
Wohnungen und Häuser verteuern sich rasant, viele Normalverdiener haben auf dem überhitzten Markt das Nachsehen. Experten sagten schon oft ein Ende des Preisanstiegs voraus – und lagen mit ihren Einschätzungen zumeist falsch. Wie beurteilen Sie den Bereich der gewerblichen Immobilien?
Jörg Lachmann: Ganz so überhitzt sieht es bei Gewerbeimmobilien noch nicht aus, jedoch ist auch hier ein Preisanstieg zu verzeichnen. Der liegt zum einen natürlich an der derzeit guten Nachfrage und dem geringen Angebot, zum anderen jedoch auch an den gestiegenen Neubaukosten. Hier sind auch die Preise der Handwerker gestiegen, und zusätzlich sind diese an ihren Kapazitätsgrenzen. Der Fertigstellungszeitraum hat sich dadurch erheblich verlängert. Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen Eigennutzer und Investor: Während sich der Eigennutzer eher nach dem Verkehrswert orientiert, bezahlen Investoren auch bei gewerblichen Immobilien schon merklich erhöhte Preise.
Worauf führen Sie den markanten Unterschied zurück?Der Eigennutzer richtet sich in erster Linie nach seiner betriebswirtschaftlichen Berechnung und der Nutzbarkeit der Gewerbeimmobilie, die für ihn im Vordergrund steht. Der Investor ist da eher renditegetrieben. Und da Geld gerade günstig ist, kommen auch kleinere Renditen infrage.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat bereits Alarm geschlagen, dass sich immer mehr Unternehmen melden, deren Ansiedlung oder Expansion durch fehlende Gewerbeflächen gebremst wird. Glauben Sie auch, dass zum Beispiel Firmenerweiterungen oder Neugründungen künftig verstärkt im Ausland stattfinden?Dass die Ansiedlung und Expansion durch fehlende Gewerbeflächen gebremst werden, ist kaum von der Hand zu weisen – und das Problem hat derzeit nicht nur Bremen. Ich glaube jedoch nicht, dass sich dadurch eine Verlagerung ins Ausland abzeichnen wird. Die Gründe sehe ich da eher bei geringeren Löhnen und günstigeren Erstellungskosten. Zahlreiche Firmen können sich aus verschiedensten Gründen auch gar nicht ins Ausland verlagern. Gerade im Bereich Logistik ist es aus meiner Sicht unmöglich, diese komplett aus dem Ausland abzubilden. In Zukunft wird auch die Innenstadtlogistik ein größeres Thema, und das geht logischerweise nur in den Städten.
Was sind aus Ihrer Sicht die Einflussfaktoren, die die Entwicklung am Markt für gewerbliche Immobilien am stärksten bestimmen?Die vier Kernpunkte sind unsere derzeit gute Wirtschaftslage in Deutschland, die nicht schnell genug steigende Ausweisung von Gewerbegrundstücken, der geringe Leitzins und die zu hohen Kaufpreise bei Wohnimmobilien, die vermehrt Investoren in den Gewerbemarkt treiben.
Lohnt es sich für Käufer überhaupt noch, zu investieren?Auf jeden Fall: für den Eigennutzer, weil er immer noch günstiges Geld bekommt und für den Investor, weil die Renditen immer noch attraktiv sind.
Der sogenannte Flächenumsatz auf dem Markt für Logistik- und Industrieflächen (Vermietung und Verkauf) lag in der Region Bremen im ersten Halbjahr 2018 rund 16,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Hat sich der Aufwärtstrend in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt?Das trifft definitiv zu. Wir werten gerade für unseren Marktbericht des letzten Jahres die Daten aus, daher kann ich noch keine Prozentzahl nennen.
Welche Erwartungen haben Sie mittelfristig an den Bremer Markt auf Sicht von fünf bis zehn Jahren?Ich erwarte eine schnellere Ausweisung an Gewerbeflächen – nur leider weiß ich auch, dass ein B-Plan eben nicht übers Wochenende aufgestellt wird. Aber eine bessere Unterstützung der Gewerbetreibenden seitens der Stadt wäre schon wünschenswert. Man darf nicht vergessen, dass die Betriebe die Arbeitsplätze sichern, für Gewerbeeinnahmen und dadurch für Steuern sorgen. Bremen sollte sich nicht immer auf dem Länderfinanzausgleich ausruhen, und wir müssen zwingend mehr auf Zukunftstechnologie setzen und die Entwicklung in Bremen fördern. Wir hängen jetzt schon im internationalen Vergleich hinterher. Das betrifft vor allem unser Schulsystem: Das hat sich in den vergangenen 30 Jahren nicht wirklich weiterentwickelt, die Welt jedoch schon. Damit sollten wir jedoch kein fünf Jahre warten, geschweige denn zehn!
Wie ist Bremen im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten aufgestellt?Was die Gewerbeflächen betrifft, sieht es in den ganzen Metropolen nicht wirklich besser aus – in einigen zwar schon, dafür in anderen jedoch auch schlechter. Hier profitieren kleinere Gemeinden, die anscheinend durch weniger Bürokratie schneller agieren können.
Die Fragen stellte Guido Finke.Jörg Lachmann
ist Immobilienfachwirt
und selbstständiger
Immobilienberater in
Bremen.
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