
Die Margarita im Karton, das Kichererbsencurry im Aluschälchen – seit vielen Wochen sind Köstlichkeiten aus Restaurants und Cafés erneut allein zum Mitnehmen zu bekommen. Und an dieser Lage wird sich auch in der nächsten Zeit vorerst nichts ändern. Dabei entsteht mit jeder Bestellung allerdings in der Regel Verpackungsmüll.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Bremen will dagegen etwas unternehmen. „Der ganze Müll ist ja unvorstellbar“, sagt Landesverbandspräsident Detlef Pauls. Der Dehoga-Chef plant darum, ein Mehrwegsystem im größeren Stil auf den Weg zu bringen. Am besten beteiligten sich dabei viele Restaurants. „Es macht am meisten Sinn, wenn es einheitlich ist“, sagt Pauls. Solche Systeme beruhen darauf, dass die Kunden die Behälter nutzen und zeitnah wieder zurückbringen – ob zum Italienischen oder Indischen Restaurant.
Schälchen und Teller aus Plastik oder Papier kosten heute ebenfalls und sind in vielen Fällen Wegwerfprodukte. Für die beteiligten Gastronomen, so Pauls, solle es mit der Alternative bestenfalls nicht spürbar teurer werden. Die Umstellung solle gut machbar sein – gerade in diesen schwierigen Zeiten. Ob das klappt? Der Landesverbandspräsident ist im Gespräch mit Anbietern. „Das sieht gut aus“, sagt er auf die Frage.
Verhandlungen gibt es mit dem Kölner Start-up Vytal. „Das ist ein echt gutes Konzept“, sagt Pauls. Die Gründer stellten ihre Idee schon in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ vor. München, Hamburg, Berlin, Leipzig und weitere Städte sind neben dem Heimatort Köln bereits in der Liste vermerkt.
Wie funktioniert Vytal? Die Kunden installieren sich für die Nutzung der Behälter eine App. Die Schalen tragen einen QR-Code, der durchs Einscannen mit dem Kunden verknüpft wird. Wer will, kann über die App auch bestellen und bezahlen. Pfand muss für das Ausleihen nicht bezahlt werden. Wenn die Dosen rechtzeitig wieder abgegeben werden, entstehen keine Kosten. Wer zwei Wochen verstreichen lässt, der zahlt dann aber zehn Euro und hat die Schüssel damit gekauft. Die App erinnert an die Abgabe. Die Gastronomen zahlen an Vytal pro Befüllung.
Im „Aloha“ in der Bischofsnadel werden die hawaiianischen Bowls seit ein paar Monaten in den Behältern von Vytal angeboten. „Das ist optimal. Die Kunden sind begeistert“, sagt Geschäftsführerin Claudia Janning. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie auch das „Jannings“ im Viertel. Dort solle es die Verpackungen bald auch geben, wenngleich an einer Lösung speziell für die Pizza derzeit getüftelt werde.
Im Moment koste es noch Zeit, sagt Janning, Kunden den Ablauf zu erklären und über das Angebot zu informieren. Das werde natürlich leichter, wenn das System bekannter sei. In der Markthalle Acht machten auch schon Stände mit. In Zukunft sollen Kunden statt der App auch eine Kundenkarte benutzen können. Die Bezahlung an Vytal liegt nach Angaben von Claudia Janning unter dem Preis, der für Wegwerfverpackungen sonst im Geschäft anfällt.
Der BUND Bremen hilft der Gastronomie zudem bei der Einführung von Mehrwegsystemen und trägt die Kosten für die ersten drei Monate. So war es auch bei „Aloha“. Für Betriebe soll die Unterstützung ein Anreiz sein. Zugleich soll der Test so nicht mit einem Risiko verbunden sein. „Es gibt eine Auswahl an Systemen“, sagt Antje Baum, die für das Projekt zuständig ist. Neben Vytal gebe es weitere Anbieter – zum Beispiel auch auf Pfandbasis statt App. Das sei manchen einfach lieber. „Jeder Gastronom kann ein passendes Angebot für seine Kunden finden“, sagt Baum. Für alle komme der Zeitpunkt, sich mit der Mehrwegfrage zu beschäftigen, weist die Expertin auf das neue Gesetz für die Branche hin.
Langfristig ist nämlich vorgesehen, dass Restaurants, Bistros und Cafés ihren Kunden auch Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke anbieten. Das Bundeskabinett hat die entsprechende Änderung des Verpackungsgesetzes an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht. „Mein Ziel ist, dass Mehrweg-Boxen und Mehrweg-Becher für unterwegs der neue Standard werden“, sagte dazu Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Die Pflicht ist für das Jahr 2023 angesetzt. Der Bundestag muss die Maßnahmen noch verabschieden.
Detlef Pauls vom Dehoga will nicht so lange warten. Bremen könne hier Vorreiter im besten Sinne sein. Der Müll mache allen das Leben schwer. Darum ist er von der Idee überzeugt und will sie auch auf Bundesebene beim Dehoga anregen, um in der Branche etwas gegen die Verpackungsprobleme zu unternehmen: „Wir wollen unseren Teil dazu beitragen.“
Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Ingrid Hartges kritisierte derweil das Vorhaben des Umweltministeriums, das zudem eine Pfandpflicht auf alle Getränkeflaschen aus Plastik vorsieht, aufgrund des Zeitpunkts: „Wir befinden uns in einer Situation, in der unsere Branche ums Überleben kämpft.“ Umweltschutzverbänden wie dem BUND gehen die Pläne dagegen nicht weit genug, weil kleinere Betriebe sich der Mehrwegpflicht entziehen können, wenn ihre Fläche kleiner als 80 Quadratmeter ist und es nicht mehr als fünf Beschäftigte gibt.
Angebote in Bremen
Verpackungsalternativen für Außer-Haus-Speisen gibt es heute in Bremen bereits vereinzelt in der Gastronomie, aber kein einheitliches Mehrwegsystem in der Breite. Auf der Seite www.esseninmehrweg.de gibt es mehr Informationen zum Projekt des BUND in Bremen. Dort ist auch aufgeführt, wer Mehrwegalternativen anbietet – zum Beispiel das Weincafé Engel oder die Kaffeequartierkantine.
Mehrwegbecher für Getränke sind in der Stadt schon seit längerer Zeit im Umlauf. Das Unternehmen Cup2date hat ein entsprechendes System auf Pfandbasis auf den Weg gebracht und die Becher in verschiedenen Restaurants und Cafés angeboten. Seit dem vergangenen Jahr ist die Gründung Teil des deutschlandweiten Pfandsystems für Coffee-to-go-Becher namens Recup. „Cup2date und Recup verfolgen die gleiche Vision – weniger Einweg, mehr Mehrweg“, kommentierten die Gründer Walter Steinhauer und Lucian Suhrhoff im Oktober die Entscheidung. Darum sei es „auch eine logische Konsequenz“ gewesen, sich dem Münchener Unternehmen anzuschließen.
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