
Mit Austern habe er eigentlich gar nicht so viel am Hut gehabt. Noch nie hatte er eine Auster geknackt, gegessen sowieso nicht. Bis vor vier Jahren sei das so gewesen, erzählt Marco Schnackenberg. Dann entschied er sich, mit seinem Kumpel Joost Becken ein Unternehmen zu gründen – und Austern zu verkaufen. So eine richtige Erfahrung habe zwar auch Becken nicht mit Austern gehabt, aber gegessen hatte der immerhin ein paar. „So gesehen klingt das schon ein bisschen skurril, aber wir wollten unbedingt was im Seafood-Bereich machen“, sagt Schnackenberg. Und das hat mit der Geschichte der beiden zu tun.
Essen aus dem Meer also. Der Nebenjob sollte damit unbedingt zu tun haben. Warum Nebenjob? Zum Zeitpunkt der Gründung von Austerregion waren die heute 30-Jährigen noch Studenten: Schnackenberg studierte Wirtschaftsingenieurwesen, Becken Betriebswirtschaftslehre. Die beiden hatten sich in der Schule kennengelernt, dann kurzzeitig den Kontakt verloren, sich im Studium wieder getroffen und zogen schließlich in eine Wohngemeinschaft. „Und dann haben wir uns überlegt: Was für einen Nebenjob könnten wir machen?“, sagt Marco Schnackenberg.
Beide hätten schon immer eine Verbindung zu Meer gehabt. Der eine, Becken, ist häufig durch den Fischereihafen in Bremerhaven gejoggt und hat dort auch mal gejobbt. Dem anderen, Schnackenberg, ist die Verbindung in die Wiege gelegt worden: „Mein Vater, Opa und Uropa waren Fischhändler.“ Als die beiden 2016 schließlich in Bremen die Fish International, die einzige Fisch- und Seafood-Messe in Deutschland, besuchten, lernten sie ein paar Fischer aus den Niederlanden kennen.
Wie ging es weiter? „Sie haben erzählt, wie sie ihre Austern fangen und verkaufen. Dann haben sie uns nach Turin eingeladen, wo wir eine Woche für sie gearbeitet haben.“ Anschließend habe der Entschluss, eine Kooperation mit den Fischern einzugehen und deren Austern zu verkaufen, festgestanden. „Inzwischen sind wir eine große Familie“, sagt Schnackenberg.
Dass die Markthalle Acht am Bremer Domshof erst ein paar Wochen vor der Unternehmensgründung im Dezember 2016 eröffnete, spielte den beiden Freunden in die Karten. Hier, im kulinarischen Probierzentrum Bremens, verkauften sie fortan jeden Samstag ihre Austern. Die stammen allesamt aus den Gewässern vor den Niederlanden und werden nach dem Fang in knapp zwei Stunden nach Bremen geliefert.
„So eine Frische kann sonst niemand garantieren“, sagt Marco Schnackenberg. Und die Kunden nahmen das Angebot zunächst an: Die Markthalle Acht lockte ohnehin viele Besucher an, die Austern gab es zum Probierpreis. „Aber ab dem Frühjahr 2017 gab es schon ein paar mehr Samstage, an denen wir mit plus/minus null rausgegangen sind.“
Die Gründe: Zum einen ließ die Neugier der Bremer nach (Schnackenberg: „Es dauert, einen Bremer von etwas Neuem zu überzeugen.“), zum anderen gäbe es die sogenannte R-Regel: „In den Monaten ohne R verkaufst du keine Austern, weil sie dann laichen, milchig sind und das Fruchtfleisch eine andere Konsistenz hat.“
Also hatten beide noch zusätzliche Nebenjobs, um sich zu finanzieren. Zwei Jahre lang habe man sich so durchgeschlagen, sonnabends in der Markthalle Acht gestanden und nebenbei ein paar Gastronomen beliefert. Auch nach dem Abschluss ihrer Studiengänge entschieden sie sich erst einmal für einen sicheren Beruf.
Bis Joost Becken im September 2019 alles auf eine Karte setzte und seine Vollzeitstelle kündigte. „Es gab ein steigendes Interesse aus Hamburg, wir haben mehr Gastronomen beliefert und standen auf zwei Wochenmärkten“, sagt Marco Schnackenberg.
Er selbst kündigte seine Teilzeitstelle nicht, denn das wäre ihnen ein zu großes Risiko gewesen. „Bis zur Corona-Pandemie und dem ersten Lockdown lief es dann auch richtig gut“, sagt der 30-Jährige. Doch dann habe sich die Entscheidung, nicht gleich beide Jobs zu kündigen, als richtig herausgestellt: Das Austern-Geschäft brach ein.
Die Gastronomie war geschlossen, für Tagesbesucher war auf den Wochenmärkten in Hamburg kein Platz mehr. Bis zum September habe sich das Geschäft nicht erholt, obwohl die Corona-Maßnahmen ab dem Mai gelockert wurden. „Eigentlich wollten wir im Sommer Essen auf Veranstaltungen und Festivals verkaufen, aber das ist ja auch alles ausgefallen“, sagt Schnackenberg. Die Situation in der Pandemie beschreibt er deshalb als nicht schön: „Vor allem, wenn man etwas aufbauen will.“ Aufgeben wollen die beiden deshalb aber noch lange nicht. Viel mehr habe ihnen das halbe Jahr vor der Pandemie gezeigt, wie erfolgreich das Geschäft laufen kann.
Wie hoch der Umsatz von Austerregion ist, will Marco Schnackenberg nicht verraten, aber es würde für die beiden Freunde reichen, um davon zu leben. „Wir haben aber auch nicht so große Ansprüche“, sagt er und lacht. Viel wichtiger als der Umsatz und der Verdienst sei die Freude an ihrer Arbeit. Das zeigt schon der Firmenname. „Einige denken, wir hätten uns verschrieben, verstehen aber den Spaß dahinter nicht“, sagt der 30-Jährige. Austern aus der Region, frisch und nachhaltig, gepaart mit der nötigen Portion Spaß. Aus diesen Gründen hätten sie überhaupt mit ihrem Geschäft angefangen.
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Sieht eher nach schwarzem Block aus, wenn ich dieses Bild genauer ...