“ Güldner gilt seit Beginn der Diskussion als Kritiker einer geschlossenen Unterbringung. Partei, Fraktion und die grünen Senatsmitglieder hätten das Papier in großem Einvernehmen verabschiedet. „Es schien uns an der Zeit, das zu entscheiden, damit nicht alle so tun, als ob es weitergeht“, sagte Matthias Güldner.
Seit 2015 diskutiert Bremen darüber, eine Jugendhilfe-Einrichtung speziell für minderjährige ausländische Straftäter zu schaffen. Sie sollte im Blockland neu gebaut werden, auf dem Gelände, wo bis 2004 der Jugendvollzug der Justizvollzugsanstalt Bremen war. In den vergangenen Wochen und Monaten hatten sich allerdings immer mehr Kritiker zu Wort gemeldet und die Planung zeigte, dass die Einrichtung wohl erst 2019 öffnen könnte.
Baukosten von rund 6,5 Millionen Euro
Die Sozialbehörde ging von Baukosten von rund 6,5 Millionen Euro aus. Inzwischen ist die Zahl der Jugendlichen, die für so eine Einrichtung infrage kommen, nach Angaben der Behörde deutlich zurückgegangen: auf einen bis derzeit höchstens drei Jugendliche.
Als Hauptgrund gegen die Jugendhilfe-Einrichtung im Blockland spricht aus Sicht der Grünen die Tatsache, dass sich sowohl Jugendhilfe als auch Strafvollzug in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt hätten. Man stehe kurz davor, Lücken oder Defizite in vollem Umfang beseitigt zu haben. Zum einen gebe es zwei haftvermeidende Einrichtungen, weitere seien geplant.
Zum anderen habe die Straßensozialarbeit mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern in zahlreichen Fällen Erfolg und auch der Strafvollzug habe sich auf diese Gruppe eingestellt. Zusätzliches Personal und Dolmetscher erreichten die Jugendlichen und verhinderten, dass sie kurz nach ihrer Entlassung wieder im Gefängnis landeten.
Der Weg ist frei für ein Umdenken
„Diese Entwicklung macht – selbst für diejenigen, die in der Vergangenheit an die Unvermeidbarkeit einer geschlossenen Unterbringung geglaubt haben – den Weg frei für ein Umdenken in dieser Frage“, heißt es unmissverständlich in dem Positionspapier der Grünen.
Damit Bremen auf die geschlossene Unterbringung, die auch im rot-grünen Koalitionsvertrag steht, verzichten könne, müssten aber einige Maßnahmen ergriffen werden, sagte Sieling. Zum einen müssten begleitende Maßnahmen in der Untersuchungshaft und der Strafhaft ausgebaut werden. „Das müssen wir deutlich strukturierter angehen.“ Junge Männer, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, sollen noch aus der Haft in ihre Heimatländer abgeschoben werden. „Das ist nicht anders zu verantworten“, sagte Sieling.
Wer ein Aufenthaltsrecht habe, soll direkt nach der Haft in eine Einrichtung der Jugendhilfe überführt werden. Und ganz schwere Fälle sollen auch in Zukunft in entsprechenden Einrichtungen in anderen Bundesländern untergebracht werden. Das Angebot an intensivpädagogischen Plätzen müsse bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dann, so heißt es in einem Papier, das am Dienstag beschlossen wurde, könne auf die Realisierung der fakultativ geschlossenen Unterbringung verzichtet werden.
CDU-Fraktion fordert die geschlossene Einrichtung
Die CDU teilte am Dienstag in einer Pressemitteilung mit, sie sehe in der Abkehr der rot-grünen Koalition von der geschlossenen Unterbringung ein „Armutszeugnis rot-grüner Handlungsfähigkeit“. Die CDU-Fraktion fordert, dass die geschlossene Einrichtung umgesetzt wird, statt die Jugendlichen zu inhaftieren. Die Einrichtung sei nicht nur für straffällige jugendliche Ausländer sinnvoll, sondern generell für jugendliche Intensivtäter.
Die Grünen nennen in ihrem Papier weitere Gründe, die aus ihrer Sicht gegen die Einrichtung im Blockland sprechen: Die Situation habe sich grundlegend geändert, die Zahl der Jugendlichen, die in so einer teilweise geschlossenen Einrichtung untergebracht werden könnten, sei stark zurückgegangen. Auch die Sicherheitsbedrohung, die von den unbegleiteten minderjährigen Ausländern ausging, sei zurückgegangen, und die Situation habe sich beruhigt.
Die Kosten für Bau und Betrieb seien unverhältnismäßig hoch und die Gefahr des Machtmissbrauchs von Seiten der Mitarbeiter sei in solch einer Einrichtung sehr hoch. Die Grünen verweisen auf Vorfälle in ähnlichen Einrichtungen in Brandenburg.
Befürchtungen der Grünen
Die Grünen befürchten außerdem, dass ein Teil der Einrichtungsplätze mit jugendlichen Straftätern aus ganz Deutschland belegt werden. Das wäre der Fall, wenn Hamburg und Bremen die geplanten 32 Plätze nicht brauchen. Weil diese Jugendhilfeeinrichtung nur teilweise geschlossen sei, könnten die Jugendlichen sich zeitweise frei in Bremen bewegen. „Dies würde zu zusätzlichen Anforderungen an die Polizei und das bremische Jugendhilfe- und Justizsystem führen.“
Bremen wollte die Einrichtung gemeinsam mit Hamburg errichten. Aus Hamburg sollte der Träger der geschlossenen Unterbringung kommen, dafür sollte Hamburg problematische Jugendliche nach Bremen schicken. Bürgermeister Carsten Sieling hat am Dienstag bereits mit seinem Hamburger Kollegen Olaf Scholz (SPD) telefoniert und ihn über den Stand der Debatte in Bremen informiert. Ein Problem sieht Sieling darin nicht: „Das ist eben so, wenn die Lage sich so verändert. Die Hamburger werden beraten, wie sie damit umgehen.“
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.
Das sind die wirklichen Zahlen, ...