
Eine Scheibe aus Schiefer, 61 Zentimeter im Durchmesser, gibt Rätsel auf. Sie sieht aus wie eine Schiffsschraube, die in einen filigranen Ring eingefasst ist. Doch bisher wissen Wissenschaftler nicht, wozu der alt-ägyptische Gegenstand dient. Nun versucht die ZDF-Sendung „Terra X“, das Rätsel zu lösen. Dabei helfen Spezialisten von Airbus aus Bremen, die die Scheibe mittels 3D-Druck nachgebaut haben. In verschiedenen Test soll das Geheimnis gelüftet werden. Ausgestrahlt wird die Sendung diesen Sonntag um 19.30 Uhr.
Die Form der Schiefer-Scheibe ist weltweit einzigartig, viel wird über ihre Funktion spekuliert. In Internet-Foren ist sogar die Rede von einem Abbild eines Außerirdischen Flugobjekts. Aber auch von einem Werkzeug, das übersinnliche Wesen den Ägyptern gebracht haben, um den Pyramidenbau zu erleichtern. Auch über eine technische Funktion, etwa zum Erzeugen von Strom, wird spekuliert. Wahrscheinlicher ist dann doch, dass es sich um eine zeremonielle Lampe handelt, aber auch ein praktischer Gebrauch ist nicht ausgeschlossen.
Das glaubt auch Peter Sander. Der 60-Jährige leitet den Bereich Emerging Technologies & Concepts beim Flugzeugbauer Airbus. Dazu gehört alles rund um die Herstellung von Bauteilen im dreidimensionalen Druckverfahren. Der Bremer stellte mit seinem Team bereits Teile für den Riesenflieger A380 her. Die Zusammenarbeit mit dem ZDF kam dabei eher zufällig. Der Fernsehsender hatte bei Airbus angefragt, um mithilfe des Flugzeugbauers zu prüfen, ob es sich bei der Scheibe um ein Flugobjekt handeln könnte. Über die Presseabteilung landete die Anfrage dann bei Sander.
„Ich hatte dann sofort die Idee, die Scheibe nachzubauen“, sagt der Ingenieur. Schließlich hat man bei Airbus viel Erfahrung mit der Technologie des 3D-Drucks. Sander und sein Team waren schnell begeistert von der Aufgabe. „Es hat uns nicht mehr losgelassen.“ Insgesamt habe man über drei Wochen an dem Rätsel gearbeitet.
Gefunden hat die Scheibe der Archäologe Walter Emery 1936 in Ägypten. Am Morgen des 19. Januar öffnete er das sogenannte Grab 3111 in Sakkara, einer Totenstadt etwa 20 Kilometer südlich von Kairo. Emery datierte das Grab auf etwa 3500 vor Christus. Es bestand aus sieben Räumen und gehörte dem hohen Beamten Prinz Sabu. Sechs der Kammern waren gefüllt mit Nahrung, Werkzeugen und Pfeilspitzen, die Sabu das Leben nach dem Tod erleichtern sollten.
Sämtlicher Schmuck war bereits von Grabräubern gestohlen worden. In der siebten Kammer wartete dann eine Überraschung auf Emery. Dort waren die Reste des Sarges mit den Gebeinen aufgebahrt – jedoch nicht wie üblich in der Mitte des Raumes, sondern links versetzt. In der Mitte fand Emery Fragmente der rätselhaften Scheibe. Er schloss daraus, dass sie sehr wichtig für Sabus Leben nach dem Tod sein musste.
Eine Hypothese, die auch Sanders Überlegungen zugrunde lagen. Nachdem sein Team die Scheibe in einem Simulationsprogramm nachgebaut hatte, ließen es den 3D-Drucker für acht Stunden arbeiten. Solange dauert es, den Gegenstand aus Aluminium nachzubauen. Um praktischer damit testen zu können, entwickelte das Team zunächst eine kleinere Version.
Sander nahm die Replik dann mit nach Hause und testete sie im eigenen Garten auf seine Flugeigenschaften: „Das Ding fliegt wie eine Eins – das wohl älteste Frisbee der Welt.“ Auch eine gleichgroße Nachbildung druckte das Team, es dauerte 20 Stunden. Diese Scheibe warf ein erfahrener Frisbee-Spieler auf dem Airbus-Gelände. Die Ergebnisse waren ähnlich: „Auch die große Scheibe fliegt ausgezeichnet.“
Damit waren die Tests der Airbus-Fachleute noch nicht am Ende. „Wir haben mit Bionikern der Hochschule Bremen zusammengearbeitet“, erzählt Sander. Ein Bioniker beschäftigt sich mit der Übertragung von Phänomenen der Natur auf die Technik. Und so haben die Wissenschaftler untersucht, ob es in der Natur vergleichbare Strukturen wie bei der Scheibe gibt.
Und sie sind fündig geworden: Kieselalgen sehen ähnlich aus. Sie sind allerdings nur einen Zehntel-Millimeter groß, die Ägypter hätten also Mikroskope besitzen müssen. Die Theorie schied aus. Auch einen Ventilator oder einen Antrieb stellt die Scheibe Sanders Einschätzung nicht dar: „Es ist definitiv kein technisches Gerät.“ Dazu sei das Material zu fragil, sobald es gedreht würde, breche es, sagt der Airbus-Ingenieur. Außerdem stammen die ersten drehenden beziehungsweise radähnlichen Gegenstände aus der Zeit um 2500 vor Christus. Sie sind also rund 1000 Jahre jünger als die Scheibe von Sabu.
Was könnte die Scheibe also darstellen? Sander ist ziemlich sicher, dass es sich um eine zeremonielle Lampe handelt. „Wenn an einer der Amphoren aus dem Grab Öl-Spuren nachgewiesen werden können, ist die Sache für mich klar.“ Das Team goss Spiritus und Paraffin in die Schale. „Es war wie Kino“, sagt Sander. So schön seien die Flammen durch die Form der Scheibe geworden. Am Rand konnte man sie außerdem problemlos anfassen und tragen. Das sei zwar nicht die spektakulärste Lösung, aber die wahrscheinlichste. Sander stellt jedoch auch klar, dass es keine finale Lösung sei. Trotzdem habe die Zusammenarbeit mit dem ZDF auch gezeigt, in welchen Bereichen die 3D-Druck-Technologie noch sinnvoll eingesetzt werden könne.
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