
Die Lokhalle des Instandhaltungswerks der Deutschen Bahn in Sebaldsbrück droht die Schließung. Der Vorsitzende des Betriebsrats, Manuel Freire Stelljes, sagte dem WESER-KURIER, dass davon etwa 120 Arbeitsplätze betroffen sein werden. Auf einer Betriebsrätekonferenz der Fahrzeuginstandhaltung in Berlin am Mittwoch stellte der Konzern seine Strategie vor den Arbeitnehmervertretern vor. In Cottbus soll laut Betriebsrat Freire Stelljes demnach für 20 Millionen Euro ein neues Werk gebaut werden. Die Diesellokomotiven aus Bremen sollen bis Mitte des Jahres 2019 dorthin verlegt werden. Der Aufsichtsrat muss dieser Entscheidung noch zustimmen.
Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn für die Region Nord, bestätigte, dass das Werk in Bremen sich in Zukunft auf die Aufarbeitung von Schienenfahrzeugkomponenten konzentrieren soll. Die bisherigen Leistungen im Fahrzeugsegment soll es bis Mitte 2019 aufgeben. Betriebsbedingte Kündigungen werde es laut Bahn aber nicht geben. „Gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern sollen sozial verträgliche Lösungen erarbeitet werden. Auf Basis geltender Tarifverträge und Regelungen zum konzernweiten Arbeitsmarkt soll den von Leistungsverlagerungen betroffenen Mitarbeitern eine neue berufliche Perspektive ermöglicht werden.“
Der Konzern habe, so Meyer-Lovis, im Rahmen des Programms „Zukunft Bahn“ gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern ein neues Werkekonzept für die Fahrzeuginstandhaltung entwickelt. „Dieses sieht vor, auf die Schließung von Werken zu verzichten und diese fit für die Zukunft zu machen. Dazu wurde ein Zukunftskonzept für mehr Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens entwickelt, das gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern zeitnah umgesetzt werden soll.“
Standort selbst steht nicht infrage
Die Geschäftsführung in Bremen war am Donnerstag nicht für ein Gespräch zu erreichen, wie die Zukunft der Lokhalle aussieht, und ob es womöglich andere Nutzungsmöglichkeiten für die Halle gibt. Der Standort in Sebaldsbrück als solches steht dabei nicht infrage.
Der Betriebsratsvorsitzende Freire Stelljes will zusammen mit der Werksleitung nach Alternativen suchen, um einen Teil der bedrohten Arbeitsplätze zu retten und die Mitarbeiter weiterzubeschäftigen. Er zeigt sich zuversichtlich, dass es Lösungen gibt, aber ist dennoch angesichts der Nachricht betroffen: „Selbst wenn man ahnt, dass das auf einen zukommt – wenn es passiert, ist es ein Schlag in die Magengrube. Aus der begründeten Befürchtung wurde jetzt knallharte Realität. Die Motivation unserer Mitarbeiter wird somit wieder mal sinngemäß mit Füßen getreten.“ Insgesamt arbeiten am Standort in Sebaldsbrück derzeit etwa 400 Mitarbeiter.
Die Mitarbeiter sollen bereits am Mittwoch in einer Mitteilung der Geschäftsführung von der neuen Strategie erfahren haben. Manuel Freire Stelljes informierte die Belegschaft am Donnerstagnachmittag in einer Mitarbeiterversammlung: „Die Kollegen waren geschockt. Die Angst ist groß.“
Schon im vergangenen Jahr war der Standort in Bremen mit vier weiteren Instandsetzungswerken in den Fokus des Konzerns geraten. Insgesamt gehörten zur DB Fahrzeuginstandhaltung zu diesem Zeitpunkt 13 Standorte. Bereits damals fürchteten die Mitarbeiter schon monatelang, dass die Lokhalle des Ausbesserungswerks im Zuge der neuen Strategie geschlossen wird. „Es gibt die Angst, dass wir das zweite Coca Cola werden“, sagte der Betriebsratvorsitzende zu der Prüfung damals.
Die Bahn begründete die geplante Umstrukturierung mit der Auslastung. Das Unternehmen reagiere auf den langfristigen Trend, dass die Nachfrage nach Instandhaltungsleistungen kontinuierlich sinke. Zunehmender Wettbewerb und Überkapazitäten erschwerten das Geschäft. Nahverkehrsverträge seien häufiger an Konkurrenten der DB Regio vergeben worden. Betriebsbedingte Kündigungen schloss der Konzern schon da aus.
Das Bremer Wirtschaftsressort suchte daraufhin das Gespräch mit der Bahn und traf sich mit der Geschäftsführung in Bremen. „Wir finden die Entscheidung nicht nachvollziehbar und erwarten von der Bahn schon genaue Informationen. Wir fordern klare Aussagen und ein Standortsicherungskonzept. Uns ist wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, welche Perspektive sie haben“, sagte Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftssenators Martin Günthner (SPD), angesichts der Entscheidung gegen Bremen. Bisher habe es eine gute Gesprächsebene seines Ressorts mit Betriebsrat und Geschäftsführung gegeben. Cordßen plädierte für einen gemeinsamen Austausch über die Perspektiven des Standorts. Das Wirtschaftsressort setzte sich bereits mit dem Betriebsrat in Verbindung.
Spezialisiert auf Motoreninstandsetzung
In der Lokhalle in Sebaldsbrück arbeitet ein Drittel der Belegschaft. Spezialisiert ist das Werk auf die Motoreninstandsetzung. In der Vergangenheit stand der Standort immer wieder infrage – zuletzt 2010. Damals wurde die Zahl der Beschäftigten von etwa 500 auf 400 reduziert. „Sorgen der Kollegen gibt es bereits seit 16 Jahren. Im Jahr 2000 standen wir schon auf dem Streichzettel“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Freire Stelljes vor einem Jahr.
Marco Lübke, CDU-Stadtbezirksvorsitzender in Hemelingen und Mitglied der Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, stimmt die Botschaft aus Berlin besorgt. „Mir liegt das Werk am Herzen. Es ist eine Institution. Wir haben immer um den Standort gekämpft.“ Jedoch hätten Teile des Werks schon viele Jahre immer wieder zur Disposition gestanden. Lübke ist im Stadtteil aufgewachsen und hat die Diskussion nach eigener Aussage verfolgt. „Jetzt ist die Frage, wie es mit den Beschäftigten weitergeht.“ Außerdem müsse überlegt werden, was mit dem Gelände passiere, wenn die Lokhalle tatsächlich komplett geschlossen wird. „In Hemelingen gibt es sehr viele brachliegende Flächen. Ich habe Angst, dass eine weitere dazukommt. Das ist ein Imageverlust.“ Jetzt müsse schnell eine Lösung her, damit Arbeitnehmer und Bevölkerung wissen, wie es weitergeht.
Am kommenden Dienstag wollen sich Geschäftsführung und Betriebsrat zu Sondierungsgesprächen zusammensetzen. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende der Bahn soll seine Unterstützung angeboten haben. Im Sommer 2014 feierte das Werk noch sein 100-jähriges Bestehen. Viele Mitarbeiter blicken nun erneut in eine ungewisse Zukunft.
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