
Denn in Wirklichkeit ist es der Schornstein eines der neuen Blockheizkraftwerke der Gewoba – mitten im Bremer Stadtteil Oberneuland. Den Klinkern ist nicht anzusehen, dass das Gebäude Ende der 50er Jahre entstand. Die Aufschrift „Waschhaus“ lässt allerdings darauf schließen. Noch stehen hier einige Waschmaschinen, in die Gewoba-Mieter Münzen einwerfen können. „Das ist noch aus alten Zeiten und wird nicht mehr so sehr benutzt“, sagt Stefan Fölsch, Geschäftsführer von Gewoba-Energie. Schließlich hätten die meisten Mieter längst eine eigene Waschmaschine.
Aber für die Geräte ist Fölsch da. Genauer gesagt für ihren Strom. Denn die Gewoba Energie verkauft als Tochter der Wohnungsgesellschaft jetzt auch Strom. Dazu werden die bestehenden Heizkraftwerke zu einem Teil erneuert und um Blockheizkraftwerke ergänzt. Sie produzieren durch Kraft-Wärme-Kopplung Heizwärme und Strom – seit Ende des vergangenen Jahres auch hier in Oberneuland. Sie ist eine von sieben Anlagen, die bereits in Betrieb sind – und versorgt in acht Objekten bis zu 80 Mietparteien. Damit ist die Gewoba auch unter die Energieversorger gegangen; sie produziert Strom, den sie weiterverkauft. „Immer wenn hier für unsere Wohneinheiten Wärme gebraucht wird, wird automatisch Strom produziert“, sagt Geschäftsführer Fölsch.
Das erledigt direkt neben dem Heizkessel ein Aggregat mit einer Leistung von 20 Kilowatt. Ein Brennstoff-Luft-Gemisch erhitzt zum einen das Wasser, das durch die Heizkörper in den Wohnungen strömt. Gleichzeitig treibt es aber auch einen Motor an – und dieser wiederum einen Generator, der Strom produziert.
Ohne Buddeln geht es nicht
Der Raum, in dem das alles steht, ist nicht viel größer als der Heizungskeller eines Mehrfamilienhauses. Der produzierte Strom wird an Gewoba-Kunden vor Ort weitergegeben. Damit das funktioniert, musste auch die Netzstruktur verändert und vor Ort einige Zeit im Erdreich gebuddelt werden. „Wir betreiben dazu auch das Verteilernetz, was vorher Wesernetz organisiert hatte“, sagt Fölsch. Nun gibt es an jedem Blockheizkraftwerk einen Knotenpunkt zwischen dem Gewoba-Netz und dem Wesernetz. Das sei auch notwendig, so Fölsch: „Ohne das andere Netz kommen wir nicht aus.“ Denn wenn keine Wärme produziert wird, entsteht auch kein Strom. In solchen Fällen wird er dann vom Versorger SWB durchgeleitet.
Produziert die Anlage mehr Strom als benötigt wird, speist sie diesen ins Wesernetz ein. „Es gibt andere, die die Anlage dann extra weiterlaufen lassen, um selbst den Strom zu produzieren. Das machen wir aber nicht“, sagt Fölsch. Er sieht einen weiteren Vorteil durch die dezentrale Produktion: „Es gibt keine großen Verteilerverluste, und unsere Kunden können günstigen Strom beziehen.“ Der Kunde sei natürlich nicht verpflichtet, den Gewoba-Strom zu beziehen. Wenn er sich für einen anderen Anbieter entscheide, stelle Gewoba Energie lediglich die Infrastruktur für die letzte Meile bereit.
Bis 2020 will das Unternehmen insgesamt 55 Blockheizkraftwerke betreiben. Laut Fölsch erreichen die Anlagen eine Effektivität von 80 bis 90 Prozent: „Durch die neuen Heizkessel erwarten wir weniger Reparaturen.“ Allerdings bräuchten die Motoren, die den Strom produzieren, mehr Beobachtung. „Das sind Hochleistungsmotoren, die 24 Stunden am Tag ununterbrochen laufen können, wenn es sein muss.“ Diese Beobachtung erfolgt per Datenfernübertragung. Störungen sollen so behoben werden, bevor es kalt wird in den Wohnungen.
Alle Anlagen zusammen sollen einmal Strom für ein Drittel aller Gewoba-Wohnungen produzieren – also 12000 Haushalte. Für die Mieter bedeute der Versorgerwechsel zur neuen Tochter keine Veränderung. Das Unternehmen sei gesetzlich verpflichtet nachzuweisen, dass der Wechsel kostenneutral und nicht zum Nachteil der Mieter ist. Mit dem Umbau sollen die Nebenkosten für die Mieter stabil bleiben. Fölsch ergänzt: „Auch, wenn Energie ökologisch erzeugt wird, darf sie die Mieter unterm Strich nicht mehr kosten als herkömmlich produzierte.“ So werde der Stromtarif der Gewoba immer zwei Cent pro Kilowattstunde unter dem Basistarif des Grundversorgers liegen.
Die Pläne der Gewoba hängen auch mit der Förderung solcher Anlagen durch das sogenannte Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zusammen. Dieses schreibt aktuell vor, dass es acht Cent pro Kilowatt für den Strom gibt, den eine Anlage mit einer Leistung von weniger als 50 Kilowatt ins allgemeine Netz einspeist. Zuletzt wurde das Gesetz vor einem Jahr angepasst, alle zwei Jahre soll es überprüft werden.
„Wenn es 2018 so weiterläuft wie bisher, wäre das in unserem Sinne“, sagt Fölsch. „Allerdings wäre es gut, wenn der Begriff ‚Kundenanlage‘ genauer definiert werden würde. Dadurch wäre es dann auch einfacher, wenn es darum geht, dass Leitungen beispielsweise öffentliche Wege kreuzen müssen.“ Bei Änderungen des Gesetzes steht immer wieder im Raum, dass nur noch Anlagen gefördert werden, die ihren Strom auch ins öffentliche Netz abgeben. Da die Anlagen der Gewoba dies erfüllen, wäre die Förderung auch weiterhin gegeben, sollte es zu dieser Gesetzesänderung kommen.
Sobald eine Anlage erneuert wird, geht sie von der Gewoba über zum Tochterunternehmen Gewoba Energie. In diesem Jahr sollen noch bis zu sechs neue Mini-Kraftwerke installiert werden. Wohnungsgesellschaften aus ganz Deutschland, die eine ähnliche Struktur haben wie die Gewoba, beobachten interessiert, wie der Ausbau hier in Bremen vor sich geht. „Wir tauschen uns rege aus“, sagt Geschäftsführer Stefan Fölsch. Doch ein solcher Ausbau sei nicht nur etwas für Gewoba-Kunden, wie er zum Schluss mit auf den Weg gibt: „Die Anlagen sind zum Teil so klein, dass sie im Keller in jedes Haus passen. Da sollte man für sich privat überlegen, ob das nicht auch eine lohnenswerte Sache sein kann.“
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.