
Dem hanseatischen Kaufmann wird nachgesagt, dass er einfach macht und tut − bodenständig ohne viel Aufsehen ums Geschäft. Diese Eigenart des hanseatischen Kaufmannstums trifft wohl auch auf das Bremer Familienunternehmen Westhoff zu. So wurde um das 150-jährige Firmenjubiläum im Jahr 2018 in der Öffentlichkeit nicht viel Aufsehen gemacht. Auf der Internetseite wurde darauf hingewiesen und gut. Westhoff hat sich auf Kaffee, Tee und Kakao für Hotels, Gastronomie und Krankenhäuser spezialisiert. Das Unternehmen hat den Stammsitz in der Vahr, in Berlin befindet sich die Rösterei. Dort in der Hauptstadt hat der Betriebsrat Andreas Cleemann mit der Gewerkschaft NGG im Hintergrund nun aktiv die Öffentlichkeit gesucht, weil er sonst nicht weiter weiß. In einem offenen Brief an die Gesellschafter des Unternehmens sorgt er sich um die Arbeitsplätze am Berliner Standort: „Es geht um Menschen, die einen Anspruch darauf haben, zu erfahren, wie die Zukunft aussieht. Wir in Berlin sind im Durchschnitt 57 Jahre alt.“ So manche von ihnen arbeiten bereits seit Jahrzehnten für das Familienunternehmen.
Für Irritationen bei der Belegschaft hat der Weggang des bisherigen Geschäftsführers Werner Schulte gesorgt. Diesen Posten trat er im April 2019 an, um laut Fachmagazin „Lebensmittelpraxis“ in der Sparte Lebensmitteleinzelhandel den „notwendig werdenden strategischen Umbau des Unternehmens und seiner Abnehmerstruktur“ zu forcieren und neue Kunden zu gewinnen. Er suchte laut Cleemann außerdem den Kontakt zu den Beschäftigten. „Der Betriebsrat und Werner Schulte bauten langsam Vertrauen auf, was vor seiner Zeit leider total zerstört wurde. Gemeinsam wurden Strategien besprochen“, schreibt Cleemann im offenen Brief. Schultes Nachfolgerin seit Anfang Februar ist Pauline von Mettenheim, Tochter von Max Ültzen, der seit 1962 unverändert mit die Geschicke des Unternehmens führt. Von Mettenheim sagte dem WESER-KURIER: „Wir befinden uns in einem Nachfolgeprozess. Das ist in einem Familienunternehmen, das es seit über 150 Jahren gibt, ein völlig normaler Prozess.“
Was die Kaffeebranche allgemein umtreibt: Die Schwarz-Gruppe baut in Rheine eine eigene Rösterei, die in gut einem Jahr starten soll. 50.000 Tonnen Filterkaffee und ganze Bohnen sollen hier jährlich für die Eigenmarken der zum Konzern gehörenden Lidl- und Kaufland-Märkte entstehen. Es ist eine Strategie, die Mitbewerber Aldi mit seiner Rösterei in Weyhe seit Jahrzehnten verfolgt. Momentan sind es laut „Lebensmittelzeitung“ Westhoff, Melitta und Minges, die noch den Kaffee für Lidls Eigenmarke „Bellarom“ produzieren. Das Fachmagazin beziffert den jährlichen Umsatz auf 150 Millionen Euro – Umsatz, der bei den momentanen Herstellern wegfallen wird. Für diese Rösterei sucht Lidl außerdem in der Branche die notwendigen Mitarbeiter.
Wenn also ein wichtiger Kunde wegfällt, ist der Westhoff-Betriebsrat in Berlin besorgt. „Die Mitarbeiter müssen sich keine Sorgen machen. Kaffee ist ein tolles Produkt, das immer getrunken wird“, sagt Westhoff-Geschäftsführerin Pauline von Mettenheim. Betriebsrat Cleemann reichen diese Worte nicht. Er hofft mit seinem Brief an die Gesellschafter auf mehr Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten durch die bestehende Geschäftsführung und einen aktiven Dialog mit dem Betriebsrat, wie ihn Schulte angeschoben hat. „Da muss dringend etwas passieren“, sagte er dieser Zeitung über seine Art Hilferuf. Denn viel lieber wäre ihm, ohne viel Aufsehen einfach zu arbeiten − hanseatisch bodenständig.
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Gebt Bescheid wenn ich Reste verputzen darf.