
Bilanz gezogen wird immer im September: Wie viele Menschen haben sich im abgelaufenen Ausbildungsjahr um eine Ausbildung beworben? Wie viele von ihnen haben eine Stelle gefunden? Und natürlich, wie viele Ausbildungsplätze standen überhaupt zur Verfügung? Als die Arbeitsagentur, die Handels- und die Handwerkskammer die Zahlen im Herbst des vergangenen Jahres vorstellten, war schnell klar: Die wirtschaftliche Lage der Betriebe schlägt durch auf den Ausbildungsmarkt. Insgesamt fast 14 Prozent weniger Ausbildungsplätze wurden gemeldet, in der von Beschränkungen besonders betroffenen Hotel- und Gaststättenbranche betrug der Rückgang 40 Prozent (wir berichteten). Doch wie kann im laufenden Jahr die Zahl der Ausbildungsplätze stabilisiert werden? Und wie können Betriebe und Schulabgänger derzeit überhaupt zusammenfinden?
Mit Förderprogrammen wird versucht, dem Einbruch des Ausbildungsmarktes entgegenzuwirken. So prämiert der Bund seit vergangenem Sommer mit seinem Programm „Ausbildungsplätze sichern“ kleine und mittelgroße Betriebe, um dort das Ausbildungsniveau zu erhalten, begonnene Berufsausbildungen fortzuführen oder neue Ausbildungskapazitäten zu schaffen. Ein wichtiges Signal, findet Annette Düring, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bremen, verbindet das Lob jedoch mit einem großen Aber: „Die Betriebsschließungen gehen ja jetzt erst los.“
Auch Björn Reichenbach, bei der Handelskammer Bremen für den Bereich Aus- und Weiterbildung zuständig, warnt: „Wir sehen große Unterschiede wie Unternehmen durch die Krise kommen. Nicht nur branchenspezifisch, sondern auch innerhalb einer Branche. Und: Neben Corona stehen viele Betriebe vor einem allgemeinen Strukturwandel in Sachen grüne Technologien oder Digitalisierung.“
In Bremen setzte der Senat deshalb im September eine eigene Ausbildungsgesellschaft ein. Sie sollte zunächst 60 zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze gewährleisten, die als Einstieg oder als Überbrückung für Auszubildende insolventer Ausbildungsbetriebe dienen. Die angebotenen Plätze waren schnell vergeben. Zum Februar soll das Angebot nun noch einmal um weitere zehn Plätze auf dann insgesamt 70 aufgestockt werden.
Außerdem stellte Detlef Pauls, der Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands für Bremen, jüngst in der Wirtschaftsdeputation die Idee einer Ausbildungsakademie vor, die in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern und Berufsschulen realisiert werden könnte. Ein Plan, der bei Gewerkschafterin Düring gut ankommt: „Das ist die richtige Antwort auf die Krise. Das kann, genauso wie die Ausbildungsgesellschaft, eine wichtige Brücke in die Zeit nach der Pandemie sein.“
Björn Reichenbach hofft trotzdem, dass sich die Lage am Ausbildungsmarkt noch im Jahresverlauf entspannt – oder zumindest nicht verschlechtert. „Der Ausbildungsstart ist ja noch etwas hin, und hoffentlich greifen bis dahin die Impfungen durch“, sagt er. Er schränkt allerdings auch ein: „Aber wir müssen auch ehrlich sein: Wer jetzt mit der Insolvenz kämpft, hat andere Sorgen als die Ausbildung.“
Eine Herausforderung ist es derzeit zudem, Betriebe und an einer Ausbildung interessierte Schulabgänger zusammenzubringen. Präsenzveranstaltungen, auf denen ein beiderseitiges Kennenlernen möglich wäre, fanden zuletzt selten statt. Düring und Reichenbach halten daher schon die Anbahnung der Ausbildungsverhältnisse für problematisch. „Wir stellen fest, dass die Anzahl der Praktikumsplätze wahnsinnig geschrumpft ist“, sagt Düring. Ein Eindruck, den Reichenbach bestätigt. Stattdessen beobachte man, dass viele Firmen auf elektronische Wege ausweichen, um mit Interessenten in Kontakt zu kommen.
Geht es nach Düring, sollte die Berufsorientierung auch für die Zeit nach Corona „ganz neu gedacht“ werden: „Ausbildungsmessen, wie wir sie bisher kannten, wird es so vermutlich nicht mehr geben“, sagt sie. Sie seien auch für die Betriebe oft zu wenig effektiv. Stattdessen werde künftig ein wesentlich größerer Fokus auf digitaler Kommunikation liegen.
Eine Entwicklung, die derzeit auch vonseiten des Bildungsressorts gefördert wird. So sei das Netzwerk „BO digital“ aus der Taufe gehoben worden, erklärt Sprecherin Annette Kemp, und man habe zusammen mit verschiedenen Akteuren beispielsweise einen digitalen „Tag der beruflichen Bildung“ veranstaltet, bei dem Betriebe in Videokonferenzen über die Chancen einer dualen Ausbildung informierten. „Auf diese Weise konnten sich rund 2500 Schülerinnen und Schüler aus 107 Klassen und 19 Schulen beruflich orientieren“, erklärt Kemp. An den Schulen kümmerten sich außerdem extra ausgebildete Berufsorientierungskräfte um eine Vorbereitung auf den Berufseinstieg. Der Zukunftstag soll in diesem Jahr, zusätzlich zu möglichen Präsenzveranstaltungen, in digitaler Form stattfinden.
Auch bei der Arbeitsagentur Bremen-Bremerhaven ist man inzwischen umgestiegen auf digitale Angebote. Beratungsgespräche würden derzeit per Telefon oder via Videoschalte geführt, erklärt Sprecher Jörg Nowag. Er rät Schulabgängern dazu, sich zunächst über den Online-Auftritt des Berufsinformationszentrums zu informieren. Dort gebe es einen detaillierten Selbsttest, der Berufseinsteigern als Orientierungshilfe dienen könne.
Digitale Jobmessen
Für Studierende und Hochschulabsolventen im Raum Bremen und aus der Region Nord-West wird am 3. März die „Jacobs Career Fair“ veranstaltet. Sie soll Studienabsolventen und potenzielle Arbeitgeber in Kontakt bringen und findet in diesem Jahr erstmals ausschließlich digital statt. Schirmherrin der Veranstaltung ist die Handelskammer Bremen. Neben Unternehmenspräsentationen und Workshops soll ein virtuelles Netzwerk-Event den Austausch zwischen Arbeitgebern und Studienabsolventen ermöglichen. Studierende haben schon vor Messebeginn die Möglichkeit, sich über die Betriebe zu informieren und persönliche Gespräche mit Unternehmensvertretern zu vereinbaren. Vom 25. Februar bis zum 1. März haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zur digitalen Berufsorientierung. Die Infomesse „ABI Zukunft“ richtet sich an Eltern, Lehrkräfte und vor allem Schüler der Jahrgänge zehn bis 13. Sie will einen Überblick zu Themen wie Ausbildung, Studium, duales Studium oder Freiwilliges Soziales Jahr geben. Am Freitag, 26. Februar, und am Sonnabend, 27. Februar, können sich Interessierte an den virtuellen Messeständen via Live-Chat, Video- oder Sprach-Anruf oder durch Vorträge informieren lassen. Wer teilnehmen möchte, muss sich zuvor unter www.abi-zukunft.de für die Veranstaltung registrieren.
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job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.