
Die Zukunft Bremens sieht durchwachsen aus – das geht aus einer Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) und der Privatbank Berenberg hervor. Dafür wurden die 30 größten Städte in Deutschland verglichen. Bremen landete auf Platz 20 und damit am Ende des Mittelfelds.
Bewertet wurden für die Rangliste die gegenwärtige ökonomische Leistungsfähigkeit, die erwartete demografische Entwicklung sowie wesentliche Standortfaktoren wie Bildung, Innovation, Internationalität und Erreichbarkeit. Vor allem bei den Standortfaktoren hat Bremen im Vergleich zur letzten Untersuchung 2017 deutlich verloren. Im Standortindex reichte es nur für Platz 18, zwei Jahr zuvor lag die Hansestadt noch auf Rang 13. Der Studie zufolge konnte das kleinste Bundesland seine Platzierungen in den Bereichen Bildung, Innovation und Internationalität nicht verteidigen.
Mittelmäßig schnitten auch die untersuchten Städte in Niedersachsen ab. Hannover verbesserte sich im Vergleich zu 2017 leicht auf Rang 18, Braunschweig fiel auf Platz 23 zurück. In Hannover droht der Untersuchung zufolge eine Überalterung: In der Landeshauptstadt sei ebenso wie in vielen Städten Nordrhein-Westfalens und in Kiel ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen zu erwarten. Das könne zu „stärkeren Einbrüchen bei der ökonomischen Leistungsfähigkeit der Städte“ führen.
Bundesweit auf Platz eins liegt in diesem Jahr erstmals Berlin. Die Hauptstadt habe sich zu „einer der dynamischsten Städte Deutschlands entwickelt“, stellt Berenberg-Chef Hans-Walter Peters fest. Zweiter wurde Leipzig, während München vom Spitzenplatz auf Rang drei fiel. Letzter ist Gelsenkirchen. Fast jeder vierte Einwohner in Deutschland lebt derzeit in einer der 30 größten Städte.
Bis 2030 erwartet die Studie, dass die Bevölkerung in Deutschland um 1,3 Millionen Menschen wächst. Sie sieht jedoch starke regionale Unterschiede. „Im Osten Deutschlands werden viele Regionen tendenziell stärker an Bevölkerung verlieren, aber auch in den westlichen Bundesländern ergibt sich ein zweigeteiltes Bild: Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg und Bayern gewinnen auch künftig Einwohner hinzu“, schreiben die Autoren. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen stünden hingegen boomende ländliche Regionen schrumpfenden altindustriellen Städten gegenüber.
Die Zukunft Bremens war am Dienstag auch Thema einer immobilienwirtschaftlichen Fachtagung in der Bremischen Volksbank. Im Rahmen des sogenannten Heuer-Dialogs setzte sich der Geschäftsführer des Wohnungsbauunternehmens Brebau, Thomas Tietje, mit der Frage auseinander, warum Bremen keine „Schwarmstadt“ sei. Als Grundlage diente ihm eine Studie des Marktforschungsunternehmens Empirica. Das Institut war 2018 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft Bremen-Bremerhaven dem „Schwarmstadt“-Potenzial der Hansestadt nachgegangen. Unter dem Begriff verstehen Soziologen Kommunen, die eine besonders starke Anziehungskraft auf junge Leute ausüben – genauer: auf die Altersgruppe bis 35 Jahre. Hamburg, Leipzig, Freiburg und München sind da deutschlandweit führend. Bremen definitiv nicht. „Die Stadt ist Wanderungsverlierer“, sagte Tietje. Junge, gut ausbildete Menschen aus der Hansestadt ziehe es häufig nach Hamburg oder Berlin.
Typisch für Schwarmstädte ist starker Zuzug aus dem Hinterland. In der Empirica-Studie wird darunter die Region jenseits des unmittelbaren Speckgürtels einer Großstand verstanden. Für Bremen wäre das also insbesondere der ländliche Nordwesten. Doch selbst aus dem Landkreis Leer zieht es mehr junge Leute nach Osnabrück als nach Bremen. Kennzeichnend für Schwarmstädte ist laut Thomas Tietje zudem die Existenz mindestens eines Szeneviertels, oft mit gründerzeitlicher Architektur. Damit kann Bremen natürlich aufwarten, Ostertor und Steintor entsprechen genau dieser Beschreibung.
Der Haken laut Tietje: Die dortigen Wohnungen sind nicht durch junge Leute, sondern durch vormals junge Leute besetzt. Oft seien es Akademiker, die um 1980 ins Viertel zogen und keine Anstalten machen, sich dort wieder fortzubewegen. So werde kein Wohnraum frei für Leute im Studentenalter oder junge Erwerbstätige, die es normalerweise in Schwarmstädte zieht. Szeneviertel-Flair keimt nach Einschätzung des Brebau-Chefs ansonsten nur in Teilen der Neustadt und im Bereich rund um die Admiralstraße in Findorff auf. Allerdings eben nur in Ansätzen und nicht genug, um Schwarmstadt-Dynamik auszulösen.
Was es sonst noch braucht, um Anziehungskraft auf die U-35-Altersklasse auszulösen, hat Bremen offenbar auch nicht in überreichem Maße. Gemeint ist die Identifikation des Stadtnamens mit gesellschaftlichen Trends etwa in den Bereichen Trendsportarten, Ernährung oder Kultur. „Was das angeht, steht Bremen aus Sicht von Empirica für wenig oder gar nichts“, lautete das ernüchternde Fazit des Brebau-Chefs.
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