
Selbst für Klaus Hering, der seine Branche seit Jahrzehnten kennt, ist das ein Ausnahmemoment. „Das habe ich noch nicht gesehen“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Arcelor-Mittal Bremen. Hering meint damit den aktuellen Aufschwung für den Stahl. Die Preise sind in die Höhe geschnellt – nach einem Krisenjahr mit Kurzarbeit für die Stahlkocher. Das „Handelsblatt“ berichtete in dieser Woche, das Angebot sei teils wegen der großen Nachfrage gar zu knapp.
Der Markt hat sich schneller beruhigt als angesichts der Auswirkungen der Pandemie zuvor befürchtet. „Das ist ein Luftholen“, beschreibt Klaus Hering die Situation für die Bremer Hütte. „Die Frage ist, wie lange es anhält. Wir hoffen, dass es bis zur Mitte des Jahres so weitergeht.“
Am Donnerstag legte Arcelor-Mittal die Zahlen fürs vierte Quartal vor. Das Unternehmen konnte demnach von einer Erholung des wirtschaftlichen Umfeldes insbesondere in der Autoindustrie profitieren. Der Umsatz im Vergleich zum Vorquartal konnte von rund 13,3 Milliarden auf knapp 14,2 Milliarden US-Dollar (11,7 Milliarden Euro) zulegen, teilte der Konzern in Luxemburg mit. Höhere Verkaufspreise wirkten sich positiv aus, die Rohstahlproduktion nahm wieder zu.
Der Vorstandsvorsitzende des Bremer Stahlwerks konstatierte am Donnerstag ebenfalls die schrittweise Verbesserung. „Die wirtschaftliche Entwicklung bei Arcelor-Mittal Bremen war auch im vierten Quartal weiter von den Risiken durch die Corona-Pandemie geprägt", sagt Reiner Blaschek. Im Laufe des letzten Quartals habe sich die Nachfrage aber weiter erholt, "und demzufolge wurde die Kurzarbeit sukzessive reduziert".
Seit Ende September läuft der zweite Hochofen am Standort wieder – ein wichtiger Indikator. Wegen des massiven Nachfrageeinbruchs ruhte er zuvor über Monate. Auch jetzt habe der Konzern wieder signalisiert, so Klaus Hering, dass die Auslastung in diesem Jahr geringer ausfalle. Um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, setzt das Bremer Werk auf eine Arbeitszeitflexibilisierung. Je nach Nachfrage ist die Belegschaft 32, im nächsten Schritt 33,6 oder 35 Stunden pro Woche im Einsatz. Für jedes Quartal wird das festgelegt für die verschiedenen Bereiche. Jetzt im Februar sind Kollegen von Hering teils schon auf dem höchsten Niveau von 35 Stunden.
Die Arbeitszeitregelung ist Teil des Zukunftstarifvertrags für das Werk. Das Unternehmen hat ihn mit IG Metall und dem Betriebsrat im vergangenen Jahr ausgehandelt. Teil davon ist auch: Die Beschäftigung für die nächsten fünf Jahre ist damit gesichert. Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen. „Dieser Tarifvertrag bietet Beschäftigungssicherung für ein gewisses Maß an Flexibilität in der Arbeitszeit“, sieht es Vorstandschef Reiner Blaschek. Zugleich werde dem demografischen Wandel Rechnung getragen: Ältere Mitarbeiter hätten die Möglichkeit, auf Altersteilzeit zu gehen. Jungen Kollegen werde „eine gute Perspektive des Einstiges gegeben“.
Beim Ergebnis profitierte der Konzern auch vom Verkauf des US-Geschäfts. Unter dem Strich verblieben 1,2 Milliarden Dollar, nachdem im dritten Quartal ein Verlust von 261 Millionen Dollar verbucht worden war. Das Gesamtjahr 2020 war maßgeblich durch die Einbußen im Zusammenhang mit der Pandemie geprägt. Die Umsätze sanken um rund ein Viertel auf 53,3 Milliarden Dollar, das Ebitda fiel um 17 Prozent auf 4,3 Milliarden Dollar. Netto konnte Arcelor-Mittal seine Verluste auf 733 Millionen Dollar reduzieren. Im Vorjahr war wegen hoher Abschreibungen ein Fehlbetrag von knapp 2,5 Milliarden Dollar angefallen.
Neben den Zahlen gab es eine weitere Nachricht. Der Konzern verkündete einen Führungswechsel. Vorstandschef und Gründer Lakshmi Mittal macht Platz für seinen Sohn. Aditya Mittal war bislang Finanzvorstand sowie Chef von Arcelor-Mittal Europe. Seinen Posten als Chef des Verwaltungsrats will Lakshmi Mittal behalten. Er hatte sein Unternehmen 2006 mit dem französischen Konkurrenten Arcelor fusioniert.
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