
„Meine Freunde, die Millionäre“, „Das ABC des großen Geldes“, „Das Reich zerfiel, die Reichen blieben“ oder „Krupp – Legenden und Wirklichkeit“ – mit Sachbüchern und Romanen, die sich kritisch mit dem westdeutschen Wirtschaftssystem auseinandersetzten, erreichte Bernt Engelmann seit den 1960er-Jahren ein Millionenpublikum und wurde zum Schrecken vieler Industrieller.
Vor 100 Jahren, am 20. Januar 1921, wurde Bernt Engelmann in Berlin geboren. Als Mitglied einer NS-Widerstandsgruppe hatte er nach seiner Verhaftung die Zeit in den Konzentrationslagern Flossenbürg, Hersbruck und Dachau mit viel Glück überlebt – für ihn ein Antrieb, die Nachkriegskarrieren der meist nazibelasteten Lenker in Wirtschaft, Politik und Justiz genauer unter die Lupe zu nehmen.
In dem Buch von 1973 „Ihr da oben – wir da unten“ teilte er sich die Arbeit mit Günter Wallraff: Engelmann beschreibt, wie Krupp, Henkel, Flick, Horten, Oetker und Gerling über Generationen ihre Machtstellung durch gezielte Einflussnahme ausgebaut haben, Wallraff schildert die aktuellen Arbeitsbedingungen in diesen Großunternehmen. Engelmann betont dabei immer den Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Politik: Welche Parteien bevorzugen die Reichen, damit sich Gesetze nicht gegen die eigenen Interessen richten.
Diesem Zusammenspiel widmete er sich auch schon als Journalist für das Magazin „Der Spiegel“ und den Norddeutschen Rundfunk („Panorama“). Als der Bundestag 1961 das neue Kriegswaffengesetz verabschiedete, geht Engelmann für einen Fernsehbericht in ein Hamburger Waffengeschäft. Der auskunftsfreudige Besitzer schildert ihm, dass sich für ihn wenig verändere – Gewehre und Munition konnten damals weiterhin auch ohne Waffenschein von jedermann ab 18 Jahren ohne Mengenbegrenzung gekauft werden. Engelmann, seriös auftretend im Anzug, fragt freundlich mit ruhiger Stimme und klaren Sätzen, hakt nach, fasst zusammen, bringt auf den Punkt und profitiert von seinen Kenntnissen über den internationalen Waffenhandel.
Für SPD-Mitglied Bernt Engelmann war CSU-Chef Franz Josef Strauß der Musterfall der Verquickung von politischer und wirtschaftlicher Macht, der sich als Verteidigungsminister offen für die Interessen von Rüstungskonzernen eingesetzt hat. Strauß sei zeitweise NS-Führungsoffizier gewesen – mit dieser Behauptung wollte Engelmann den CSU-Vorsitzenden zu einer Klage provozieren, doch Strauß antwortete nur, mit „Ratten und Schmeißfliegen“ führe er keine Prozesse.
Mit „Das neue Schwarzbuch Franz Josef Strauß“ mischt sich Bernt Engelmann in den Bundestagswahlkampf des Jahres 1980 ein, bei dem Strauß als Kanzlerkandidat von CDU/CSU gegen Helmut Schmidt den Kürzeren zieht.
1992 wird bekannt, dass Engelmann für seine Recherchen zur NS-Zeit westdeutscher Eliten auch Material aus der DDR genutzt hat. Ihm wird die Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit vorgeworfen. Engelmann bestätigt, dass er Akten aus der DDR genutzt hat – „Akten, die ich in der Bundesrepublik nicht bekommen hätte“. Er gibt auch zu, dass er dafür mit DDR-Stellen kooperierte, aber verneint eine Tätigkeit für die DDR-Staatssicherheit.
Schon in den 1980er-Jahren war ihm als Bundesvorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) von verschiedenen Autoren eine zu große Nachgiebigkeit gegenüber den DDR-Mächtigen und zu wenig Einsatz für kritische DDR-Autoren vorgeworfen worden. Ende 1983 forderten 50 Schriftsteller, darunter Heinrich Böll, Günter Grass, Sarah Kirsch und Siegfried Lenz seinen Rücktritt als VS-Vorsitzender.
„Der Antifaschist Bernt Engelmann war nicht ausgewogen, er ergriff Partei, und seine Parteilichkeit riß uns mit. Erst später begriffen wir, daß seine Parteilichkeit ihn zunehmend blind machte“, heißt es im Nachruf von VS-Mitglied Johanno Strasser auf den 1994 verstorbenen Engelmann, der mit den Worten endet: „Seine Lebensleistung als Journalist und Schriftsteller aber schmälerte dies nicht.“
Das Urteil des Medienwissenschaftlers Lutz Hachmeister aus heutiger Sicht fällt so aus: „Wenn Publizisten überhaupt etwas bewirken können, dann hat Bernt Engelmann etwas bewirkt.“ So setzte er sich etwa für die soziale Absicherung freier Journalisten und Schriftsteller ein. Mit auf seine Initiative geht die Gründung der Künstlersozialversicherung zurück.
Im Archiv von Düsseldorf, wo Engelmann lange gelebt hat, findet sich in seinem Nachlass eine kleine Anzeige aus dem Kölner Stadtanzeiger von 1953, in dem der Jurastudent sich als „tüchtigen Allroundmann“ so anbietet: „Absolut perfekt englisch und französisch (im Ausland erlernt), schnelle Auffassungsg., allerbeste Umgangsformen und Referenzen, m. kaufmännischer Praxis vertraut u. verantwortungsfreud., Steno, eigene Maschine, Führerschein, sucht zum 1.10. neuen, verbesserten Wirkungskreis.“ Er hat seine Berufung gefunden.
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