
Niels Stolberg soll ins Gefängnis. So hat es am Donnerstag in einer Vorentscheidung das Gericht klar gemacht. Demnach sieht die Kammer den Strafrahmen fürden Bremer Ex-Reeder zwischen drei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren und neun Monaten Haft. Stolbergwerden im Zusammenhang mit seiner ehemaligen Beluga-Reederei Betrug, Untreue und Kreditbetrug vorgeworfen.
Die drei anderen Angeklagten in dem Prozess sollen nach Vorstellung des Gerichts mit unterschiedlich bemessenen Bewährungsstrafen von mindestens acht Monaten bis maximal einem Jahr und zehn Monaten davonkommen. Nur Strafen bis zu zwei Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden.
Die Aussagen des Gerichts sind das Ergebnis einer sogenannten Zwischenberatung, zu der sich die Kammer entschlossen hatte, um das Verfahren zu beschleunigen. Die Richter schlagen eine Verständigung vor, die nur dann wirksam wird und ins spätere Urteil einfließt, wenn alle Prozessparteien einverstanden sind. Sollte es nicht so sein, liefe die Beweisaufnahme weiter.
Es kann nur eingeschränkt verhandelt werden
Der Anwalt von Stolberg kündigte unmittelbar nach Ende der Verhandlung an, sich für seinen Mandanten auf keinen Fall auf eine Gefängnisstrafe einzulassen. Was sich das Gericht als mögliche Strafe vorstelle, sei „vollkommen überzogen“, so der Anwalt wörtlich. In Frage komme allein eine Bewährungsstrafe. „Wenn das nicht erreicht werden kann, ist nicht ausgeschlossen, dass wir in Revision gehen.“
Sollte die Verteidigung den Vorschlag des Gerichts am nächsten Verhandlungstag tatsächlich ablehnen, könnte sich das Verfahren noch viele Monate hinziehen, zumal wegen des Gesundheitszustands des schwer an Krebs erkrankten Stolberg nur eingeschränkt verhandelt werden kann – je Prozesstag maximal eine Stunde, unterbrochen von einer Viertelstunde Pause.
Für Stolbergs Ärzte ist auch das zu viel. Sie hatten ihren Patienten krankgeschrieben – für einen so langen Zeitraum, dass der Prozess geplatzt wäre. Das Verfahren hätte vollkommen neu aufgerollt werden müssen, mit jedem Beweis, jedem Zeugen, jedem Gutachten.
Keine Erläuterungen
Nachdem ein vom Gericht bestellter Amtsarzt zu anderen Schlüssen als Stolbergs Ärzte gekommen war, ging es mit dem Prozess schließlich doch weiter. Das kann sich allerdings abhängig vom Zustand des Hauptangeklagten jederzeit wieder ändern. Bisher sind Stolbergs Anwälte gegen die Entscheidung des Amtsarztes noch nicht vorgegangen.
Die Große Wirtschaftsstrafkammer 2 des Bremer Landgerichts hatte sich am Donnerstag darauf beschränkt, Aussagen zum möglichen Strafmaß für die Angeklagten zu machen. Erläuterungen gab es keine. Das behält sich die Kammer offenbar für die Urteile vor.
Vor der Zwischenberatung hatte es zwei Gespräche des Gerichts mit den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft gegeben, um auszuloten, wie die Beweisaufnahme gestrafft und das Verfahren abgekürzt werden könnte. Der Prozess dauert bereits anderthalb Jahre, am Donnerstag war der 52. Verhandlungstag.
Bewährungsstrafen für andere Angeklagte
Während der Verteidiger von Stolberg eine Verständigung auf Basis des Vorschlags der Kammer kategorisch ausschließt und in Aussicht stellt, wieder massiv in die Beweisaufnahme einzusteigen, unter anderem mit Gutachten, wollte die Staatsanwaltschaft zunächst die Lage prüfen, wie ein Sprecher der Behörde erklärte.
„Wir werden nicht aus der Hüfte schießen und zu dem Vorschlag des Gerichts auch nicht von vornherein Nein sagen, wie es die Verteidigung getan hat.“ Als die Anklage im vergangenen Monat aufgerufen war, sich ihrerseits zum möglichen Strafmaß zu äußern, legte sie sich bei Stolberg auf vier bis fünf Jahre Haft fest.
Die drei anderen Angeklagten sollen Bewährungsstrafen bekommen. Die Ermittlungen gegen Stolberg und drei frühere Manager der Beluga-Reederei begannen im Frühjahr 2011, nachdem der US-amerikanische Finanzinvestor Oaktree Stolberg aus dem Unternehmen geworfen und ihn wegen Betrugs angezeigt hatte.
Darlehen erschlichen
Oaktree war im Jahr 2010 bei Beluga eingestiegen und stellte nach eigenen Angaben nach und nach fest, dass die Reederei zum Beispiel überhaupt nicht über den Auftragsbestand verfügte, der in den Büchern ausgewiesen war. Fast fünf Jahre lang haben Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft die Akten des Unternehmens gewälzt und dabei unter anderem festgestellt, dass Beluga sich mit fingiertem Eigenkapital Darlehen der Banken erschlichen hatte. Die Anklageschrift zu den komplexen Vorwürfen umfasst mehr als 800 Seiten.
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