
Holger Zapfe ist das, was man eine Ein-Mann-Brauerei nennt. Er braut das Bier, er fährt die Flaschen aus, er macht die Buchhaltung und pflegt seine Internetseite. So geht das schon seit 2015 im Achterdieker Bierverlach in Horn. Im Rückblick auf 2020 sagt er: „Ich kann zufrieden sein. Es gibt Branchen, die sehr viel mehr gebeutelt sind.“ Unter der Marke Ahoi 69 stellt er verschiedene Biertypen her. Das füllt er nur in Flaschen ab, nicht in Fässern – doch damit beliefert er auch Kneipen. Der erste Lockdown im Frühjahr hatte ihn irgendwie überrannt. Doch er wurde erfinderisch und schrieb auf seiner Facebook-Seite, dass er das Bier nun auch persönlich liefert bei einer Abnahme von mindestens zwei Kisten. Auf diese Weise kam er mit seinen Kunden so eng ins Gespräch wie noch nie: „Die Unterstützung damals war riesig.“ Auf seiner Facebook-Seite berichtete er auch regelmäßig von seinen Touren durch Bremen und umzu.
Als ab November die Kneipen wieder schließen mussten, machte ihn das schon nachdenklich: „Da habe ich mich mal kurz gefragt, ob das denn alles Sinn macht.“ Doch dann sagte er sich wieder: „Losing is not an option – Verlieren ist keine Option.“ Schließlich hat er all die Jahre Zeit und Geld in seine Ein-Mann-Firma investiert. Im ersten Lockdown hatte er gesehen, dass er sein Bier verstärkt in den Einzelhandel bringen muss. Erst vor einer Woche verkündete er stolz auf seiner Facebook-Seite, dass er nun auch einen Edeka-Markt in Braunschweig beliefere. So konnte er einen Teil von dem kompensieren, was in der Gastronomie nicht getrunken wurde. Gleichzeitig erweiterte Zapfe sein Angebot: Jetzt stellt der Craftbier-Brauer auch ein Kellerpils her und mit Fifty-Fifty ein naturtrübes Alster.
Dass Zapfe zum Jahresende doch zufrieden ist, ist eher eine Ausnahme. Denn die in Deutschland ansässigen Brauereien haben im vergangenen Jahr mit 8,7 Milliarden Liter Bier 5,5 Prozent weniger abgesetzt als noch 2019, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Bei den Biermixgetränken gab es ein Minus von 2,9 Prozent. Laut Deutschem Brauer-Bund müssen vor allem kleinere Betriebe längst ums Überleben kämpfen, während wenige große Brauereien von dem gestiegenen Flaschenbierverkauf im Einzelhandel profitierten.
So sagt der Sprecher von AB Inbev, Fried-Heye Allers: „Der Einbruch in der Gastronomie hat auch AB Inbev getroffen hat. Wir konnten uns im Handel jedoch über ein die Erwartungen übertreffendes Jahr freuen. Das hat leider den massiven Ausfall nicht kompensieren können, den die größtenteils geschlossene Gastronomie verursacht hat.“ Ebenso fielen auch alle Musikfestivals aus, bei denen AB Inbev mit seinen Getränken präsent gewesen wäre. Genaue Geschäftszahlen wird AB Inbev am 25. Februar veröffentlichen. Das Forcieren des Vertriebskanals Einzelhandel führte außerdem zu bisher ungeahnten Preisen: Vor Silvester gab es beispielsweise bei Kaufland eine Kiste Beck's im Angebot für 8,64 Euro.
Der weltgrößte Brauereikonzern versucht ebenso, mit Innovationen den Umsatz anzukurbeln. Das Beck's Unfiltered, ein naturtrübes Pils, ist seit Montag in den Märkten. Im Frühling sollen weitere Produkte folgen, bei denen es auch um Rum und Gin geht.
Wodurch auch Einbußen drohen: Viele Brauereien sind Verpächter von Gaststätten – entweder gehören ihnen die Immobilien selbst oder sie mieten sie, um sie an Gastronomen zu verpachten. Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bunds, sagte dem WESER-KURIER: „Viele Brauereien haben, obwohl sie selbst hart durch Umsatzeinbußen getroffen sind, alles daran gesetzt, durch eine Aussetzung, Minderung oder Stundung der Mieten die Gastronomie-Partner zu unterstützen.“ Je höher der Fassbieranteil einer Brauerei ist, desto mehr leidet sie unter dem vergangenen Jahr.
Die Bremer Union-Brauerei in Walle konnte dies durch einen höheren Absatz im Einzelhandel ausgleichen, wie der Chef Lüder Kastens erläutert: „Wir konnten den Umsatzanteil des Handels auf 80 bis 85 Prozent ausbauen.“ Außerdem braut Union inzwischen für andere Craftbier-Brauereien aus Berlin oder Hannover - also Lohnbräu. Und das Team baut auf neue Bierkreationen. So habe sich das Helle bei der Regionalbrauerei gut entwickelt, bald werde ein naturtrübes Alster hinzukommen. Auch an einem neuen Gastro-Projekt arbeitet Kastens für die Zeit nach dem Lockdown. Doch trotz aller Umtriebigkeit sagt er wie alle anderen: „Es wäre so schön, wenn endlich wieder die Kneipen öffnen könnten, um dort ein Bier zu trinken.“
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
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