
In der Zentrale des Oldenburger Energieversorgers EWE an der Tirpitzstraße weht ab jetzt ein Hauch Frankreich durch die Gänge. Denn an diesem Freitag hat das Unternehmen einen Vertrag mit der französischen Investmentgesellschaft Ardian geschlossen, die ihren Sitz in Paris hat. 26 Prozent der EWE-Anteile werden demnach die Franzosen übernehmen. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Experten mutmaßten im „Handelsblatt“ jedoch, dass die Oldenburger dafür 1,5 Milliarden Euro erhalten werden.
Von der Hunte geht der Blick nun also in Richtung Seine. Dort hat die EWE den strategischen Partner gefunden, für den sie sich Anfang März auf die Suche gemacht hatte. Bei den 26 Prozent handelt es sich um die ehemaligen Anteile des süddeutschen Energiekonzerns EnBW, der sich im Zuge eines Tauschgeschäfts über einen längeren Zeitraum schrittweise davon getrennt hatte.
Und so hieß es schon im März, dass es vor allem Finanzinvestoren seien, die sich für die Anteile interessieren könnten. Dazu zählten der deutsche Versicherer Allianz genauso wie Pensionsfonds aus der ganzen Welt. Denn bei denen sind Aktien von Energieversorgern als defensive Werte innerhalb ihres Portfolios durchaus geschätzt. Ab Juni führte die EWE dann Gespräche mit den verschiedenen Interessenten, woraus sich am Ende Ardian als der für die Oldenburger perfekte Partner herausgestellt hatte.
Mit Ardian hat nun ein Investor das Rennen gemacht, der für seine Kunden weltweit knapp 87 Milliarden Euro in mehr als 150 verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen investiert hat. So manche Firma ist dabei in der New Economy unterwegs. Dafür unterhält Ardian weltweit 15 Büros – eines davon übrigens auch auf der Insel Jersey, die in der Vergangenheit in den Medien vor allem als Steueroase Schlagzeilen gemacht hat.
Ardian hat seinen Ursprung als Private-Equity-Fonds beim französischen Versicherungskonzern Axa und trägt seit 2013 den heutigen Namen. Auch jetzt setzen einige Versicherungen auf Ardian und investieren hier ihr Geld, um den eigenen Kunden beispielsweise den in Lebensversicherungen verbrieften Garantiezins auch in Zukunft garantieren zu können. So haben 90 deutsche Versicherungen und Pensionsfonds bei Ardian zehn Milliarden Euro investiert. Dazu gehört auch das große niedersächsische Versicherungsunternehmen Talanx. Auf der Pressekonferenz am Freitagmittag erwähnten dies die Verantwortlichen und erklärten, dass der Versicherer als Co-Investor diese Partnerschaft begleiten werde.
Geradezu auffällig war es zudem, wie EWE-Vorstandschef Stefan Dohler und Michael Reuther, Direktor des Infrastruktur-Teams bei Ardian, betonten, dass die künftige Partnerschaft langfristig angelegt sei. Dazu sagte Reuther: „Wir handeln in Jahrzehnten und denken in Generationen.“ Diese Ansicht gelte ebenso für Infrastruktur-Projekte, in die Ardian bereits in der Vergangenheit investiert hatte. Gleichzeitig sagte Reuther, dass Ardian zu 55 Prozent den Mitarbeitern gehört – weltweit sind es mehr als 600. Das mache wichtige Entscheidungen einfacher. Reuther verwaltet mit seinem Team insgesamt gut 14,5 Milliarden Euro, die im Bereich Infrastruktur investiert sind.
Dohler selbst erhofft sich von dieser Partnerschaft Impulse für die EWE und will ebenso Impulse ins Portfolio von Adrian geben: „Mit Ardian haben wir künftig einen strategischen Wachstumspartner an unserer Seite, der europaweit über umfangreiche Erfahrungen im Infrastrukturbereich verfügt und ebenso langfristig, umsichtig und nachhaltig agiert, wie wir.“ Dabei war es Dohler wichtig, dass der neue Investor die künftige Strategie von EWE unterstützt und durch die anderen Ardian-Beteiligungen weitere Kooperationen entstehen können. Dies sei ein weiterer Schritt für EWE auf dem Weg zum Komplettanbieter für Energie, Kommunikation, vernetzten Daten und Mobilität.
Der EWE-Vorstandschef ist sich sicher, dass ebenso die anderen Partner von Ardian vom Know-how der Oldenburger profitieren können. EWE versorgt im Nordwesten Deutschlands und in Brandenburg etwa zwei Millionen Kunden mit Strom, Gas und Telekommunikation. 2018 lag der Umsatz bei 5,7 Milliarden Euro.
In Zukunft wird der EWE-Verband also nur noch 74 Prozent der Unternehmensanteile halten. Verbandsgeschäftsführer Heiner Schönecke sagte am Freitag: „Über die im EWE-Verband zusammengeschlossenen Landkreise und kreisfreien Städte bleibt EWE eng mit Ems-Weser-Elbe verbunden. Uns war daher neben anderen Aspekten wichtig, dass der neue Investor die regionale Verankerung und kommunale Prägung des Unternehmens als Stärke versteht.“
Schönecke betonte dabei, die EWE habe stets einen großen Beitrag zur Entwicklung der Region geleistet. Daraus ist abzuleiten, dass in der Region stetig zusätzliche Arbeitsplätze entstanden sind. Die Landräte und Bürgermeister, die im EWE-Aufsichtsrat vertreten sind, werden durch den neuen Partner Zuwachs bekommen. Ardian will hier in Zukunft mit zwei Mitgliedern vertreten sein. All dies geschieht vorbehaltlich der Zustimmung des Bundeskartellamts, die bisher noch aussteht. Bis eine Entscheidung vorliegt, wird es wohl noch einige Monate dauern.
Mit der Vertragsunterzeichnung vom Freitag endet für die EWE ein ereignisreiches Jahr, deren Entscheidungen bedeutende Auswirkungen für die kommenden Jahre haben können. So verkaufte der Energieversorger im Januar sein Türkei-Geschäft mit gut 900 Mitarbeitern an die staatliche Ölgesellschaft der Republik Aserbaidschan Socar. Am Donnerstag genehmigte das Bundeskartellamt unter Auflagen die Zusammenarbeit der EWE und der Deutschen Telekom beim Ausbau des Glasfasernetzes im Nordwesten Deutschlands. Nun kann EWE-Vorstandschef Dohler entspannt mit seinen Vorstandskollegen die Flasche Rotwein trinken, die es als Geschenk von Ardian zur Vertragsunterzeichnung gab – und sie können sich dabei fröhliche Weihnachten wünschen, oder auch dem neuen Partner entsprechend „Joyeux Noël“.
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macht ihn letztlich zum lachenden zweiten.
egal, wie es am ende steht.